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Bund Deutscher Kunsterzieher [Hrsg.]
Kunst und Jugend — N.F. 7.1927

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Heft 5 (Mai 1927)
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Schönemann, Michael: Frühlingsfahrt nach Spanien 1926
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https://doi.org/10.11588/diglit.23855#0124

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Frühlingsfahrt nach Spanien 1926

Von M. Schönemann, Franlikurk n. M.

Wor heulzutage eiue Aeiie nuch Spcmien unter-
nimint, joille, menn er die Zeil dazu hat, durch die
Provence fahren, möglichst in Avignon ein paar
Tage raslen, die Cevennen init ihren aus dem Fel-
jen gemachsenen Städtchen, sowie Nünes und vor
aiiein Arles, die Stadt van Goghs, besuchen. Er
hat dann in gemissec Weise ein Borgefühl von spa-
nijcher Landschaft unü spanischer Bauart. Auch die
Fahrt längs der Küste deS tyrrhenischen Meeres
— wo sich herrliche Blicke auf das blaue, südlich
blaue Ateer, bnld von rötlich schimmernden Felien
in Buchlen umarmt, bald in weiler, unermeszlicher
Ferne sich öffnend, bieten — „ist Lohn, der reichlich
lohnel". —

Späk abends erreichken wir Barcelona. Schon
römische Siedelung — eine einzelne hohe Säule auf
der Plnza del Aey gibt, nebst zwei runden Tor-
lürmen in der Aähe, Kunde davon — zeigt Aarce-
lona, aicher in jeiner gotischen Kathedrale mit
prachtuoiiem Kreuzgange und anderen romanijch-go-
lischen Kirchen, mik Palmen bestandenen Kreuz-
gängen, vor allem modernes Gepräge Akodern von
der hohen, schlanlien LolumbuSsäule am Lafen an,
über die mächtig breite Nambla mit ihren duftenden
Blumenständen, den unendlich grojzen freien Plätzen
und den, ohne ihre eigenkliche Funklion gebliebcnen.
gewaltigen Säulen am Aufgange zum Montjuich,
einem iäh zum Akeere abstürzenden Felsen, der neben
einer Festung prachlvolle blükenreiche Anlagcn be-
sitzt., Hier bemerken wir auch in dec Nähe d!e
Areiia, üas echteste Spanien! Än der anderen Seite
des Montjuich verraten mächkige Hafenanlagen mit
ihrem Getriebe den Pulsschlag der reichen Han-
üelsstadt, die sich um ihre Anlagen am Meers, das
sie an der einen Seike umgibt, wie ein Kranz von
Aergen an de» anderen, nicht zu kllmmern scheint,
so vecwahrlost ist der Stcand. Nur in etwas wei-
terer Umgebung ziehen sich prachlvolle gärtnerische
Anlagen auf der ehemaligen Zitadelle hin. Bvn
hier aus kann man dnnn unter den Palmen des
Pnseo de Colon wieder nn die Columbussäule und
znr Nambla gelangen.

Auf elnem Tagesausfluge erreicht man heute
beguem den M o n t s e r r a t, von dessen mehr-
tägiger Vesteigung uns W. von Humboldt in einem
Briefe an Goethe erzählt. Ani vollendelsten' zeigt
er seine burgähnliche Gestalt von MoniSlrol aus,
wo wir die Eisenbahn von Barcelona aus verlalsen,
um uns von der Zahnradbahn durch das reichan-
gebauke, fruchtbare Tal des Llobregat ans Kloster
bringen zu lassen. 2n der Klosterkirche oben findet
man die schwarze Holz-Madonna, vor der einst
Ignaz von Loyola für immer sein Schwert nieder-
legte. Drautzen nber blühen Leberblümchen, Buchs-
bnum und weitze Erika, und ein feiner Dunst lätzk
leiüer nur die nächste Umgebung — man soli bis
nn die Pyrenäen und daS Meer sehen können —
hervoctreken.

Ein guter Schnellzug fühct uns am nächslen Tage
über NeuS, Zaragozn nach Madrid. Schon diese
Fnhrk enthüllt iminec wieder neue Munder spani-
jcher Lnndschafk. Zunächst geht es hark am Meere

entlang, dessen Wogen man rauschen hört, dann
wechseln reichbebaute, grüne Strecken, vom Ebro
und Zalon durchströmt, mit völlig unsruchtbarem,
steinigem Voden, der nur hle und da einlge Gin-
sterstauden hervorbringt. Formvollendete Städtebil-
der, wie aus üem Felsen gehauen, mlt maurljchem
Alcazar, mächtigen Kathedralen, Minarets wie Si-
guänza am Henares steigen auf, dann wieder Höh-
ienwohnungen in rokbrauner Felslandschaft. Abends
ist man in Madrid.

Eine Welkstadt wie viele. Mit kolossalem Auto-
verkehr, Ilnlergrundbahn, Wolkenkratzern und Ber-
kehrspolizei und üabei doch sln spanischer Unter-
lon. Nicht ganz so international wie Barcelona,
mit dem es sonst die ungebeure Baukätigkeit, das
Niederreitzen alter Stadtteile und Errichten neuer,
gemein hat. Fremde erregen hier, besonders bei
den Maiikillenträgeriniien, mehr Aussehen. Ieüen-
falls drehen sich letztere lachend und kichernd nach
ihnen um, wie grotze Kinder. Bon dem Hauptver-
kehrspunkte Madrids, der Puerta del Pol, nach
Westen gelangk man an die aus dem siebzehnten
Jahrhundert stammende, Arkaden umgebende Plaza
mayor mit schöner, kühner Neiterstatue Philipvs lll.
Trambahnen führen von hier hinaus nach der
prachtvollen Äokoko-Toledoörücke, die mit ihren
schön geschwungenen steinernen Bogen das kleine
Flützchen Akanzanares überwölbt. Bon hier aus
kann man auch den gewaltigen Palastbau sehen, der
auf der Höhe über dem Manzanares steht, üie einst
der maurische Alcazar krönte. Dem Plaza orienke
ist die andere Seite des Palastes zugekehrt. Wieder
ein Äeikerstandbild. Dieies Mal Philipp IV. auf
dem reich mit gärtnerischen Anlagen gejchmückken
Platze. Oestlich der Puerta del sol führen breite,
moderne Stratzen durch Anlagen zum Prado, dem
cötzten Schatze Madrids. Neben dem Louvre wohl
ie schönste europüische Gemäldesammlung, bietet
sie in ihren Sälen die nur einreihig gehängten Mei-
sterwerke deutscher, niederländischer, italienilcher
und spanischer Schulen. Nirgends wie hier lernt
man Belasquez und Goyn kennen und neben der
leuchtenden Farbenglut Tizians und Tintorektos tre-
ken wir wie fasziniert in den Grecosaal. Aebec-
wälkigendeä strömt aus diesen Werken, die geschaf-
fen werden mutzten, während man das nicht von
allen Vildern der Hofmaler Spaniens behaupken
kann. Welcher feierliche Ernst, welche Glaubens-
inbrunst in diesen überlchlanken Gestalken Grecos!
Sie wecken die Sehnsucht, !hn auch !n Toledo ken-
nen zu lernen. Doch zunächst nördlich von Ma-
drid nach Segovia, das man in 3—4 Siunden
Fahrt erreicht. Ein gewalkiger römischer Aquädukt
spannt seine Granitbogen llber den unteren Teil
der Skadt, während oben fast Kirche an Kirche inr
Reichtum romanischen und gokischen Stiles prangt.
Ein wundervoll schlanker Älcazor aus maurischer
Zeit beherrschk weikhin die Stadt, wekteifernd mit
der ebensalis hoch gelegenen Kathedrale. Rings
um die Stadk herum, durch schmale Täler getrennt,
wieder Kirchen, Klöster, zu denen malerisch gewun-
dene Pfade sühren. Wie viele Kunstschätze, be-
sonders Plaskiken, stecken noch dort! 2n eineinhalb
 
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