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Bund Deutscher Kunsterzieher [Hrsg.]
Kunst und Jugend — N.F. 7.1927

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Heft 12 (Dezember 1927)
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Kolb, Gustav: Zur Werkbudsiedelung und -ausstellung: ''Die Wohnung'' Stuttgart
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https://doi.org/10.11588/diglit.23855#0309

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270 ^

ihre Werke für einen vorbesiimmien Plah fiir natur-
gegebene Bedingungen entsianden. Veim Bauen
scheint mir doppelt nokwendig die Berbindung mit
der äusieren Aatur, wie mik der inneren der Be-
mohner zu wahren.

Kennen die Menschen, die hier ivohnen sollen,
nuch das Geslihl der Wohnlichlieit, des Zu-Hause-
Seins, auch in sich selber? Die belrännte, salte Ge-
inüklichlieit schnlten ivir aus. Die Wurzel unseres
inneren Mensche» greift aber doch ein in das, was
aus dem Heim lroinmt, in die Heimat. Darin liegt
ekwns von Auhe, von Skille, von Neifen-liönnen. 2st
dieses Gefühl nicht derillrgrund üer Menschlichlreit
und der Seele eines Meisters vom Nciumburger
Dom, eines Nembrandt, eines Millet, einer Paula
Moderlohn, eines Goethe, Goktfried Keller, Naabe,
Kolbenheyer, Mörilre? — „Du meiner tiefsten Kräfke
stiller Herd."

Eine neue Zeit ist cingebrochen. Die Zeit der
Iteberwlndung des NciumeS und der Zeit; die Zeit
des interncitionalen Menschen, des Weltbürgerkums.
Nnch dem Borspiel des Weltlrriegs glaubt man, im
Gleichmachen, Gleichsein beruhe das gegenseitige
Derstehen. Was anderes bedeutet unsere Sports-,
Kino-, Nadio-, Vubiliopf- und siazzlrulkur? sist die-
les rasende Fortschreiten nicht ein Verlieren, Ab-
jchleifen des Charakters des Einzelnen, einer Skadt,
eineS Dollres? Kann man den neuen Stil einfcich
machen, alle Blndungen mit einer langen Dergangen-
heit einfach brechen? Gerade das Mohnen ist doch
durch öie persönlichsten Bedürfnisse, durch DollrS-
sianim, Klima, Bodenbes6)affenheik und Gelände
sedes Mal wieder neu und anders bedingk. Und ist
dieser Neichkum an Möglichlreiken niü)t gerade ein
Glück, durch das die Menschen, auch über den blo-
sien Zweck hlnaus, einen Ausdrucli ftir ihr sinneres
gefunden und geformt haben?

bst das Haus nur eine technische Angelegenheit?
Wozu dann Bau lrunst? Die Technilr hat ihr Ge-
seh, ihren Sinn. sist der Sinn der Kunsk dieses tech-
nische Geseh? Wenn aber, wie verteidigk wird, es
„eine Derkeniiung der Grundziele des Äerkbundes
isi, zwischen Kuiisk und Technik zu scheiden." oder
„der technische Mensch eine tiefe Abneigung gegen
alles Naturhafte" hat, so musz dies wohl zum „neuen
Stil" gehören! Eben die lrlare Trennung von Tech-
nilr und Kunst, die Derschiedenheit ihrer Gssehe, ihre
Spannung erzeugk Leben, Bewegung, Skil. Dle Kunst
soll doch gerade die „Gegenmacht sein gegen Lie
Tendenzen der Mechanisierung und Typisierung".
Der wahre technische Mensch, der Erfinder, wird
mit dem offenen Sinn des Künsilers die Nakur, ihre
Ordnungen und Gesehe belauschen und von ihr
lernen.

Der Mensch wird durch seine Amgebung beein-
fluht, mikgeformt. Allzubewuhtes, Aeberkechnisiertes
ist gefährlich! Mie viel mehr gilk das für Kinder,
die nur von ihrer Anschauung der Dinge leben?

Eine weitere, entscheidende Frage ist sodann: 3n
wie vielen Wohnungen kann eine Familie mit zwei
oder mehr Kindern unterkommen? Das freundliche
Haus Oud, so kunstvoll eingeteilt, reicht nur für kleine
und kleinske Derhältnisse. Das grohe Mietshcrus
Nohe besihk 24 Mohnungen. Davon zwei mit drei
Schlafkojen, sechs mit 2 Schlafzimmern, alle llbrigen
mit einem Schlafzimmer. Aehnlich ist es im Behrens-
bau. Die Naumverhältnisse der Einzelhäuser wur-
den oben schon erwähnt (s. Grundrisse). hst man sich
klar, dah man mit solcher Praktik am sichersten den
„Untergang des Abendlandes" besördert?

Mir winen, dah die Wohnungsnot allgemein ist,
dah ihre oisherige Form vielfach ungenllgend, un-
klar, öfter schlechk isk. Doch glauben wir nicht, dah
ihre Lösung in einer internationalen Typisierung
liegt, daß sachliche Form auf üem Blohlegen des
Technischen beruht.

Die verschiedensarbig gesirichenen Mände, die
schwarzen Decken, die Beleuchtungsapparate, die
eisernen oder betonierken Möbel, die Treppen usf.
. . . achken wir nichk für „Dummheiten, die dazu
da sind, dah sie gemacht werden", sondern fllr den
Ausöruck einer krankhaften Phantasie von „Sach-
lichkeit", eines überbewuhten, ungläubigen Geistes,
des Geistes, der nichts kennt, als das Dasein mit
Nohrleikungen, Drähken, Wellen, Klubsesseln zu „be-
reichern", d. h. bequemlich, hygienisch und amüsant
zu machen. Wir sollten aber spüren, dah wir krotz
aller Technik ein Slück Leben bleiben, vom Leben,
das in den Tieren und Pflcinzen lebt, ein Teil vom
Geschehen und Fluh im Weltenraum, dah wir unser
Vestes drangeben, wenn wir unsere innere Natur ver-
krampfen, uns durch Wissenschast und Technik, Toü
und Maschine der Erde enkfremden!

Diesen Dersuch üer „neuen Wohnung", der sich
so bescheiden „Mustersiedelung", schon den „Sieg des
neuen Bauskils" nennk, ablehnen, heihk nichk, man-
ches Guke öaran nichk sehen wolien, sondern selnen
seelenlosen; rationalistischen, überkechnisierten Geist
hassen. Die Dauerbarkeik und Wirtschaftlichkeit sei-
ner Bauken wäre erst noch zu beweisen. Äir aber
glauben an die Stillen, Dornehmen, die, auch Kln-
der unserer Zeik, mlt dem Besten, was unsers Ahnen

„Eine Blume, die sich aufkut, macht keinen Lärm
. . . auf leisen Sohlen wandeln wahre Schönheit,
wahres Glück und echkes Heldentum." (Aaab e.)

Äolfgang Zeller.

Zu unseren Wbildungen

(Beilage und Texkblld Seite 271.)

Mein alker Freund llullus Lauer, Zeichen- prehk. Dazu bot sich mir eine günstige Gelegenheit

'lehrer an der Oberrealschule-in. Aad e n im ba- bei unserer Zusammenkunfk in Karlsruhe anlählich

dlschen Schwarzwald gehört zu den Sklilen im Lande. der letzlen Tagung des NeichSverbnndes. Diesem

Er drängt sich nlcht vor. DeShalb bekommt man Uinskande ist es zuzuschreiben, dah wir heute einige

von seiner legensreichen Lehrlätigkeit — er ist Proben aus seinem Äerkunlerricht zeigen können.

einer unserer tüchkigsten Amksgenossen — auch nur L. pflegt mit grohem Erfolg üie Keramik. Die

dann ekwas zu sehen, wenn man es aus ihm heraus- auf unserer Beilage abgebildeken Schülerarbelien
 
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