Die Volkskunst ist iu weitem Matze zeitlos
örllich uugebuudeu, uud es ist schmer, die Volkskunst
eiues größeren Landes auf eine nur ihm eigene For-
mel zu bringen. Zur Unmöglichkeit aber wird die-
ses Unterfangen bei einem Lande wie Baden, das
bei ieinem geringen Alter als Skaats- und Kulkur-
gebilde noch nicht vermochte, die auseinanderstre-
bende landschaftllche und volkliche Melheik seines
Gefiiges zu einem einheiklichen Kulturuntergrunde
zusammenzuschweijzen. Aber auch der heutige
Skand der Forschung, die noch kaum über Tastver-
suche von gröszker Lückenhafkigkeik hinausgekommen
ist, ermöglicht es nichk, Abgrenzungen gegenüber der
Volkskunst benachbarker Länder zu zieyen.
Das heutige Gesamtbild der Volkskunst in Baden
ist kein einheitliches mehr. Wie immer der Ge-
birgsbewohner in seiner Abgeschlossenheit der Bolks-
kunsk kreuer bleibt als der Mann deä flachen Lan-
des, der rascher von der alken Kulkur sich abwen-
dek, so haben wir auch in Schwarzwald und Oden-
wald die beiden Landskriche vor uns, in denen bis
in die jllngste Zeit hinein reges volkskünstlerisches
Schaffen sicy zeigt. Wohl sind auch dns Rheinland,
die Seegegend, der Kraichgau und der Taubergrunö
nicht arm an Werken des Bolkes. 2n diesen aber
ist die Volkskunst seit langem einem Kunskwollen ge-
wichen, das von den Zeitstilen der hohen Kunst ve-
elnflutzt lst. Der Schwarzwälder wlederum schuf
lelchtec und reicher als der Odenwälder. Lehkerem
mangelte der beschwingke Sinn und viel von jener
kechnischen Ferkigkeik, die dem Schwarzwälder
eigen isk.
Um die ureigenste Ark der Bolkskunst eines Skam-
mes, eineS Landstriches einwandfrei ergründen zu
können, wird man sich auf die Aeuszerungen der
Volkskunst beschränken mllssen, die unberllhrt von
Len Zelkstilen geblieben sind. Nur sie gewähren lehke
Aufschlüsse über die in den Tiefen der Seele eines
Volkes ruhenden Kräfle und Erlebensmöglichkelken.
Mohl wlrd nuch das aus den Zeliskilen. herüberge-
nommene Gut den Gesehen volkskllnstlerlschen
Schaffenä unlerworfen, aber ein fremder Geist
von zeitlicher Vedlngthelt lebk oft ln den Merken
dleser Ark und beeinträchkigt das Vild. Die vor-
llegende Arbeik soll slch darum auf dle primitiven
Aeuherungen — das Wort „primikiv" schlieszk hier
keine Merkung in sichl — der Volkskunsk in Vaden
beschränken.
Den sichtbarsten Aüsdrüär findet das Kunstschaf-
fen eineS VolkeS In sein?n Bauwerken. Vor allem
im Zausbau, der in seiner Grundform wohl stark
beelnfluszk von äuszeren Vorbedingungen, doch die
Menschen darinnen In ihrem ganzen Sein deuklich
spiegelk. 3n keinem deutschen Lande drängt sich
aus so engem Naume wie in Baden elne so grohe
Fülle der Lrscheinungsformen des Zausbaues. Da-
dei hat nur der Schwarzwald einen ihm allein gehöri-
gen Typus des Äauernhauses hervorzubringen ver-
mocht, alle übrigen Hausformen des Badnerlandes
haben Derbreltungsgebleke, dle weik über die Lan-
desgrenzen hinausreichen. 2n drei grohe Gruppen
läht sich der Formenreichkum eintellen: den Einbau,
den gestelzten Einbau und die sog. fränkische Zof-
anlage. Das Haus des Schwarzwaldes und des
Odenwaldes lst der Einbau, der alle Wohn- und
Wirkschafksräume unter elnem einzigen Dache ver-
einigt. Grundverschieden in seinem Aufbau aber hat
sich in beiden Landschafken dieses Einheitshaus ent-
wickelk. Während das Schwarzwaldhaus von unten
nach oben Skall, Wohnraum und Scheuer aufeinan-
der türmt, lagern im Odenwaldhaus diese drei Bau-
keile zu ebener Erde nebeneinander. Truhig steht
das Schwarzwaldhaus an der Berglehne, es kehrt
die Giebelfeike dem Tale zu. Wuchtig und jchwer
ruht das sreile Dach aus Skroh oder Schindeln über
dem Hause. Es ist vorn und hinken gewalmt. An
der hinkeren Giebelseite führt von der Heubühne
unter dem Dache nach der Berglehne zu eine
Arücke, über die die Fuhrwerke in das Dachgeschoh
fahren können. Auch dem Einbau des Odenwaldes
ist das gewaltige Strohdach eigen. Hler aber ist
es ein einfaches Salkeldach, das bis auf Mannes-
höhe herabspringt. Wie unker dichken Augenbrauen
schauen die niederen Fenster hervor. Bei beiden
Gebirgshäusern erhöhk die ausschlisjzliche Verwen-
dung von heimischen Bauskoffen den Inneren Zu-
sammenhang mit der Landschafk, und haben Skurm
und Sonne und der rauhe Winker ihr Merk getan,
dann stimmen die Häuser mik dem silbernen Grau
der verwikterken Schindeln und dem Braun und
Grün der Skrohdächer zur umgebenden Natur wie
ein Teil von Ihr selbst.
Meiker verbreiket und besonders im Unterlande
häufig ist die zweike Form des Einbaues, dis ge-
skelzke. Wiederum vereinigt ein Dach alle Vaukeile
unter sich. Der Stall aber findet seinen Plah un-
ker den Wohnräumen, während Scheuer und Streu-
schuppen neben ihnen unkergebracht sind. Eine hohe
Skeinkreppe vor dem Hause führk von dem Wohn-
geschojz herab zum Skall.
2n zahlreichen Abwandlungen endlich trikt zu die-
sen beiden Hausformen die fog. fränkische Hofan-
lage, bei der Wohnhaus und Wirkschastsgebäude
getrennk um einen Hof erskellt sind. Von Mikkel-
baden bis zum Neckarkal isk diese Hofanlage meist
unregelmähig und bleibt Haufenhof. Erst nach dem
Taubergrunde zu strafft sie sich zur strengen An-
ordnuna aller Gebäude um einen viereckigen Zof,
der nach der Dorfgasse zu durch ein Tor abgeschlos-
len wird. Das Äohnhaus ist zweistöcklg, das Stroh-
dach längst verschwunden. Wo der Weinbau Haupt-
wlrkschaftszweig ift, krltt dle Scheuer in ihren Aus-
mahen stark zurück, das grohe rundbogige Kellertor
verrät umfangreiche Kellerräume.
llmmer ist dle Geskalkung des Hauses von der
Wirklchafksweise der Gegend abhängig. Starke
Viehhaltung begründek das Einheitshaus, der Ge-
kreidebau erfordert groke Scheuern und verlangk
die Hofanlage, der Wohlhabenheit bringende Wein-
bau, das Handwerk und der Hanüel orängen hin
Volkskunst in Baden
Von M az Walte r, Fürstl. Lein. Renkamtmann, Amorbach
(Siehe dazu nebenstehende (Abbildnngen)
Und
örllich uugebuudeu, uud es ist schmer, die Volkskunst
eiues größeren Landes auf eine nur ihm eigene For-
mel zu bringen. Zur Unmöglichkeit aber wird die-
ses Unterfangen bei einem Lande wie Baden, das
bei ieinem geringen Alter als Skaats- und Kulkur-
gebilde noch nicht vermochte, die auseinanderstre-
bende landschaftllche und volkliche Melheik seines
Gefiiges zu einem einheiklichen Kulturuntergrunde
zusammenzuschweijzen. Aber auch der heutige
Skand der Forschung, die noch kaum über Tastver-
suche von gröszker Lückenhafkigkeik hinausgekommen
ist, ermöglicht es nichk, Abgrenzungen gegenüber der
Volkskunst benachbarker Länder zu zieyen.
Das heutige Gesamtbild der Volkskunst in Baden
ist kein einheitliches mehr. Wie immer der Ge-
birgsbewohner in seiner Abgeschlossenheit der Bolks-
kunsk kreuer bleibt als der Mann deä flachen Lan-
des, der rascher von der alken Kulkur sich abwen-
dek, so haben wir auch in Schwarzwald und Oden-
wald die beiden Landskriche vor uns, in denen bis
in die jllngste Zeit hinein reges volkskünstlerisches
Schaffen sicy zeigt. Wohl sind auch dns Rheinland,
die Seegegend, der Kraichgau und der Taubergrunö
nicht arm an Werken des Bolkes. 2n diesen aber
ist die Volkskunst seit langem einem Kunskwollen ge-
wichen, das von den Zeitstilen der hohen Kunst ve-
elnflutzt lst. Der Schwarzwälder wlederum schuf
lelchtec und reicher als der Odenwälder. Lehkerem
mangelte der beschwingke Sinn und viel von jener
kechnischen Ferkigkeik, die dem Schwarzwälder
eigen isk.
Um die ureigenste Ark der Bolkskunst eines Skam-
mes, eineS Landstriches einwandfrei ergründen zu
können, wird man sich auf die Aeuszerungen der
Volkskunst beschränken mllssen, die unberllhrt von
Len Zelkstilen geblieben sind. Nur sie gewähren lehke
Aufschlüsse über die in den Tiefen der Seele eines
Volkes ruhenden Kräfle und Erlebensmöglichkelken.
Mohl wlrd nuch das aus den Zeliskilen. herüberge-
nommene Gut den Gesehen volkskllnstlerlschen
Schaffenä unlerworfen, aber ein fremder Geist
von zeitlicher Vedlngthelt lebk oft ln den Merken
dleser Ark und beeinträchkigt das Vild. Die vor-
llegende Arbeik soll slch darum auf dle primitiven
Aeuherungen — das Wort „primikiv" schlieszk hier
keine Merkung in sichl — der Volkskunsk in Vaden
beschränken.
Den sichtbarsten Aüsdrüär findet das Kunstschaf-
fen eineS VolkeS In sein?n Bauwerken. Vor allem
im Zausbau, der in seiner Grundform wohl stark
beelnfluszk von äuszeren Vorbedingungen, doch die
Menschen darinnen In ihrem ganzen Sein deuklich
spiegelk. 3n keinem deutschen Lande drängt sich
aus so engem Naume wie in Baden elne so grohe
Fülle der Lrscheinungsformen des Zausbaues. Da-
dei hat nur der Schwarzwald einen ihm allein gehöri-
gen Typus des Äauernhauses hervorzubringen ver-
mocht, alle übrigen Hausformen des Badnerlandes
haben Derbreltungsgebleke, dle weik über die Lan-
desgrenzen hinausreichen. 2n drei grohe Gruppen
läht sich der Formenreichkum eintellen: den Einbau,
den gestelzten Einbau und die sog. fränkische Zof-
anlage. Das Haus des Schwarzwaldes und des
Odenwaldes lst der Einbau, der alle Wohn- und
Wirkschafksräume unter elnem einzigen Dache ver-
einigt. Grundverschieden in seinem Aufbau aber hat
sich in beiden Landschafken dieses Einheitshaus ent-
wickelk. Während das Schwarzwaldhaus von unten
nach oben Skall, Wohnraum und Scheuer aufeinan-
der türmt, lagern im Odenwaldhaus diese drei Bau-
keile zu ebener Erde nebeneinander. Truhig steht
das Schwarzwaldhaus an der Berglehne, es kehrt
die Giebelfeike dem Tale zu. Wuchtig und jchwer
ruht das sreile Dach aus Skroh oder Schindeln über
dem Hause. Es ist vorn und hinken gewalmt. An
der hinkeren Giebelseite führt von der Heubühne
unter dem Dache nach der Berglehne zu eine
Arücke, über die die Fuhrwerke in das Dachgeschoh
fahren können. Auch dem Einbau des Odenwaldes
ist das gewaltige Strohdach eigen. Hler aber ist
es ein einfaches Salkeldach, das bis auf Mannes-
höhe herabspringt. Wie unker dichken Augenbrauen
schauen die niederen Fenster hervor. Bei beiden
Gebirgshäusern erhöhk die ausschlisjzliche Verwen-
dung von heimischen Bauskoffen den Inneren Zu-
sammenhang mit der Landschafk, und haben Skurm
und Sonne und der rauhe Winker ihr Merk getan,
dann stimmen die Häuser mik dem silbernen Grau
der verwikterken Schindeln und dem Braun und
Grün der Skrohdächer zur umgebenden Natur wie
ein Teil von Ihr selbst.
Meiker verbreiket und besonders im Unterlande
häufig ist die zweike Form des Einbaues, dis ge-
skelzke. Wiederum vereinigt ein Dach alle Vaukeile
unter sich. Der Stall aber findet seinen Plah un-
ker den Wohnräumen, während Scheuer und Streu-
schuppen neben ihnen unkergebracht sind. Eine hohe
Skeinkreppe vor dem Hause führk von dem Wohn-
geschojz herab zum Skall.
2n zahlreichen Abwandlungen endlich trikt zu die-
sen beiden Hausformen die fog. fränkische Hofan-
lage, bei der Wohnhaus und Wirkschastsgebäude
getrennk um einen Hof erskellt sind. Von Mikkel-
baden bis zum Neckarkal isk diese Hofanlage meist
unregelmähig und bleibt Haufenhof. Erst nach dem
Taubergrunde zu strafft sie sich zur strengen An-
ordnuna aller Gebäude um einen viereckigen Zof,
der nach der Dorfgasse zu durch ein Tor abgeschlos-
len wird. Das Äohnhaus ist zweistöcklg, das Stroh-
dach längst verschwunden. Wo der Weinbau Haupt-
wlrkschaftszweig ift, krltt dle Scheuer in ihren Aus-
mahen stark zurück, das grohe rundbogige Kellertor
verrät umfangreiche Kellerräume.
llmmer ist dle Geskalkung des Hauses von der
Wirklchafksweise der Gegend abhängig. Starke
Viehhaltung begründek das Einheitshaus, der Ge-
kreidebau erfordert groke Scheuern und verlangk
die Hofanlage, der Wohlhabenheit bringende Wein-
bau, das Handwerk und der Hanüel orängen hin
Volkskunst in Baden
Von M az Walte r, Fürstl. Lein. Renkamtmann, Amorbach
(Siehe dazu nebenstehende (Abbildnngen)
Und