Overview
Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Bund Deutscher Kunsterzieher [Hrsg.]
Kunst und Jugend — N.F. 7.1927

DOI Heft:
Heft 6 (Juni 1927)
DOI Artikel:
Würtenberger, Ernst: Die Photographie als Zeichenvorlage
DOI Artikel:
Bender, E.: Die Entwicklung des Zeichenunterrichts in Baden
DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.23855#0163

DWork-Logo
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
PlOt^.-

I»u dem zu zeichnenüen Moiiv verändern, sich INV-
difizieren und üem betreffenden Moliv sich anpassen
inllsseii. Dem einen Motiv wird man am betten
iinear, dem anderen dagegen mit malerischen Ton-
iverlen beikommen. Der geschulke und begabte
Künstler wird leiäzk, fast selbstverständlich Lie pas-
sende Methode der Darstellung wählen, während es
dem Dilektanten vorbehalken ist, die Mekhvden durch-
einander zu werten und sie falsch anzuwenden. Der
Oehrer des graphlschen Äusdrucks, sofern er von der
Lrkenntnis,durchdrungen Ist, dah jedes Motiv sein
Darstellungsgeseh in sich trägt, wird hier den Schü-
ler fest in die Zucht nehmen und er wird es als
seine vornehmske und erste Aufgabe betrachten, den
Schülec auf -ie verschiedenen Methoden hinzuwei-
sen und wie man mit diesen am Lesten den Dingen
auf den Leib rückt.

Noch schärfer als in der Zeichnung prägt sich die
Wahl der Darskellungsform in der Holzschnikkgraphik
aus. Hier sind die Mittel knapper, beschränkker
als in der Zelchnung und so wird demgemäh die
Forderung einer dem darzustellenden Motiv ent-
sprechenden Darstellungsform noch zwingender. Da
als Skilform im Zolzschnitt nur ekwa drei Arken in
Betracht kommen, so mutz man sich fllr eine dieser
Arten enkscheiden, wenn man eine Photographie in
Holzschnitt umsehen will. Diese drei Arten seien
hier kurz genannt: Der lineare Holzschnitt,
der aus Konkur, Schraffur- und Strukturlinien be-
steht, die dekorakive S ch w a r z p l a t k e, die
Schwarzweiszelemente in dekorakiver Fläche anord-
net und zulehk die Beleuchtungsschwarz-
platte, dle nur eln paar Formen (weih) aus dem
Dunkel sschwarz) heraus aufkauchen lähk, lndem noch
dle Ilebergänge von hell zu dunkel durch wenige
Schrafsuren bereicherk find. ^

Es isk nun die Äufgabe des LehrerS aus den illu-
strierken Zeitschriften möglichst solche Motive aus-
zuwählen, dle sich ausdrückliä) und unzweideutig
für eine dieser Stilformen eignen. Er muß aller-
dings dabei ganze Skvsze von Makerial durchackern,
bis er solche ganz ausgesprochene Moklve findet. llst
rin solches gefunden, so gewährt es einen besonderen
Neiz, das bekreffende Mokiv so zu fassen, datz seine

Formelemente sichtbar gemacht werden; man wird
hiebei zuerst den Ausschnitt aus der Naturaufnahme
beftimmen, üie Bildelemente verstärken und heraus-
arbeiten müssen. Oft wird man etne Figur, einen
Gegenstand herauswerfen, dort etwas andereS hin-
zufügen müssen. Hier setzt also die künstlerifche Ge-
staltung in vollem Matze ein. Und da eS sich in der
Hauptsache um tzllustcation handelt, so wird das eine
Motiv vielleicht ein Kopfstück, das andere ein
Schlutzstück abgeben, üas dcilte vielleicht zu einem
Bollbild sich gestalken lassen: unö ferner sollte im-
mer darauf Bedacht. genommen werden, datz das
Ganze als abgerundete, ln sich vollendete Bilddar-
stellung stch präsentierk. Manche dieser Motivr
werden fich auch als Linzelblätter gestalten lassen.
besonders solche, die durch die Schwarzweitz-Anord-
nung eine stark dekorative oder eine kräftige pla-
stische Wirkung zeigen, so üatz sie an der Wand gute
Fernwirkung besitzen. Diese Äufgaben werden da-
durch noch befonders lnteressant, wenn man im
Skoffgebiet und in der Form verwandte Motive
cvklisch verwendet: z. B. linear gestaltete Ansichten
von Städte-Acchitekturen, Plätze, Stratzen, Häuser-
winkel, Gärten usw. oder sportliche Darstellungen,
ebenfalls in linearer Gestaltung: auch Ansichten von
fremden Ländern, Stepven, Wllsten, Eisberge, lln-
seln, deren Bewohner, Liere, Pflanzen, Büumr usw.
Des Weiteren, vielleicht als Beleuchkungsschwarz-
plakte, Bildnisse in Halbfigur, oder nur Köpfe von
Dichtern, Staaksmännern usw. Gewisse Darstellun-
gen können auch mik ornamentaler Amrahmung und
Schrlft geskaltet werden, wodurch wiederum eine
gewisse cyklische Einhelt zu erreichen wäre: andere
Könnten wieder mit Schrifk zu Plakatwirkungen
ausgebaut werden.

Mit einem reichen, guk durchgesiebten Photogra-
phiemakerial — lch besitze mehrere Hundert auSge-
suchker Mokive — ist es dem Lehrer mögllch, den
Schüler mit einer Fülle von Situationen und Mo-
tiven bekannk zu machen, den Sinn fllr den graphi-
schen Stil zu wecken und die Illustrakive Gestaltung
zu fördern; den Schüler aber vor allem zu erziehen,
den verschiedenartigsten Anforderungen üer illustra-
kiven Aufgaben nachkommen zu können.

Die Entwicklung des Zeichenunterrichts in Baden

Bon E. Bend^er^ Professor an der Landeskunstschule Karlruhe

Aeltere Zeiä-enlehrer werden sich wohl erinnern,
mit welcher Begeisterung die auch heute noch sehr
beachkenswerke Schrift „Die künsklerische Erziehung
der deukschen tzugend^ von Dr. Konrad Lange selner-
zeit aufgenommen wurde. 2n dieser Broschüre wird
der Zeichenunterricht Im damaligen Grotzherzogtum
Baden mehrfaä) lobend erwähnk. So lesen wir z. B.:
„stn Baden und Hefsen hak die Reorganisation des
Zeichenunterrichts schon-bemerkenswerke Fortschritte
gemachk, im übrigen Deutfchland finden wir dazu
kaum die ersten Anfänge/ Man kann sich leicht
vorstellen, mit welch freudiger Genugkuung solche

* Dies ist anSstihrltch tn meinsm Bnche »Zsichnnng, Holz-
schnitt und Illustration*, Aerlag Benno Schwabe, Letpzig und
Basel, dargelegt.

Worte von einem jungen Kandidaten gelesen wur-
den, der zwar noch nichts geleistet hatte, der aber
erfüllt war mik der ganzen Begeisterung für seinen
Beruf, deren ein junges Herz fähig ist. Es mutzkr
schön sein, in einem Lande wirken zu üürfen, in
dem der Zeichenunterricht sich offenbar besonderer
Wertschätzung erfreuke. Das war mein Traum für
die kurze Spanne Zeit zwischen bestandener Prü-
fung und erster Anstellung. Die Wirklichkeit sah
anders aus. Wie begrützke mich mein erster Direk-
kor: „So, Sle sind der neue Zeichenlehrerkandidat.
Einen schönen Beruf haben Sle nicht gewählt. tzch
verftehe eS nicht, warum man unsere llungen auch
noch mik Zeichenunkerrlcht plagk: In meinem ganzen
Leben bin ich noch nie in die Berlegenheik gekom-
 
Annotationen