Kunststätten in Baden
Ao» Or. Ha » s Cur jel. An der Badischen Kunsihalle in Karlsruhe
Die pralüilche Anschauung lrann Im heukigen Zei-
chenunterrlchk, der mehr und mehr die lrunsigeschichk-
liche Unkerweisung der Schüler kibernimmk, nicht le-
bendig genng geslallet werden. Es isk daher als
besonders förderlich zu bezeichnen, wenn neben der
Benuhung von guken Abbildungen, die als An-
schauungsmaterial verwendek werden, durch systema-
lischen Vesuch von Museen den Schülern die Kunst-
werke lm Original vocgefüh>rt und nahegebbaM
werden lrönnen. Neben diese Ark der Unterweisung,
die nur in den museumsrelchen größeren Städken
durchgeführk werden lrann, tritt als weikere Mög-
lichlreit der Vesuch von Kunstskätken des Landes, an
denen die Kunst vergangener Zeiten in verhälknis-
müszig ursprünglicher Form sich erhalten hat. Solche
Ezlrursionen lrönnen zudem deshalb besonders
fruchtbar gestulkek werden, weil sie eine lehrreiche
Verbindung der verschiedensten Unterrichksfächer wie
KunstgeschiäKe, allgemeine Geschichke oder ekwa auch
Geographie erlauben, durch welche die Schlller auf
die engen lebendigen Zusammenhänge zwlschen den
verschiedensten Gebieken des Lebens und der Nakur
hingewiesen werden lrönnen.
Solche Skäkten, an denen die Kunsk vergangener
Zeiken In geschlossener Anschaulichlreik vor Augen
skehk, besihen eine besondere Vedeutung für die Er-
lrenntnis. Man siehk an ihnen die verschiedenen
Kunskzweige in ihren natürlichen Zusammenhängen:
inan siehk gerade da an einprägsamen Beispielen,
wie die Kunst unmittelbar aus den geistigen Ziel-
sehungen und Vedürfnissen des Lebens hervorwächst
und wie sie dadurch Teil deS allgemeinen Lebens
wird. Die Tokalität lrünstlerischen Lebens wird sicht-
bar, wie auch die Qualitäk des Einzelwerkes mit
aller Deuklichkelt im Spiel des Ganzen in Erschei-
nung krikl. Es wird klar, wie eng die Kunst mit
allen anderen LebenSgebieken verwachsen ist. Zu-
gleich wird deiir Linzelwerk bei elner so vermittelten
Anschauung die Ileberbetonung des „Iuwels" ge-
nommen, der es, zu ofk nur zu seinem Schaden, in
der diinnen Luft des Museums ausgesehk ist.
Andrerseits mujz mit allem Nachdruck bekonk wer-
den, dast der Vesuch von Skäkken alter Kunst und
Knltur von jener sentimenkalen Nomankik freige-
halten werden musz, die allein das Ergreifende, Lau-
schige und Sinnige von Nuinen und Kirchlein sieht
und dadurch das Vild der Vergangenheik -aufs
gröbske verfälscht und versüstk.
Gerade dieser leicht gemachke Fehler ist mit ein
Grund, der uns veranlaszk, hier weniger von den
allseits und ohnehin bekannten badifchen Kunst-
stäkten zu reden, die wie Wallfahrksorke mik auster-
künstlerischen »nd auszerhistorischen Empfindungen
und Gedanlren gleichsam behangen sind. So begnll-
gen wir uns mil einem kurzen Hlnweis auf Heidel-
berg und sein Schlojz. Aber auch die grosten Kunst-
skäkken des badischen Landes, Freiburg mik seinem
Münster, Konstanz nrik seinen interessanken Kirchen
oder die übrigen Skätten des Bodenseegebietes
Ileberlingen, Meersburg und vor allem die Kirchen
der llnsel Neichenau sollen ln diesem Zusammenhang
nur erwähnt werden. Einerseits sind diese Skätken
alter Kunst und Kultur bekannt, andrerseits ist Ihr
Denkmälerbestand so verschiedenartig, dah grllnd-
liches historisches Skudium fllr die Gewinnung einer
geschlossenen Anschauung unerläszliä-e Vorbedin-
gung ist.
Umso wichtiger scheint es uns zu sein, auf eine
Reihe kleinerer, zudem weniger bekannken Kunst-
stätten in Baden hinzuweisen, an denen sich das
historische Bild oder wenigstens das Hiskorische Teil-
bild einheitlich und unverfälscht und daher mit be-
sonders intensiver Anschaulichkeit erhalten hat. Es
erscheint angebracht, vor allem solche Veispiele aus-
zuwählen, die über das Heimatgeschichtliche hinaus
im Bild der deutschen, ja europäischen Kunstgeschichte
von Gewicht sind. 2n zwei Landkirchen des Schwarz-
walds, in Tiefenbronn bei Pforzheim und in
Lautenbach im Renchtal besitzt Baden Beispiele
einer fast vollständig erhaltenen mikkelalkerlichen
Kirchenausstattung, wie sie sonst in Deutschland sel-
ten zu finüen ist: im Kaiserstuhl gibt es zwei Gottes-
häuser, in denen vorzllgliche Nenaissancealkäre an
ursprünglicher Stelle stehen, in Breisach und
Niederrotweil. Autzerdem haben sich in Ba-
den eine Reihe von kleinen Kirchen mit mitkelalter-
lichem Freskenschmuck erhalken. Schliejzlich besitzt
das Land mit dem Bruchsaler Schloß und denr
Lustschlotz Favorike bei Rastatt zwei ausgezeich-
neke Beispiele barocker Kunst und Kulkur. Alle diese
Kunststätken sind in ihrer Art als lypische Schul-
beispiele zu vezeichnen.
Die Tiefenbronner Kirche zeigt eine lrarge,
mehr dörfliche Spielart des gotischen Bausystems.
Es fehlt ihr die gewölbte Decke, es fehlen die
reicheren Zierformen. Die Entwicklung dieser Naum-
form aus dem romanischen Gefüge wird erlrennbar.
Die Proporkionen des Äauyres jedoch zeigen typjsch
gotische Spannung. So karg der Raum, so reich ist
die Ausstattung. An den Hochwänden des Schiffes
stnden sich Reste von Wandmalereien, die erkennen
lassen, oatz die ganzen Hochwände früher mik Fres-
ken überzogen gewesen sind, die dem Naum eine
lehrhafte Bunkheik verliehen haben müssen. Der
völlig erhalkene grotze Choralkar und zwei Seiten-
altäre an den Skirnseiten der Seikenschiffe geben
eine Vorstellung davon, wie im späken Mittelalter
Baukunst, Malerei, Plaskik und Zierkunst zusammen-
klangen. Vor allem der Zochalkar mik seinem rei-
chen Fialenschmuck ist ein Musterbeispiel eines goti-
schen Schnitzaltars mit Flügelgemäl-
den, der mit der Architekkur des Chores
harmonisch verschmilzt. Als einzig bezeichnetes
und (1469) datierkes Werk des Almer Malers
Hans Schüchlin besitzt er noch bcsondere kunst-
geschichtliche Bedeukung. Die Malereien der doppel-
seitig bemalken Flügeltllren sind ausgezeichnete und
typische Beispiele der malerischen Ausdrucksweise
iener Zeik, die auf den malerischen Errungenschaften
der Alkniederländer beruhke. Zu den grötzken Wun-
dern deukscher Malerei llberhaupt zählt der rechte
Seitenalkar der Kirche, der Magdalenenaltar des
Ao» Or. Ha » s Cur jel. An der Badischen Kunsihalle in Karlsruhe
Die pralüilche Anschauung lrann Im heukigen Zei-
chenunterrlchk, der mehr und mehr die lrunsigeschichk-
liche Unkerweisung der Schüler kibernimmk, nicht le-
bendig genng geslallet werden. Es isk daher als
besonders förderlich zu bezeichnen, wenn neben der
Benuhung von guken Abbildungen, die als An-
schauungsmaterial verwendek werden, durch systema-
lischen Vesuch von Museen den Schülern die Kunst-
werke lm Original vocgefüh>rt und nahegebbaM
werden lrönnen. Neben diese Ark der Unterweisung,
die nur in den museumsrelchen größeren Städken
durchgeführk werden lrann, tritt als weikere Mög-
lichlreit der Vesuch von Kunstskätken des Landes, an
denen die Kunst vergangener Zeiten in verhälknis-
müszig ursprünglicher Form sich erhalten hat. Solche
Ezlrursionen lrönnen zudem deshalb besonders
fruchtbar gestulkek werden, weil sie eine lehrreiche
Verbindung der verschiedensten Unterrichksfächer wie
KunstgeschiäKe, allgemeine Geschichke oder ekwa auch
Geographie erlauben, durch welche die Schlller auf
die engen lebendigen Zusammenhänge zwlschen den
verschiedensten Gebieken des Lebens und der Nakur
hingewiesen werden lrönnen.
Solche Skäkten, an denen die Kunsk vergangener
Zeiken In geschlossener Anschaulichlreik vor Augen
skehk, besihen eine besondere Vedeutung für die Er-
lrenntnis. Man siehk an ihnen die verschiedenen
Kunskzweige in ihren natürlichen Zusammenhängen:
inan siehk gerade da an einprägsamen Beispielen,
wie die Kunst unmittelbar aus den geistigen Ziel-
sehungen und Vedürfnissen des Lebens hervorwächst
und wie sie dadurch Teil deS allgemeinen Lebens
wird. Die Tokalität lrünstlerischen Lebens wird sicht-
bar, wie auch die Qualitäk des Einzelwerkes mit
aller Deuklichkelt im Spiel des Ganzen in Erschei-
nung krikl. Es wird klar, wie eng die Kunst mit
allen anderen LebenSgebieken verwachsen ist. Zu-
gleich wird deiir Linzelwerk bei elner so vermittelten
Anschauung die Ileberbetonung des „Iuwels" ge-
nommen, der es, zu ofk nur zu seinem Schaden, in
der diinnen Luft des Museums ausgesehk ist.
Andrerseits mujz mit allem Nachdruck bekonk wer-
den, dast der Vesuch von Skäkken alter Kunst und
Knltur von jener sentimenkalen Nomankik freige-
halten werden musz, die allein das Ergreifende, Lau-
schige und Sinnige von Nuinen und Kirchlein sieht
und dadurch das Vild der Vergangenheik -aufs
gröbske verfälscht und versüstk.
Gerade dieser leicht gemachke Fehler ist mit ein
Grund, der uns veranlaszk, hier weniger von den
allseits und ohnehin bekannten badifchen Kunst-
stäkten zu reden, die wie Wallfahrksorke mik auster-
künstlerischen »nd auszerhistorischen Empfindungen
und Gedanlren gleichsam behangen sind. So begnll-
gen wir uns mil einem kurzen Hlnweis auf Heidel-
berg und sein Schlojz. Aber auch die grosten Kunst-
skäkken des badischen Landes, Freiburg mik seinem
Münster, Konstanz nrik seinen interessanken Kirchen
oder die übrigen Skätten des Bodenseegebietes
Ileberlingen, Meersburg und vor allem die Kirchen
der llnsel Neichenau sollen ln diesem Zusammenhang
nur erwähnt werden. Einerseits sind diese Skätken
alter Kunst und Kultur bekannt, andrerseits ist Ihr
Denkmälerbestand so verschiedenartig, dah grllnd-
liches historisches Skudium fllr die Gewinnung einer
geschlossenen Anschauung unerläszliä-e Vorbedin-
gung ist.
Umso wichtiger scheint es uns zu sein, auf eine
Reihe kleinerer, zudem weniger bekannken Kunst-
stätten in Baden hinzuweisen, an denen sich das
historische Bild oder wenigstens das Hiskorische Teil-
bild einheitlich und unverfälscht und daher mit be-
sonders intensiver Anschaulichkeit erhalten hat. Es
erscheint angebracht, vor allem solche Veispiele aus-
zuwählen, die über das Heimatgeschichtliche hinaus
im Bild der deutschen, ja europäischen Kunstgeschichte
von Gewicht sind. 2n zwei Landkirchen des Schwarz-
walds, in Tiefenbronn bei Pforzheim und in
Lautenbach im Renchtal besitzt Baden Beispiele
einer fast vollständig erhaltenen mikkelalkerlichen
Kirchenausstattung, wie sie sonst in Deutschland sel-
ten zu finüen ist: im Kaiserstuhl gibt es zwei Gottes-
häuser, in denen vorzllgliche Nenaissancealkäre an
ursprünglicher Stelle stehen, in Breisach und
Niederrotweil. Autzerdem haben sich in Ba-
den eine Reihe von kleinen Kirchen mit mitkelalter-
lichem Freskenschmuck erhalken. Schliejzlich besitzt
das Land mit dem Bruchsaler Schloß und denr
Lustschlotz Favorike bei Rastatt zwei ausgezeich-
neke Beispiele barocker Kunst und Kulkur. Alle diese
Kunststätken sind in ihrer Art als lypische Schul-
beispiele zu vezeichnen.
Die Tiefenbronner Kirche zeigt eine lrarge,
mehr dörfliche Spielart des gotischen Bausystems.
Es fehlt ihr die gewölbte Decke, es fehlen die
reicheren Zierformen. Die Entwicklung dieser Naum-
form aus dem romanischen Gefüge wird erlrennbar.
Die Proporkionen des Äauyres jedoch zeigen typjsch
gotische Spannung. So karg der Raum, so reich ist
die Ausstattung. An den Hochwänden des Schiffes
stnden sich Reste von Wandmalereien, die erkennen
lassen, oatz die ganzen Hochwände früher mik Fres-
ken überzogen gewesen sind, die dem Naum eine
lehrhafte Bunkheik verliehen haben müssen. Der
völlig erhalkene grotze Choralkar und zwei Seiten-
altäre an den Skirnseiten der Seikenschiffe geben
eine Vorstellung davon, wie im späken Mittelalter
Baukunst, Malerei, Plaskik und Zierkunst zusammen-
klangen. Vor allem der Zochalkar mik seinem rei-
chen Fialenschmuck ist ein Musterbeispiel eines goti-
schen Schnitzaltars mit Flügelgemäl-
den, der mit der Architekkur des Chores
harmonisch verschmilzt. Als einzig bezeichnetes
und (1469) datierkes Werk des Almer Malers
Hans Schüchlin besitzt er noch bcsondere kunst-
geschichtliche Bedeukung. Die Malereien der doppel-
seitig bemalken Flügeltllren sind ausgezeichnete und
typische Beispiele der malerischen Ausdrucksweise
iener Zeik, die auf den malerischen Errungenschaften
der Alkniederländer beruhke. Zu den grötzken Wun-
dern deukscher Malerei llberhaupt zählt der rechte
Seitenalkar der Kirche, der Magdalenenaltar des