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Bund Deutscher Kunsterzieher [Hrsg.]
Kunst und Jugend — N.F. 7.1927

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Heft 9 (September 1927)
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Kolb, Gustav: Bildhaftes Gestalten als Aufgabe der Volkserziehung
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Nachklänge der Pfingsttagung
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https://doi.org/10.11588/diglit.23855#0236

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den Lehrer, in der das Mesen und die Vedeutung
der rh»thinischen Gestallungsgesehe, sowte der liünst.
lerischen Ausdrucks- und Gestalkungsmittel: Llnle,
Flilche, Körper, Zell, Dunkel, Farbe und der Werk-
stoffe und Werkzeuge dargelegt wird.

Grundlegende Bedeutung kommt dem Nachweis zu,
dnsz dlese Geskalkungsgesehe und -kräfte in der inne-
ren Llalur deS Menschen begrnndet, ihm eingeboren
sind und sich schon beim eigenkriebigen bildhafken
Gestalten des KindeS zwangsläuflg auswirken.

Äie man die unbezvuszte, instinktive GestaltungS-
krakt der Schüler skärken uno zu einer gewissen
Sicherheit erheben kann, wird Im nächsten Äbschnitt:
der Ilnterricht im dekorativen Gestal-
ten, der den Hauptteil deS Buches einnimmk, an
zahlreichen Ilnlerrichksbeispielen gezeigt.

Den Vegriff „Dekoraliv" verstehen wir Im Sinne
Wölfflins: alS einen Aebergriff, tn dem sich das
Wesentliche der Geskalkung sämtltcher Gestalkungs-
gebieke in einer Einheik zulammenfassen läht. Die
ungerechlferklgke Trennung der Kunskgebiete in eine
sogen. hohe, d. h. vollwertige Kunst und eine nicht
vollwertige „aiigewandke" Kunst fällt dann weg.

Bei Auswahl der G e st n l t u n g s w e I s e n und
Techniken war der Grundsah majzgebend, Er-
probkes zu zeigen. Bielfach sind es uralke Bolks-
techniken, die in unserer Zeit wiedererweckt wur-
Len unL schon seik siahren da und dork Eingang Im
Schulunterrichl sanden. So bleiben wir unserem
Grundsatze kreu, das naive Geskalten vor allem zu
pflegen. Auch beschränken wir unS auf solche Ge-
skalkungsweisen, die ohne besondere koskspielige Zilss-
mikkel und Einrichtungen in gewöhnlichen Schulräu-
men gepflegk werden können.

Zn den von mir geleiketen Neferendarkursen und
ln unserer „ArbeikSgemeinschaft" wurden die ver-
schiedenen Techniken im Klnssenunterricht verschie-
dener Schulen und Schularken Lurchprobierk, und es
nimmt In dem Vuch eine gröszere Anzahl von Leh-
rern und Lehrerinnen üaS Work. Das isk nach unserer
Meinung eln besonderer Borzug des Buches. Wir
sehen in die Merkstatk verschiedener Schulen hinein
und erfahren: das neue Ilnkerrichksgebilde ist nicht
ein Zukunftstraum, sondern vielfach schon praktisch
verwirklichk.

Der letzte Abschnitt des Buches wendet sich dann
dem Darstellen nach unmikkelbarer An-
schauung zu. Es durfte nichk die Meinung ent-
stehen, als ob wir dieses Gebiet, von dem wir in
den letzken llahren wenig geredet haben, — es kann
ja In seinen Grundzügen als geklärt gelten, diese
Aufgabe wurde während der 1. Phase der Kunst-
erzleyungsbewegung vorbilölich gelöst — mitzachten
und vernachlässigen wollen. Äuch wir lchätzen das
bewutzke, erkenntnismätzige Beobachten der Autzen-
welt und öas sachliche Darskellen des Beobachteten
als einen wichtigen Bestandteil des Anterrichts im
bildhaften Gestalten, als eine Art willkürlicher Atem-
gymnastik, dle neben dem unwillkürlichen „Ein-
atmen und Ausakmen der Welt" ssiehe Goethe) nicht
fehlen darf. Denn wir haben dafür zu sorgen, datz
in diesem Teil der Iugendbildung ein AuSgleich skakk-
findet zwischen Gefühl und Phankasie einerseits und
Willkür und Berstand andererseits, zwischen sinnen-
welt und Autzenwelt, zwischen 2ch und Ding.

So unterbreiten wir das Buch vertrauensvoll der
deukschen Zeichenlehrerschafk und laden sie zur Mit-
arbelt ein. Denn wir geben uns nicht der Täuschung
hin, üatz alle Fragen nun schon gelöst seien.

Es könnke als eine romankische Schwärmerei er-
scheinen, heute, inmitten der Aerrfchaff der materiel-
len und intellektuellen Mächte an eine Bolkserziehung
aus den Kräfken des bildhaften Gestaltens heraus, zu
glauben. Wir Schwaben fehen aber voll froher Zu-
versicht der Weikerentwicklung unseres schönen Är-
beiksgebiekes enkgegen. Mögen die Mächke der Tech-
nik und des Sportes heuke noch so sehr die Massen
in ihren Bann ziehen, möge der Lärm des Tages alle
ilnnerlichkeit üoertönen: die K u n st ist ewlg!
Llnes Tages wlrd dle sehnsllchtige Menschenseele
sich wieder aufrichten und nach ihrem Tranke lechzen.
Latzt uns derwell in aller Stille mit Treue und Hin-
gabe an der uns anvertrauken 2ugend arbeiken, datz
sie innerlich gerüstet isk, wenn die heilige Skunde
kommk.

Bergessen wir nlcht: Wo ein Same, gesäet wird,
da geht es leise zu.

Zn diesem Slnne grützen wir die lleben Amts-
genossen lm Relch. G. Kolb.

Aachklänge der Pfingsttagung

lZ u r Ausstellung des Berbandes der Zeichenlehrer und -lehrertnnen.)

Karlsruhe, Ende 2uni.

Die AuSskellung der Schülerarbeiten in Karlsruhe
ührt zu einer AuSelnandersetzung ln der „Frank-
ucter Zeitung", die wir hier wiedergeben. Es stehk
war manches drin, was uns nicht gefällk. Frl.
Fischel, von der die Erörkerung ausging, hat offen-
bar noch keinen gründlichen Elnblick ln unser Wol-
len gefunden, umso mehr begrützen wir die kurze
Aeutzerung des Herrn Prof. Dr.-Majer-Leonhard,
die zeigk, datz es nuch feinsinnige Menschen autzer-
halb unseres Standes gibk, die üns verstehen und
wissen, iim was es heuke bei uns geht.

Wir werden in der nächsken Nummer zu der Sache
ebenfalls Stellung iiehmen, möchten aber heute schon
der Schriftleitung der „Frankfurter Zeltung" auf-

richtig danken, datz sie der Erörterung Raum ge-
geben hat und sich bereik erklärt, später selbsk noch
auf diese „so wichtige erzieherische Frage zurückzu-
kommen". ^ Die Schrifklellung^^'

lln Karlsruhe sah man dieser Tage im
Orangeriegebäude eine vom „Verband der Zeichen-
lehrer und -lehrerinnen an den höheren Schulen
Deutschlands und Oesterreichs" veranslalteke Aus-
skellung von Schülerzeichnungen: sie diente einer
Berbandskagung als Dokument und Propaganda-
material und war autzerordentlich besucht. Es war
eine Art Kunstausstellung, nur bunker, ungerahmter
und papierner: aber man fand alle Älchkungen der
 
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