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Skufe also lüinsllLrische Werkarbeit geleistet wird.
So lwmmen üie reizvollen, bewundernswert einheit-
lichen Erzeugnisse der lündlichen Gestalkungskraft, so
auch die Erzeugnisse der Frühkunst der Mlker
<Aegi)pter, Frühgriechen, Ostasier), Werke von so
groszer Schönheit iind erstaunlicher Geschlossenheit,
zukage. Sie sind eben ganz aus üer inneren Bor-
skellungseinheik hervorgegangen.
Alil besonderer Eiiidringlichkeik weisk Vr. auf jenen
verhängniSvollen Abschnikt in der Kunstgeschichte hin,
in der dnS Arbeiken nuS der Vorstellungselicheik zu
stocken beginnk, weil makhemakisch begriffliche Gesehe
lPerspeklive, Proporkion) und nakurwissenschaftliche
lÄnakomie) mit Aerrschaftsansprüchen auftreten und
in der künstlerischen Tätigkeit mitwirken. Es wird
gezeigk, wie gefährlich diese Wirkung war und bis
heule geblieben Ist.
AuS diesen Erkenntnissen ergibt sich nun eln neuer
Meg im Kunstunkerrichk.
Ls handelk sich, mit kurzen Morken gesagt, dnrum/
die Entwicklungsstufen zu lrennen, die Schaffung
der VorskellungSeinheik und das Gestalten aus ihr,
enksprechend den Voraussehungen der jeweiligen
Skufe, zu bewirken. Das ist die Haupkaufgabe und
aus ihr folgt eine neue Einstellung gegenüber der
erscheinungSgemäszen Darstellung und ihren Gesehen
tPerspekkive, Anakomie, Proporkionslehre) und
gegenüber dem sog. Anturskudium, das heiht: hinaus
mik diesen Dingen aus dem Ankerricht, wenn sie mit
lüinstlerischer Täligkeit nichts zu tun haben oder
ihr gar schädlich sind!
Perspekkive und ähnliche Gesehe rein begrifflicher
Ark sehen anskelle lüinstlerischer Geisteskäkigkeik
„Ersnhüberlegungen", die der Mühe lüinstlerischer
Gestaltungsarbeit enkheben sollen. Es sind Dinge,
die, von auhen herangekragen, den langen Prozetz
organischen Wachsens der Vorstellungseinheik, der
freilich eine hohe geistige Spannung voraussehk, nicht
ersehen können. Aus der Vorskellungseinheit müszte
auä) eine klare räumliche Darstellung hervorgehen,
die aber künstlerischen Charakker hätke, die von einer
von jedem beguem auf verskandesmäszigem Weg zu
eclernenden Melhode niemals zu erreichen ist. Die
Veschäfkigung mit derartigen begrifflichen Mekhoden
rufk innerlich Verwirrnng hervor, wenn sie nicht klar
und deiiklich von lüinsklerischer Arbeit geschieden
wird. Sie zerreijzk die Vorsksllungseinheik, sie er-
weckk die irrige Meinung, als gäbe es auszer uns
eine objekkive Nakur, die sich unfehlbar „richkig" dar-
skellen lasse, während es für uns doch nur eine Er-
scheinungswelt gibk, die im Lauf der Zeit, auf den
verschiedenen Skufen verschieden gesehen, gedeuket
murde, für die anch unser Sehen nur eine (wie
lange noch gelkende?) Deukungsart ist. Dah man mit
einer solchen ..erscheiiiungsgemäszen" Darskellung dem
Kunskiverk nnhLkomme, es gar selbst erreiche, isk be-
kannklich eine welkverbreikeke Ansichk. Seik dem Eln-
dringen solch unkiinstlerischer Methoden scheint über-
haupk der Zusnmmeiihnng zwischen Kunsk und Volks-
gemeinschaft zerrissen, ein künsklerisäier Lebensstil,
der wie im Mikkelalker die gnnze Volksgemeinschaft
iimfaßke, unmöglich geworden zu ssin. Für die kllnst-
lerlsche Erziehung häkken solche Mekhoden also aus-
zuscheiden. Eine andere Frage wäre, ob sie nichk für
dle prakkischen Vedürfnisse des Lebens nökig wären.
Dann müszken sie allerdings gepflegk werden, aber
streng gesondert vom Kunskunkerricht, auch so, datz
sich der Echüler der völligen Beziehungslosigkeit bei-
der Dinge klar bewutzt würüe.
Dasselbe gilk auch für die übrigen unkünstlerischen
Methoden, vor allem für die Aaturdarstellung nach
dem Schema dss DurchdringungSbildes. Dürer hak
in einigen Holzschnitten diese Arbeiksweise lrlar dar-
gestellt (siehe die Kopfleiste auf Seike 264).
Aus diesen Vildern gehk auch deuklich hecvor, wie
kechnische, kote, unempfundene Skriche sich wohl zu
einem Vild zusammenschlietzen mögen, das, einer
Vermessungsausnahme gleichend, der Orientierung
im Aaum dienen, Abbilder er'geben mag, aber weit
davon entfernt isk, Symbol einer besonderen Welt-
Anschauung, künstlerische Gestaltung zu sein, weil es
nicht aus der Vorskellungseinheit hervorging. Damik
isk jedem „Naturskudium im üblichen Sinn, weil es
auf erscheinungsgemätze Darstellung als Endziel hin-
fühct, das Urleil gesprochen. <Vgl. den Untecrichk
auf der Akademie.)
Der Unkerricht mutz vielmehr von allem Anfang
an auf üie künstlerische Geskalkung ausgehen. Lr
wird auf jeder Skufe die Äildung einer Vorskel-
lungseinheik anskceben unker sorgsamster Bedacht-
nahme aus die jeweiligen geiskigen Voraussehungen.
Dann wird die Ausdruckslust stets erhalten bleiben,
denn nie fühlt der Schüler sich vergewaltigt. Aus
diese Weise vollziehk sich die ganze Enkwicklung in
logischer Folge und führk von der Kinderkunsk über
eine ausgebildete eigenwerkige Iugendkunsk zu einer
allgemeinen Dolkskunst. Das Naturstudium hat nur
insoweit noch Berechtigung, als es zur Gestalkung einer
Vorstellungseinheit beiträgt, d. h., wenn der Schüler
mit einem Gestalkungsproblem an die Nalur heran-
kritt. llhre Formen müssen verarbeiket werden, gleich-
sam bis in die Tiefe des Menschenwesens eindringen
und verwandelt wieder emporskreben zum Lichk.
Diesem langsamen Werde- und Neifevorgang, der
sich nichk sehen, greifen, zeigen lätzt, wicd viel zu
wenig Beachkung geschenkt. 3eder weitz doch vvn
sich, wie er auf andern Gebieken vor sich gehk: eine
Frage kritt aus, man machk sich Gedanken darüber,
einmal, zweimal, Immer wleder, oft ganz gelegenk-
lich, unbeachkek, unbewutzt sogar. Die Gedanken ver-
binden, verknüpfen, durchdringen sich, ballen sich wie
kosmische Nebel zusammen, bis endlich sich die Er-
kennknis, das Werk klar herauskrystallisiert, jedem
sichkbar, greifbar in erstaunlicher Geschlossenheit und
Einheik der Geskalk.
Der Schwerpunkt liegt auf jeder Skufe nicht in
einer möglichsk grotzen Annäherung an ein Natur-
bild im Sinn der Erwachsenen, sondern in einer
möglichsk einheiklichen, wahren, d. h. den geistigen
Voraussehungen der Skufe enksprechenden Geskal-
kung. Diese wird dann kaksächlich immer eine Er-
kennknis, Symbol des Welkbildes, Ausdruck einer
Welkanschauung, nichk Darstellung der Nakur, son-
dern Urkeil über die Nakur sein, zu vergleichen
einem philosophischen Syskem, durchaus einheiklich in
allen Teilen. <Vgl. Goekhe: „Wenn du einen Mops
mnlsk, so genau als er vor dir skehk, so hast du zwei
Möpse, aber kein Kunskwerk.") Wenn es gelingt,
die neue Erkennknis sich zu eigen zu machen <und
es gelingt nur dem, der selbsk um künsklerlsche Ge-
skalkung sich bemühk hak), der hak das Kunskwerk
verstanden. Er vermag nun mit neuem geiskigen