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Bund Deutscher Kunsterzieher [Hrsg.]
Kunst und Jugend — N.F. 7.1927

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Heft 8 (August 1927)
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Wiener, Oskar: Bronzeguß
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https://doi.org/10.11588/diglit.23855#0221

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Schon der lateinische Dichker Lucrekius hat sich die
Erfindung der Vronze ähnlich gedacht. Er schildert
die Arzelk in weikzttgigen Symbolen und erzählt auch
von einem riesenhafkeu Waldbrand, dessen Gluken
bis in das Erdinnere örangen. Dort gerieten die
Erzadern zum Sieden, und Bäche flüssiger Mekalle,
Gold und Silber, Kupfer und Vlei, flossen inein-
ander. 3n offenen Hohlräumen fand dann der Mensch
die erstarrte Masse, deren Glanz und Gläkte ihn be-
stach, und er uahm wahr, wie das Erz alle Höhlungen
deS Naumes, in die es geströmk war, auszufllllen
wujzke. So enkdeckke er die Kunst des Äronzegusses.
Später fand er auch, dasz sich der kostbare Skoff
durch den Schlag ausdohnen liefz und nach Wunsch
scharfe Kanken und Spihen annahm, mik welchen
man Zolz fällen und hooeln konnke, und Balken
behauen und durchbohren. Er ferkigte sich also sein
erftes mekallenes Werkzeug daraus, seine Beile und
Hammer, seine Nägel und Messer.

Das Wort „Bronze" wird hergeleitet von Brun-
dusium, dem heukigen Brindisi, öaS in grauer Bor-
zeik becühmte Atetallwerkstäkken barg. Die anktke
Bronze wurde dork schon sehr frtth fabriksmäßig
dargestellt, und sie enkhielt, wie alle Bronzen im
Alkerkum, neben Kupfer und Zinn, bisweilen auch
Blel und durch Zufall Zink, Eisen und selbst Silber.
Der Kunstskil der Bronze — schreibt 2akob von Falke
In seiner „Aesthekik des Kunskgewerbes" — beruht
zunächst auf dem Guh, sodann auf der ferneren Be-
handlung der Oberfläche (Zlselierung) und auf der
Farbe, der sogenannken „Pakina". Dies war bereiks
Geseh bei den alten Aegypkern, drei oder vier 2ahr-
kausende vor Christi Geburt, allein es ist nicht immer
und nicht ausschlieszlich so gewesen. Die heroische
Zelt Griechenlands übke nicht den Guß, sondern
hämmerte das Erz zu dünnen Dlakken und belegte
damit Archikekkurteile, Türen uno ganze Wände und
schlug die Platten mit Nägeln fest; vermuklich eine
uralte asiakische Kunsk. Seitdem aber die Hellenen
den Bronzeauf, gelernk, ist öiese Technik für alle
Zeiken der höchsken monumenkalen Kunst wie dem
Kleingewerbe kreu geblieben. Allerdings wird heuke
mehr in Messing gegossen denn in edler Bronze,
allein ob es sich nun um ein simples Zausgerät han-
delt oder um das Standbild eines Helden, immer
wird die Mekhvde des Gusses gleichbleiben müssen.

Für die Ausfllhrung ist zuvörderst ein Borbild,
ein Modell, vonnöten. Bei einer Stelnplaskik kann
der Künstler gleich direkt in das echke Makerial seine
Traumgestalten meiheln, wenn er dle Kraft uno dis
Begabung hierzu fiihlk und auf eine Skizze, auf ein
Gipsmodell, verzichten kann. Vei der Erzbildnerei
ist dies unmöglich, hier gibt das Modell dle Urform
des Merkes und den Hohlraum her für den Gutz.
2n der ersten Zeit griechischer Kunskübung wurde
das Erzbild über einen Kern aus Wachs bossiert
und über diesen eine könerne Form gestrichen, ln
welcher Nöhren für den Ausflich des geschmolzenen
Wachses und für das Einströmen des flllssigen Erzes
ausgespart waren. Heuke ist das Berfahren der For-
merei im Grunde genommen noch immer dasselbe;
doch der Fortschritk in allen kechnischen Hilfsmltkeln
hak' nakurgemäsz auch diese Arbeit setzr erleichkerk,
und sie weist nun im einzelnen, selbst bei vollkom-
mener Gleichheit des Makerials, vielfache Abwei-
chungen auf, die durch die Gröjze und Geskalk des
Gujzstückes bedingk werden.

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llimmer bleibt die erske Aufgabe des Mekallgießers,
genau nach dem Modell — gleichgültig, ob dieses ein
Monument oder eine Kirchenglocke, eine Medallle
oder ein Nippesfigürchen, eine Kanone oder einen
Maschinenteil veroildlicht — die passende „Form"
herzustellen. Borzugsweise wird für größere Gutz-
stiicke die Lehmsorm angewendet, die in einer dicht
vor dem Schmelzofen sim Erdboden des Gietzlokals)
hergerichteten Grube, der „Dammgrube", aufgebaut
ist. Die „Form" selbst besteht aus drei Teilen: Aus
dem Kern, dem Modell und dem Mantel. Kern
wie Mankel sind aus feuerseskem, in feuchtem Zustand
plastischen Lehmkeig gebildek und umschlietzen ganz
eng das Gipsmodell. Dieses witd dann zerbrochen
und die einzelnen Bruchstücke durch die Gutzlöcher
hervorgeholt. Anstatt des Gipsmodells wird oft auck
Machs in Anwendung gebracht, das sodann durch
ein im „Kern" entzündekes Feuer schmilzk und aus-
flietztz man erspart so das Zerbrechen des Modells
und das mühsame tzervorholen der einzelnen Gips-
brocken. Nun kann der Gutz beginnen. 2st er ge-
lungen, der Mantel enkfernt und das Bronzewerk
erkalkek, dann begibt sich der Ziseleur an die Arbeii.

Die Äronze gehört künstlerisch zu den edlen Metal-
len: die Griechen und die römischen Kunskfreunde haben
auch das sogenannke „korinthische Erz" durchaus als
Kostbarkeit aufgefatzk. Da nun das Erz seiner gärte
wegen keine nachträglichen Berbesserungen duldet,
soll es vollendek aus der Guhform hervorkommen
und keine Löcher zeigen, die auszufüllen sind, und
keine angehängten Mekallklumpen, die weggemeitzelk
werden müssen. Aber noch Lin anderer Grund ver-
langt sür Äronze eine vollendete Modellierung. Das
Erz ist glänzend und spielt in Glanzlichtern und
Neflexen und wlrkk mit kiefen Schakten. Dieser
starke Gegensah von Licht und Schatten lätzt jede
Äoheit doppelt roh und hätzlich erscheinen. „Dennoch
Ist es ein ärrkum, zu glauben" — urkeilk 3akob von
Falke, dessen hohe Verdlenste um die Kunstinduskrie
Deutschlands bekannt sind —, datz mik vollendekem
Gutz das höchste und lehke geleistek und die Ziselie-
rung, d. h. die nachfolgende Behandlung der Ober-
fläche überflüssig, ja höchstens ein notwendiges Uebel
sei. Freilich darf die Ziselierung die Plastik, wie
sie aus der Hand des Künstlers hervorgegangen,
nichk schädigen. Es isk aber auch keine Nokwendig-
keit, datz sie es kuk, wenn sie in nichks anderem be-
steht als !n der Hinwegnahme der sogenannken Gutz-
haut und in nachfolgenoer Gläkkung. And das hängk
elnzig von der Geschickllchkelk des Ziseleurs ab.
Ansere Erzgietzer wollen möglichst die Gutzhaut er-
halten, und das gilk vielen von ihnen als stdeal. Die
Gußhauk aber kommk niemals blank und glänzend
aus der Tonform, sondern makt und körnig. Mit
- beiden Eigenschaften ist die Gutzhauk eine Gänsehaut,
und wie diese, rauh und stumpf, der menschlichen
Hauk ihre Reize nimmt und sie hätzlich machk, so ver-
hinderk die Gußhauk die schönsten Mirkungen des
Metalls: Glanz, Glätte und auch Farbe oder edle
Pakina." Schon der geniale Goldschmied Benvenuko
Cellini wekterke in den Tagen der Äenaissance gegen
die leichkfertigen Erzgietzer, welche darauf verzichke-
ten, ihre Bronze zu ziselieren und er sagt: Das ist
ein närrisches Beginnen, denn jedes Erz, wenn es
gegossen ist, mutz mit dem Hammer und Grabstichel
nachgearbeitet werden!

Das neuhergestellke Bronzewerk bliht und blankl
und wirkt deshalb unruhig. Erst allmählich verlierk
 
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