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Bund Deutscher Kunsterzieher [Editor]
Kunst und Jugend — N.F. 7.1927

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Heft 2 (Februar 1927)
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Schwemer, Paul: Gemeinschaftsarbeiten
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https://doi.org/10.11588/diglit.23855#0047

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V0II deii Früchkeii dleser Arbelt für sich begehrte.
So ergnb sich von voriihereln, dasi dle Entwürfe
nuszuführeii selen >n der für dlese Slufe geeigneten
graphlschen VervielfältigungSlechiiili, dem Linol-
'schnllt. Der glelche Eifer, der dle Entwurfsarbelt
geförderl, war Antrieb belm Schnelden in Linol,
und jehk beganu wseder eln reizvolleS Zusammen-
arbelken der Schttler. Wir halken überlegt, dasz,
weun jeder Schüler, dazu noch die Lehrer bedacht
werden sollten, jeder Schnikk in einer Auflagenziffer
von dreiszig gcdruclit werden mllsle. So ging es mit
verteilten Aollen ans Papierziischneiden, Einwalzen
der Druclislvclie, Anlegen und Drucken — Ausmerzen
unkauglicher Druclie: bis zum Schluß der ganzen
Arbeit jeder noch seine Drucke zu numerieren und
signieren hatke. Die mit Eifer begonnene Arbeit
hatke ihren Höhepunkt überschritten und war schon
in elnem Skadium, in dem teils schwächere, unbestän-
dige Schüler, teils auch bessere, die nach neuen Auf-
gaben begehrken, abzufallen drohen. Doch der Ge-
meiiischaflswille krug die Arbeit auch über ihre lehke
Megstrecke, die uns geschlossen In unsere Pappwerk-
statt führke, wo in abermals langwieriger Arbeit
jeder Schüler sich elne Mappe ferkigke für seine
Drucke. Dabei hakken die Schüler alle Bezugspapiere
zu ferkigen mik dem Kleiskerpinsel, durch Abklatschen
von Kleisterfarben, mit Linolstempeln, Schablonen,
in Batik oder Galltechnik. Dann ging es mik all
den gewonnenen Herrlichkeiten ans Kleben der
Mappen. — Dasz sich die ganze Arbeit bei zwei
Wochenskunden über eine ansehnliche Zeilskrecke hin-
zog, verskeht sich. Doch war es mir Freude und Ge-
iiugkuung, dasz ich, da die Arbeit noch durch Ein-
fligen eineS Titelblakkes fllr den Fremden verskänd-
lich gemachk wurde, In zwangloser Weise Zeichnen,
Schreiben, eine graphische Technik und eine der
rvichkigsken Merkkechniken miteinander zu verknüpfen
vermochke. Zudem hakte als Arbeitsergebnis jeder
eine Mappe ln Aänden, die Ihm all die erlebnis-
reichen Tage der Neise aufs lebendigste ins Gedächt-
nis zurückrief, ihm auch für späker ein werkvoller
Schah, für andere eine Freude und Sehenswürdig-
keit zu seln vermochke.

3n einer Unkersekunda sah man dem Zeikpunkk
entgegen, an dem eine ganze Anzahl der Kameraden
aus der Klassengeineinschaft verschwinden würde,
um Ins Leben zu kreten. sich erwähnte, dasz wir-uns
ein Andenken an die 2ahre gemeinsamer Arbeit da-
durch schaffen könnken, dasi wir unS gegenseitig
zeichneken, dann die gelungenen Vildnisse in Linol
schnitken und uns in den Drucken ein blelbendes
Andenken schüfen. Der Gedanke wurde freudig auf-
gegriffen, und nun begann ein lustiges Arbeiken. Es
wurden alle Schüler und Schlllerinnen — wir sind
eine deuksche Oberschule mij Schülern beiderlei Ge-
schlcchkS — auf die Möglichkeit einer charakkervollen
Darstellnng Ihrer Blldnlsse angesehen. Es ergab sich,
dasi bei dem oder der einen das Profil, bei dem
andern die Borderansicht höher bewerket wurde, und
danach wurde gruppiert. üeder war zugleich Modell
wie Zeichner. Wollken sich zwei von vorn zeichnen,
so sasien sie sich gegenüber, wurde aber Seikenansichk
gewünscht, so sahen wir, dasi sich vier einig wurden
und diese ehlen sich zu einem Biereck zusammen,

in dem jeder in einer Bierteldrehung zum andern
fatz und so das Profil seines Kameraden vor sich
hakte. Auch diesmal ging die Arbeit rüstig vonstat-
ten. Die besseren Zeichner waren schnell mit einer
Studie ferkig, die die Wesenslinien des Dargestellten
aufzeigte. Kam eine kleinlich nörgelnde Kritik ekwa
des Dargeskellten, so versuchte ich einzugreifen und
das Prinzip der sogenannken Aehnlichkeit beiseite
zu schieben gegen das der Wesenhafkigkeit. Schwache
Schüler verzagken, wurden aber durch dle besseren
in Ihrem Skreben unterstüht, ebenso wie sie sich bei
mir Nat und einen Anstojz holen konnten. — Ein
umfängliches Studienmaterial war fertiggeskellt.
Biele Schüler waren zwelmal und mehrmals ge-
zelchnek. sich selbst hakte herhalten müssen zu einer
Skudie, die von allen gezeichnet wurde und die uns
hinterher Gelegenheit gab, die einzelnen Vlätter zu
vergleichen und das gelungenste zur Ausführung zu
beskimmen. Auch der Klassenleiter, ein Herr mik
charakkervoll vorspringender Nase, gab sich gutherzig
her zum Zeichenobjekt. Nun ging es an die Schnitt-
arbeit. Dann wurde gedruckt und die Probedrucke
einer eingehenden Kritik, an der die Gesamkheit teil-
nahm, unterzogen, auch geprüft, ob etwa die Zugabe
von Farbe die Wirkung eines Dcuckes zu heben ver-
möge.

Das Drucken der Auflage war eine Zeik- und
Makerialfrage, die sich glücklich löste: denn wlr hak-
ten bis siahresschlusz Zeik genug, und Papier zum
Drucken konnten wir von einer Meterrolle yer-
unkerschneiden. Die Mappe, die hinterher die ganze
Arbeik für den Einzelnen zusammenfahke, enksprach
der Skufe und wurde mlt handwerklicher Sorgfalt
und künstlerischer Gewissenhaftigkeit im Zusammen-
stimmen von Farben und Formen gearbeiket.

Eine andere Sekunda hakke in der Kulturkunde
die Zeik der Gotik besprochen. Man bat mich, dah
ich mich einem Gang Ins Kunstgewerbe-Museum an-
fchliehen möchke, da man hier zur Berkiefung die
gotische Abkeilung anschauen, auch einiges zeichnen
wollke. Auch hier ergab sich zwanglos aus einer ge-
lungenen Skudienarbelt der Wunsch, das alles zu
einer Mappe zusammenzustellen. Als Technik wähl-
ken wir Linolschnikt und Steindruck. Die begabteren
Schülsr hatten Figürliches gezeichnek: Engel, Heilige,
Marienbilder, die weniger Begabken begnügken sich
mik der Wiedergabe von Gebrauchsgegenskänden der
Zelt, Gefäßen, Münzen, Schlüsseln und Ornamenken.
Die weikere Arbeik ging dann wie in den andern
Fällen ihren Weg Lber Enkwurf, Schnikk bzw. Zeich-
nung auf Stein, Druck, Veschrifkung zur Äusgeskal-
kung der Mappe.

Dah es eine grohe Anzahl von Möglichkeiken
gibt, in der von mlr skizzierken Weise die Avbeilt
zu einer arbeiksschulgemäsien Enkfalkung zu bringen
und zugleich in der Schülerschafk das Äefühl der
Zusammengehörigkeit und der Äbhänglgkeit der EIn-
zelnen vom Ganzen zu wecken und zu slärken, leuchket
von seibsk ein.

Dah eine derarkige Arbeit weiterhin einzelne
Schlller anregk, eigene Mappen zusammenzustellen,
an denen sie mll viel Liebe und Fleih arbetten, ja
willig dafür ihre ganze verfügbare Zeik opfern,
möchke tch zum Schluh nur andeuten.
 
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