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Bund Deutscher Kunsterzieher [Hrsg.]
Kunst und Jugend — N.F. 7.1927

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Heft 3 (März 1927)
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Nachtigahl, H.: Flächenaufteilung in Schwarz-Weiß
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Müller, F.: Die Fachberatung
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https://doi.org/10.11588/diglit.23855#0076

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durch bellebige drei- und mehreärige Figuren lowie
durch Spiralen u. ä. linear aulteilke und mit bceiksr
Kreide einzelne Teile weltz anlegte. Llne kurze Be-
sprechung Irlärke den Elndruck und dle Slnnfälligkeit
dleser Aufkeiluugen, die dann ausgelöscht wurden.
Ilnd nun begann ein fröhllcher Wekkeifer, in dem
jeder seineu Ehrgelz darin sehke, ekwas anderes zu
schaffen als sein Nachbar. llch skaunke über den un-
erwarleten Erfolg^ die Fülle der Erfindung war über-
raschend groß. Vesondere Aufgabrn, wie Larstellung
des Aufbäumens und Sichduckens, des Angriffs und
Zurückmeichens, eines Sturms, Gewikters, Bulkan-
ausbruchs, Zusammenprallens, des Wachsens, Auf-
wärkSskrebenS, Aufflammens u. a. brachten der Phan-
tasie neue Befruchkung. Hedem war volle Freiheik
gelassen. Daher blieb es nicht aus, dah schlieszlich
doch Einzelne Anleihen bei ausgestellken guken Ar-
beiken und sogar Enklehnungen bei gedruckken Bor-
bildern vornahmen. Da lolche Arbeiken aber mit dem
Bermerk „abgezeiäznet" versehen werden muszken,
verschwanden sie bald wieder, und an ihre Stelle
traten bei manchen realistische Stosfe. Der Begriff
des geistigen Ligenkums erhielt für alle so eine Er-
weikerung nach der Seite des künsklerischen Schaf-
fens. Nachdem nun auf dem Papier allerlei erfreu-
liche Lösungen der Aufgabe gefunden waren, began-
nen wir, zunächst die besten Arbeiten auf Linol zu

überkragen; später wurden die Entwürfe unmikkelbar
auf die Plakte gebrachk. Linol stand uns in einem
alten Fichbodenbelag sowie in Äesten vom Händler
reichlich zur Berfllgung. Zum Ausschneiden gebrauch-
ken wir anfangs Taschenmesser und Schneidefedern.
Lehtere gefielen uns nichkr sie brächen leicht ab, wur-
den schnell stumpf, konnken nicht geschliffen werden
und saßen meist auch zu lose im Halker. Ich schafske
daher S Dutzend Kerbschnitzmesser, 2 Duhend Hoyl-
eisen in 2 Breiken (6 und 8 mm), sowie 1 Duhend
Geibfüke an. Als Material zum Drucken dienten
eine gutzeiserne Kopierpresse (für wenige Mark belm
Trödler zu kaufen, seitdem Durchschläge mit der
Schreibmaschine gemacht werden), elne Gummiwalze
mlk Griff (ekwa 20 om breit), eine Spiegelglasscherbe
von ekwa 30X40 om, eine grotze Tube Drucker-
schwärze (Sapanaqua wurde mir zu teuer) und schlietz-
lich sog. Saugpost, ein gut saugendes Papier, vom
Schulbüro zur Berfügung geskellk. Anfangs druckke
ich selbsh später besorgken es etliche geschickte Kna-
ben in jeder Klasse. Beim Ausschneiden im Linol
hielt ich streng darauf, datz das Mesler von der fest-
halkenden linken Hand skeks weggefllyrt wurde: wenn
es also einmal ausrutschte, konnte nichks passleren.
So erreichke ich, datz während des ganzen, ekwa zehn
Wochen dauernden Kursus keine erhebliche Schnikt-
verletzung vorkam.

Die Fachberatung

Bon F. Müller, Kolberg.

Cs isk gut, den Dingen, die verworren und un-
gebärdig scheinen, gerade ins Gesicht zu sehen, vlel-
lelchk zeigen sie sich dann ordnungsgemätzer und
menschlicher. Das verworrene Aussehen und das un-
gebärdige Wesen sind ja gerade die Folgen dieser
ungenauen Bekanntschaft mit ihnen, nämlich der
mangelnden Einsicht in ihren Sinn und Zweck und
der damit verbundenen falschen Behandlung und An-
wendung. Zu den nicht ganz abgeklärken Angelegen-
heilen im Berufsleben der Zeichenlehrer kann man
die Einrichkung der Fachberalung rechnen, die, so
alk sie iminer lst, noch alS ein „Kind aus der Fremde"
erscyeint, und die man sich fast gewöhnk hat, als ein
„nokwendiges Uebel" zu bekrachken.

An sich sollke sie elne gute Sache sein, denn was
vernünfkige und verankworlungsbewuhte Menschen
s. Zk. für nökig hielken und Ins Werk sehken, mutz
doch wohl den Skempel des Guken an sich tragen.
Freilich kann jede guke Sache, sobald sie den Hän-
den ihrer Urheber entglilten ist, sich auch nach der
schlechken Seike enkwickeln, was erfahrungsgemätz
recht ofk geschiehk. " ^-

Um den Zeichenunkerrichl in einem grotzen Staat
zu heben, wurden vor mehr als zwei Sahrzehnken
„Zelchenrevisionen" eingerichtet. Bon der Wirksam-
keit der dazu befkellken Beamken, die aus den Pro-
fesiore» der Zeichenlehrerbildungsanstalten gewählk
wurden, erwarkete man eine erhebliche Förderung
dieses Unkerrichts. Ob üiese Förderung eingetreten

ist, mlltzke sich nun nach so langer Zeit übersehen
lasien. Es scheint aber, datz sie, wenn überhaupt vor-
handen, sehr gering ist und sich haupksächlich auf
äutzere Dinge bezieht. Oedenfalls, was die Zeichen-
lehrer von dieser Einrichkung erhofften, nämllch eine
besiere Werkung und Stellung ihres Faches, Ist durch
die Tätigkeit der Zeichenrevisoren weder unmitkelbar
noch mittelbar bewirkt worden, obwohl allgemein
anerkannk werden mutzte, datz eine besiere Wertung
des Zeichnens berechtigt und durch die ernste Arbeit
der Zeichenlehrer wohl verdient war. So mutzte die
freudige Begeisterung, mil welcher dle Zeichenlehrer
Lie Fachrevisionen begrützt hatten, elner gedrückken
Skimmung weichen, um so mehr, als mit der Zeit
unverkennbar wurde, wie die amtlichen Revisions-
berichke elnen üblen und unverdienten Lohn für harte
und treue Berufsarbeit darstellken, dle oft unter den
schwierigsten Berhälknisien und nur unker Einsetzung
der ganzen Persönlichkeit zu leisten möglich war.
Denn als Einzelner stand der Zeichenlehrer an selner
Schule einer Masse Andersgearkeker gegenüber, ein
einzelner Mensch gegen eine Well. Der Sdealsinn
einer arbeiksfreudigen Berufsgruppe war auf eine
harte Probe geskellt. Aber jeder Sdealismus mutz
unker dem Druck der äutzeren Berhältnisse nachlasien.

Das lst allgemein menschlich. Dennoch flammt er
immer wieder auf. Er gibk uns ja die Ho fnung ins
Herz, ohne die es uns so schwer fällt, zu leven und zu
wirken, eine Hoffnung, die wir noch am Grabesrande
aufpflanzen, wenn unser Leib dahinsinkt. Ls leuchket
unserer Seele nun ja auch bereits ein schönes Llcht:
 
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