72.
sür die eigenlliche ästhetische Bewichtseinsbildung
reif wirö. DaS bewustke, ans chinere greifende Ge-
siihl filr Linie, Nhykhmus, Form, Farbe, Äaum, das
eigenlliche Verständnis für alles lebendig Schwin-
gende in der Kunst wird erst dem Zlingling von 16
biS 18 llahren, der sinnlich, seelisch, geistig seiner be-
wuszt geworden ist, ausgehen liönneiu Zicr die Ent-
ivicklung,' dle Linwirliung abzubrechen, zu unker-
brechen oder zu vcrzelteln, hier den eigentlichen
Kernuntcrricht, Las Freihandzeichnen, durch Zand-
sertiglieik, darstellende Geomelrie oder seibst Kunst-
geschichte zu erselzen, oder gar hier dem Schliler zu
sagen: daS hast du nicht mehr nötig! — kann nur
auS eincr Cinstellung geschehen, die von alledem
»ichls weijz oder nichts wissen will.
Die Lelitllre deuischer und fremdsprachlicher Dich-
lungen auf der Oberstufe einzustellen, dem Schüler
die Schähe der Literatur seines Volkes vorzuent-
halten, vder wenn man sie ihm bietet, ihn im sprach-
lichen Ausdruck, in seiner sprachlichen Kulkur zu ver-
imchlässigen oder sich selbst zu überlassen, aus jede
Linwirkung, jede Selbjttätigkeit in sprachlicher Be-
ziehung zu verzichken, — daran hat noch kein Schul-
mann gedachk und wird keiner denken. — Bedeutet
die Kulkur seines Auges und seines ästhekischen Be-
wusztseins auf üem Gebiete bildhaster Gestaltung für
ihn, fllr seine „Bildung" so viel weniger als die
seiner Sprache? Dabei sind wir heute endlich wie-
der so weit, fllr die Aetrachkung von Werken der
Dichtkunst von der naturwissenschafklichen Methode
abzukommen, die „Gestalt"forschung geaenüber der
Gehaltforschung zu belonen und im Anschlusz an
Wölfflinsche BetrachlungSmekhoden eine „wechjel-
seitige Erhellung der Künste" zu suchen. — „Sehen"-
und „Hören"-Lernen in Len Schwesterkünsten! —
Bgl. hierzu Oskar Walzel „Gehalt und Gestalt im
Kunstwerk des Dichters, besprochen auch in diesen
Blättern!
Erst jn ilahren wird eä möglich jein, ein einheit-
iiches Äild all dessen zu geben, was heule aus den
verschiedenen Ouellgebieten an Neuem dem Zeichen-
unterricht zufliehk. llahre wird es dauern, bis wir
eine annähernd einheiklich gebildete deutsche Ieichen-
lehrerschafl ausweisen können. Ersk wenn wir diese
haben, wird der Zeichenunkerricht ganz erfüllen kön-
nen, was seine Aufgabe lst. Und erst eine Genera-
tion, deren Fähigkeiten wirklich geweckt und ihr
bewuht geworden sind, erst eine Lehrergenerakion,
die auch in den Hahren ihrer Fachausbildung ihr
Auge und ihr ästhetisches Gefühl und nicht nur den
ö.F.e
/V.
--
Sci 50 /rär/c/,-?/- ä 70 />/§. ?v- /w
mii LlkM-iisIiem
I^ÄcliSt-gummj Summidänclsi'
I^ÄUtsQ Ii u k-Ko p I s i-b I Ltts >-
WGMMWL-WMWV
i-i^i^i l^iOVLi-r-wO
5ur U-n/UVI>,WIlI»WI I lIi
6ol»Mep Zs. I,01N5 i 90^t.O/cSL^L.1905
iiollsLion l Lerieliat unä ewpkeliiet äle LrreuLnisse äer im vorlleLenäeu /inreigentell entlrsltenen Oesckklte
sür die eigenlliche ästhetische Bewichtseinsbildung
reif wirö. DaS bewustke, ans chinere greifende Ge-
siihl filr Linie, Nhykhmus, Form, Farbe, Äaum, das
eigenlliche Verständnis für alles lebendig Schwin-
gende in der Kunst wird erst dem Zlingling von 16
biS 18 llahren, der sinnlich, seelisch, geistig seiner be-
wuszt geworden ist, ausgehen liönneiu Zicr die Ent-
ivicklung,' dle Linwirliung abzubrechen, zu unker-
brechen oder zu vcrzelteln, hier den eigentlichen
Kernuntcrricht, Las Freihandzeichnen, durch Zand-
sertiglieik, darstellende Geomelrie oder seibst Kunst-
geschichte zu erselzen, oder gar hier dem Schliler zu
sagen: daS hast du nicht mehr nötig! — kann nur
auS eincr Cinstellung geschehen, die von alledem
»ichls weijz oder nichts wissen will.
Die Lelitllre deuischer und fremdsprachlicher Dich-
lungen auf der Oberstufe einzustellen, dem Schüler
die Schähe der Literatur seines Volkes vorzuent-
halten, vder wenn man sie ihm bietet, ihn im sprach-
lichen Ausdruck, in seiner sprachlichen Kulkur zu ver-
imchlässigen oder sich selbst zu überlassen, aus jede
Linwirkung, jede Selbjttätigkeit in sprachlicher Be-
ziehung zu verzichken, — daran hat noch kein Schul-
mann gedachk und wird keiner denken. — Bedeutet
die Kulkur seines Auges und seines ästhekischen Be-
wusztseins auf üem Gebiete bildhaster Gestaltung für
ihn, fllr seine „Bildung" so viel weniger als die
seiner Sprache? Dabei sind wir heute endlich wie-
der so weit, fllr die Aetrachkung von Werken der
Dichtkunst von der naturwissenschafklichen Methode
abzukommen, die „Gestalt"forschung geaenüber der
Gehaltforschung zu belonen und im Anschlusz an
Wölfflinsche BetrachlungSmekhoden eine „wechjel-
seitige Erhellung der Künste" zu suchen. — „Sehen"-
und „Hören"-Lernen in Len Schwesterkünsten! —
Bgl. hierzu Oskar Walzel „Gehalt und Gestalt im
Kunstwerk des Dichters, besprochen auch in diesen
Blättern!
Erst jn ilahren wird eä möglich jein, ein einheit-
iiches Äild all dessen zu geben, was heule aus den
verschiedenen Ouellgebieten an Neuem dem Zeichen-
unterricht zufliehk. llahre wird es dauern, bis wir
eine annähernd einheiklich gebildete deutsche Ieichen-
lehrerschafl ausweisen können. Ersk wenn wir diese
haben, wird der Zeichenunkerricht ganz erfüllen kön-
nen, was seine Aufgabe lst. Und erst eine Genera-
tion, deren Fähigkeiten wirklich geweckt und ihr
bewuht geworden sind, erst eine Lehrergenerakion,
die auch in den Hahren ihrer Fachausbildung ihr
Auge und ihr ästhetisches Gefühl und nicht nur den
ö.F.e
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