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Bund Deutscher Kunsterzieher [Hrsg.]
Kunst und Jugend — N.F. 7.1927

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Heft 4 (April 1927)
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Schubert, F.: Die Philologen und wir
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https://doi.org/10.11588/diglit.23855#0102

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dev Volksjchullehrer hervorgegcingen lind, nicht nm
Aussüeg hindern will, gehl aus znhlreichen Auslns-
sungcn der preuszischen Lehrerzeilung und nndern
Örgnnen der Lehrerschnfl hervor.

Die genttgend gekennzeichneten Artikel des Herrn
Lngel werden nnscheinend von Philologen krikiklos
nlS Ilnterlngen zu Auslnssungen in der Tngespresse
denuhk, wle ein solcher im „Hnnnoverschen Tage-
dlntt" vom 24. Oktober 1S2ä beweist. Linsichlsvolle
Pndngogen und Mitglieder der stndtischen Schul-
dehörde hnben diesen Arlikel durchaus verurteiil
und offen nusgesprochen, ünsz svlche Lrörterungc»
nicht in die TngeSzeitungen gehören, wo sie von den
Schttlern gelesen werden, üie in ihrein vorlchnellen
Ilrkcile sehr dedenkliche Folgerungen für ihr Ver-
hnlten iin Ilnkerricht ziehen könneii. Es handelt sich
nlso auch um eine Sache der Erziehuug, und nichl
iinuiec richket sich dns absprechende Urteil der Leser,
wie benbsichtigk, gegen die Kunstlehrer.

Wir erfahren also aus nll den „Kundgebungen",
ünsz die Besoldung einer Anzahl „Nichtakndeiniker"
nn dec höheren Schule nach Gruppe X nicht dns
Aufregendste ftir vielc Philologen isk. Es ist dic
„iiiiszbräuchliche Berleihung deS StudienrnlS", die
wle eine Mine iui skagnierendeii Grnbenwasser ge-
plaht ist. Die Auitsbezeichnung Studienrat wird
aber in ihrer Mirkung nuf die liniwelk jenseits des
Grabens von Philologen und auch von uianchen
Zeichen- und Alusiklehrern ttbcrschnhk. Die Zeik isl
einer solchen Ausfnssung nichk gttnstig. Und wenn
eS unker den beförderten Kunsklehrern Leute gibk,
die iui „Skudienrnk" ein dekorntives Aushängeschild
erworben zu haben glnuben, dnnn gleichen sie deiu
Meuschen, von dem Peskalozzi sngk, daß er „eiiieu
Aiug nn der Nase nichr nchkek als sich selber".
Lruste Menschen küiinen dazu nur lächeln. Aber
wlr lächeln nichk ttber eine solche Ainksbezelchnung
in der Schule, denn dort hnt sie einen nusgleichen-
den Wert und eine erzieherische Aufgnbe. Sic
soll verhindern, d n sz h e r a n wa ch s e n d e,
junge M e n s ch e n G r ä b e n ziehen i»
ihrer Achkung vor d e n L e h r e r n u n d da -
uiit den Werk deS ihnen gebotenen A n -
kerrichks n n ch ü u sz e r l i ch e n Gesichts-
punkken nbstufen. Dn sind wir vollständig
der Meinung cines andern Oberstudiendirektors iu
Frankfurt nui Adain, der in eiuer guten Skiinde
die Ansicht äuszerke, dasz alle Lehrer, die für würdig
bLfunüen wiirden, nn der höheren Schule zu unter-
richken, gleiche Aesoldung und Auiksbezeichnung
hnbcn müszkeii ohne Nücksicht nus Ilnkerrichksfach
und Vorbildung. Das ist eine scharfe aber gerechte
Verurkeilung der Gräbenpolitik.

Die Kunskerzieher sind ihrer gnnzen inneren
Skrukkur nach nicht fttr parkei- Kek standespolikische
Käinpfe geschnffen. Viel lieber gehen sie in Frieden
an die Lösung der Aufgaben, die ihnen der neu-
zeitliche Kunstunterrichk In reicheui Masze stellk. Nui
ungern sind wir dcshalb an die Abwehr der vielen
öffenklichen und verskeckken Angrlffe der Philo-
logenverbände — es liegen uns noch mehr vor —
gegnngen. Mit voller Absichk — nicht aus
Schwäche „subalterner Geister" oder weil wir nui
eine kleine Gruppe sind — haben wir uns Nesecve
auferlegk. Es isk geschehen einmal aus Achkung

vor dem Wissen und Wirken der Philologcn, wofür
wir uns auch durch die Gräbenpolitiker den Aiick
nicht trüben lnsjen; dnnn nber auch, uui die Atmo-
sphäre an den höheren Schulen zu enkgiflen. ES
geschah vor nlleui nus Dankbarkeit gegen die sehr
vielen vorurteilslosen, uns uud unsecer Arbeit wohl-
gesiiinten Männer unker den Philologen. Wir leb-
ken der Hoffnung, dasz ihr Aoröild die Auswirkun-
gen der vollständig abweaigen, den Zwecken der Or-
ganisakion nur hindeclichen Gräbenpolitik abflauen
lassen würde. Das Gegenkeil ist eingetreten. Der Aor-
sikende des Aeichsverbandes nkadeinischer Zeichen-
lehrer und der der verelnigten Kunsterzieher Preu-
szenS haben dle enksprechenden Spihenorgnnisationen
der Philologen gebeten, den Kampf gegen uns ein-
zustellen oder mindestens den verhehenden und ver-
lehenden Ton zu lassen. Umsonst, die Antworten
waren abschlägig und demütigend. hmmer noch
wurde bei uns der Abwehrkampf abgeblasen. heht
nber geht man, wie bewiesen, dazu über, di«
Tagespresse gegen den Aufstieg der Kunstleh-
rer mobil zu niachen.

Dn musz es mit der Zurllckhaltung oorbei sein.
So dankbnr wir den uns wohlwolleiiden Philologeu
find, so scharf werden wic uns gegen die übelwol-
leiiden wenden. Und nach den für Herrn Dr. Boh-
len „allgemein üblichen Grundsähen" dürfen er und
leine Hinterleute sich nicht wundern, wenn es über
den Gcaben hinüber schallt, wie es herllber schallt.
Und Kunst bringt auch Gunst, uian vergesse das
nicht. Mir denken gar nicht dacan, den üurch harke
Arbeit an uns, im Unterricht, in unseren Arbeiks-
gemeinschaften und durch unsere Orgnnisation er-
rungenen bescheidenen ideellen und materiellen Auf-
schwung einer „falsch v e r st a n d e n e n Stnn-
desehre" zuliebe knmpflos zu opfern. Wir hoffeu
immer noch, dnsz eine weikere Aerschärfung unter-
bleibki denn eine Aeeinträchklgung der Besoldung
der Philologen ist auch unser Schade, weil daS Mah
sür unser Eiiikommeii doch das der Philologen
vleibt, sie mögen wollen oder nichk. Aber die
geschlagene Vcücke wird gehalten, dns
sind wir den noch nicht Aeförderten schuldig, be-
sonders denen mit grauen Haaren, die ohne ver-
dienke Anerkennuiig unter dem schweren Druck
ihrer zwiespälkigen Stellung ihre Schuldigkeik ge-
knn hnben. Alle Beamte, nichk am wenigsten die
Philologen, führen mit Nechk bitkere Klage darüber,
dasz von vielen Seiken, besonders aber von der
Wirtschafk, gegen sie geheht wird. Wer wird sich
noch darllber wundern, wenn Veamte gegen Ae-
amke — Philologen gegen die Kunstlehrer — kroh
engster Arbeiks- und Lebensgemelnschafk ebenfo vor-
gehen?

Wir leben in der Zeit der Erinnerung an den
groszen Meiischenfreund und Pädagogen Peskalozzi,
und elne ganze Anzahl Philologen haben sich in tief-
gcündigen Vüchern, Abhandlungen und Neden mik
ihm und seiner Bedeutuna für die höhere Schule
beschäftigk, obwohl „der Armennarr von Neuhof,
Stanz und Burgdorf" keine abgeschlossene akade-
mische Bildung hatke und nicht orlhographisch rich-
tig chreiben und nichk rechuen konnte. Sie haben
wohl auch betonk, dasz seine geniale Schöpferkraft,
angekrieben durch seine grojze Menschenliebe, das
Ziel verfolgke, durch Anterrichk und Erziehung Li«
 
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