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Bund Deutscher Kunsterzieher [Hrsg.]
Kunst und Jugend — N.F. 7.1927

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Heft 10 (Oktober 1927)
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https://doi.org/10.11588/diglit.23855#0265

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werde», dcijz mtter dem Vorwnnde von geisiiger
uiid körperlicher Freiheit, die nian unter Opfern
unü Verfolgung fördere, eine Geschäftemcicherei am
Werlie ist, üie an offenbarer Unwahrhaftigkeit ihres-
gleichen sucht. Man kann nicht zugieich die Sache
einiger ehrenhafter Ileberzeugken vertreken und
zugleich auf gewlsse krtibe önstinkte des Alensäien
in dec abgefeiintesten Weise Spekulationsgeschäfte
machen, indem inan wahllos Nuditäten der an-
rüchigsten Sorte verfchleiht. Allein es wäre übel
getan, wlder dieses Gesindel üie Dolizei zu Hilse
zu rufen. Hier kann nuc eines helfen: Velehrung,
-öildung des Geschinackes und des Gefühies für
die echte Würde des KörperS nttt allen Mitteln.
Prüderle aber, Nudikätenschnüffelei, falsche Sitt-
sainkeit, Tugendwächterei betreiben wider ihren
Willen eben die Geschüfte jener zahllosen Wlnkel-
blükter, denn deren Kundenkreis setzt sich zum grötz-
ten Teil aus Vedauernswerten zusammen, d!e, was
fle nichl getrost nach Hause tragen dürfen, wenig-
stens elnmal schwarz aus weitz besttzen wollen. Und
so wäre denn zu veriangen und zu fordern, dasz
sich die echten und ehrlichen Elemente der Körper-
kullurbewegung endlich auf das entschiedenste von
jeder Vruderschast mit den ungeistigen, unslttlichen
und unwürdigen Geschäftemachern lossagen. Denn
einzig der Geist kann den Anspruch, auf seine Faj-
son selig zu werden, erheben und ertragen."

Vom Geiste jüngster Malerei.

2m Zusammenhang mit einer Besprechung der
Soinmerausstellung der Alünchener Sezession schreibt
2oses Popp im Augustheft des „Kunstwart" u. a.:

„Man bezeichnet in den Kreissn, die der neuen
Literakur und Kunst miszgünstig sind, deren geistige
Haltung gern als „Seelenbolschewismus". Ein ge-
hässiges Schlagwort, üas auf diesen oüer jenen Mit-
lüufer und Aachläufer passen mag, üer sein ent-
wurzelles Wesen mit anarchischen Kapriolen ver-
hüllt: nicht abec trifft es das Ganze. Alles Ne-
volutlonäre !st seit dem Expressionismus verrauscht.
Ls besteht eher ein skarkes Verlangen nach Auhe
und Verinnerlichung: „Auf den Wegen üer Seele"
ist üiese Kunst mehr als die der neunziger 2ahre,
wofür Przpbvszewski jenes Wvrk geprägt hat. Erst
ist es ein Auflockern der Seele fiir die sinnenhasten
und geistigen Lindrücke, noch überwiegt ein passives
Hingegebensein an die innere und äujzere Welt:
es fehlt der Üptimismus und die Kraft einer posi-
tiven LebenSanschauung: deShalb keine alttive, skark
persönliche Auseinandersetzung mit der Welk, - um
dadurch zur eigenen Setzung zu kommen. So man-
gelt der Ausstellung auszer dem zuchthäuslerisch
aufgezogenen Schulhof und einer anrüchigen Ar-
beilerkneipe alles irgendwie Aufstachelnde. Was
in Bildnissen manchmal wie tendenziöse Verelen-
dung erscheinen mag, ist mehr der Niederschlag einer
linkilchen Ehrlichkeit, die auch das weniger An-
genelzme unbestechlich geben will.^Iin Letzten ist sol-
ches dec Widerhall des Sich-Vereinsamtmhlens, des
LeiüenS unker üer Härte und Schwere oes Lebens,
ein scheueä Milleid und Fragen nach den Nätseln
des Daseins, ein Sich-Vescheiden und den Dingen
Gleichwerden: etwas, das der frllhere Realismus
mik svlch innerer Anteilnahme und Schicksals-
gemeinschaft nicht zu geben vermochte. Er hak es

nicht empfunüen. Spätere werden das eininal nls
einen kypischen Ausdruck unserer allgemeincn ^col-
lage feststellen, Gegenwärtige sehen darin einen
neuen Weg zur groszen Einheit mit allen Seienden,
lnnerhalb üessen der Mensch keine Sonüerexistenz
beanspruchen will. Acir erjcheint solche AnspruchL-
losigkelt zu bescheiden: die Atmojphäre üeS A!en-
schen ist nun einmal eine andere als jene ües Tie-
res, der Pflanzen und der Dinge, wenn sie tausend-
mal ein und derseibe Stosf mit jenen verbindet:
ich wünschke mir dieses eigentüintich Menschliche
in seiner Schönheit, Krast und Eigenart anschau-
lich gemacht — auch wenn wir blotz ein Tropsen
am Limer sind. Gegenüber dem erregten und allzu
lauten Gottesringen der Lxpressionisten hat die
Neligiosität dieser Künstler etwas üngsllich Scheues.
Selbst Laspars frühlingshaft umleuchtete Auf-
erstehung Lhristi ist davon nichl fcei, Eberz' Ge-
stalten kennzeichnet Aehnliches, bei Pilarz gcht es
bis zur Hilflosigkeit. Aus fast kindlicher Venom-
menheit kommt eS nicht zur Andacht. Des Vild-
nisses habe ich schon gedacht. Selten begegnet man
einer innerlich sreien, jelbstsicheren, starken Per-
sönlichkeit. Das Leben dieser Menjchen zieht sich
mehr ins Vegetabilische und Stillebenmätzige zurück.
Weibliche Anmut wird zu kümmerlicher Gouver-
nantenart, spröder Spitzigkeit oder Eckigkeit: nichl
einmal üer harmlose Lhik unserer kurzrockigen
Mädels spricht zu diesen Künstlern: sie sinü wie
mürrische Asketen, die sich selbst mijztrauen. So
fehlt auch dem Akt alle frohe Sinnenhaftigkeit: am
besken ist er als kubtscher Wert, als Vauelement
für das Näumliche — immer erwächst er aus einer
biederen Vravheit, die sür üie Hecrlichkeit deS
menschlichen Gewüchses nur matte Augen und eine
schwece Hand hat. Das Genrebild, dem mit Nechk
die Vortiebe weikerer Kreise gehört, wird nur
kümmerlich gepflegt: ohne jeglichen Humor und Ein-
fall, splejzerhaft trocken, mit gelegentlicher Vana-
lität und Vrutalität. Ein so derb gesundeS und in
seinem Gegensatz amüsantes Stück wie der „Var-
koch" von Henselmann bildet eine wohltuende Aus-
nahme."

(Fvrtsetznng fvlgt.-

Villige Lichlbilder. Die Würkt. Arbeitsgemein-
schaft für bildhaftes Gestalten betcachtet es als eine
ihrer Äufgaben, Lichtbilderreihen fllr üen Zeichen-
und Kunskunterricht zu schaffen. Vorerst sind drei
Aeihen fertig, und zwar

1. Neihe: Zur Gefchichte der Schrift (init Ab-

sicht aus öen Unkerricht in der Kunst-
schrift) und die Grundlagen deS Unter-
richts in der Kunstschrift.

2. Neihe: Schwarz-Weitz im Kunstunterricht

(Schüleraroeiten und Kllnstlerarbeiken).

3. Neihe: Werke der primitiven Kunst, aufgenoin-

men auS Vestünden des Stullgarler
Lindenmuseums.

Die Neihen 1 und 2 sind von der Württ. Vildstelle in
Stuktgart, Neckarskr. 3VK-, in vorzüglicher Weise
hergestellt worden.

Auf mannigfache Anregungen auS den Krcisen der
 
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