widrig wäre, die Tüchkiglreit der Leislung in der
Gielchurkigkeik deS bildlichen Ausdrucks zu sehen,
wähcend gercide seine iudividuelle Ausprägung die
ernske Arbeik der Schule durkun würde. Wir wer-
den aber iiiimer wieder erleben, daß lowohl Einzel-
personen alS auch Koinmissionen, welche Zeichnun-
gen und dergleichen beurleilen sollen, diese nach
einem persönlich gefaßken lldealbild abwägen, ge-
wisserinaßen nach einem Äezepk, das persönlich zu-
geschnitken ist.
Gröszere Vebeutung als diese individuelle Ver-
schiedenheit hat für den Kunstunkerricht das all-
mähliche Wachsen der menschlichen Seele. Die
alke Seelenlehre, nach welcher die Seele etwas Fer-
liges ist, mag es verschuldek haben, dajz dieses Seelen-
wachstum im Kunskunkerricht lange Zeit nicht aus-
reichend beaäzkek wurde. Der seelische Ausdruck des
Kindes kann nicht der des Mannes sein. Das weiß
man niin freilich und handelt nach oieser Erkennt-
nis. Aber die moderne Kinderforschung scheint in
ihrem Eifer vergessen zu haben, dajz im steken
Wachskumsverlauf aus Kindern Männer werden,
und so scheink sie bei der Vermeidung des einen
Fehlers in den Liikgegengeselzken zu fallen, die Er-
wachsenen alS Kinder zu behandeln. 2n kunstpäda-
gogischen Auslassungen ist nämlich in letzter Zeit
immer nur vom „Kind" und lediglich voni „Kind"
die Nede, die Kunsterzlehung des jugendlichen Men-
schen, der nicht mehr „Kind" ist, scheink zu kurz
zu kommen. Oder sind es alles nur Kinder, die
eine hähere Schule besuchen? l!m wissenschafklichen
Ankerrichk werden 17—20sährige Menschen jeüen-
falls nichk mehr als solche behandelt.
Aei dem Suchen nach der Grenze zwischen der
Seele des Kindes und der deS Erwachsenen ist man
auf die Zeit der Geschlechtsreife gestoszen und hat
behauptet, üasz durch diese KLrperliche und seelische
Wandlung neben vielen andern Wirkungen auch
die eintreke, datz das naive und phankasiemäßige
Schaffen ganz aufhöre. Nach dieser Enkwicklungs-
zeik sollen es nur noch „einig e" junge Leute sein,
die überhaupt phankasiemäßig geskalken können. Der
Schein spricht für diese Behaupkung, aber der Schein
krügk. Nichtig ist, dajz um diese Zeit das naive
Schaffen aufhört, aber das hak mit der Puberkät
nichts zu tun, sondern mit der Entwicklung des
logischen Denkens, der Steigerung der Urkeilskraft
und der Erhöhung der Selbskkrltik, die ihierseits von
dem Einkreten der Pubertät unabhängig sind und
deren Wirkungen sich auch schon vorher oder erst
lange nachher zeigen können. Daß aber das vhan-
tasiemäßige Schaffen überhaupt durch die Pubertät
beseitigt werde, ist schwerer iirrtum; eher könnte
daS Gegenteil der Fall sein. Denn von allen Seelen-
käkigkeiten wird gerade die Phantasie durch diese
körperliche und seelische Mmbildung am melsten an-
geregk. Wenn man glaubk, ihren Verlust feststellen
zu müssen, so war sis entweder schon vorher nur
gering, oder es fehlt ihr nun bei der Vorherrschaft
des abstrakken Denkens das bildsprachliche Nüskzeug.
Es handelk sich also in der Beziehung zwischen dem
Einkreken der Pubertäk und dem Aufhören naiven
Bildausdrucks um ein ungefähres zeikliches Zusam-
mentreffen, nicht um Ursache und Wirkung. Aufgabe
des Kunstunterrichts muß es eben sein, auch dem
Erwachsenen die bildsprachlichen Ausdrucksformen
zu schaffeni und so lange er daS nichk in gehöciger
Weise vermag, ist sein Ausbau nicht als vollendet
anzusehen.
Dir haben festgestellt, daß der seelische Ausdruck
durch Geste, Wort und Bild erfolgen kann und daß
alle diese Formen in innigem Zusammenhang stehen.
Es fehlt in dieser Einheit noch als nokwendlger Be-
standkeil die Musik, die sich den Gesetzen der übrigen
Formen zwangslos eingliederk. Von Lionardo da
Dinci wislen wir, dasz er gern gute Musik hörke,
wenn er bildkünstlerisch schaffen wollke und dajz er
sich durch sie zum Schaffen angeregt fllhlke. Es ist
auch bekannt, dasz Negerfrauen, wenn sie ihre kunst-
vollen Körbe flechten, gemeinsam dabei singen, und
vielleicht gehen wir nicht fehl, wenn wir den wunder-
baren Nhykhmus der Formen und des Zierwerks
ihrer Geräke mik der Muse des Gesanges in Be-
ziehung bringen. Doch das ist ein umfangreiches
Kapikel, auf welches wir im Nahmen üieses Aufsahes
nur hinzuweisen vermögen. Mag es uns zunächst
genügen zu wissen, daß die Ausdrucksforschung
manche Quelle erschliejzk, aus der wir im Kunstunter-
richt schöpfen können.
Srlindung dcr Nedisfeder! a»S dem Wsrk:
»VildhasteS Gelialten alS Aufgabe der Volkserziebung'
vo» E. Kolb lVsrlag tzolland L Iossnhans, Smttgart)
Gielchurkigkeik deS bildlichen Ausdrucks zu sehen,
wähcend gercide seine iudividuelle Ausprägung die
ernske Arbeik der Schule durkun würde. Wir wer-
den aber iiiimer wieder erleben, daß lowohl Einzel-
personen alS auch Koinmissionen, welche Zeichnun-
gen und dergleichen beurleilen sollen, diese nach
einem persönlich gefaßken lldealbild abwägen, ge-
wisserinaßen nach einem Äezepk, das persönlich zu-
geschnitken ist.
Gröszere Vebeutung als diese individuelle Ver-
schiedenheit hat für den Kunstunkerricht das all-
mähliche Wachsen der menschlichen Seele. Die
alke Seelenlehre, nach welcher die Seele etwas Fer-
liges ist, mag es verschuldek haben, dajz dieses Seelen-
wachstum im Kunskunkerricht lange Zeit nicht aus-
reichend beaäzkek wurde. Der seelische Ausdruck des
Kindes kann nicht der des Mannes sein. Das weiß
man niin freilich und handelt nach oieser Erkennt-
nis. Aber die moderne Kinderforschung scheint in
ihrem Eifer vergessen zu haben, dajz im steken
Wachskumsverlauf aus Kindern Männer werden,
und so scheink sie bei der Vermeidung des einen
Fehlers in den Liikgegengeselzken zu fallen, die Er-
wachsenen alS Kinder zu behandeln. 2n kunstpäda-
gogischen Auslassungen ist nämlich in letzter Zeit
immer nur vom „Kind" und lediglich voni „Kind"
die Nede, die Kunsterzlehung des jugendlichen Men-
schen, der nicht mehr „Kind" ist, scheink zu kurz
zu kommen. Oder sind es alles nur Kinder, die
eine hähere Schule besuchen? l!m wissenschafklichen
Ankerrichk werden 17—20sährige Menschen jeüen-
falls nichk mehr als solche behandelt.
Aei dem Suchen nach der Grenze zwischen der
Seele des Kindes und der deS Erwachsenen ist man
auf die Zeit der Geschlechtsreife gestoszen und hat
behauptet, üasz durch diese KLrperliche und seelische
Wandlung neben vielen andern Wirkungen auch
die eintreke, datz das naive und phankasiemäßige
Schaffen ganz aufhöre. Nach dieser Enkwicklungs-
zeik sollen es nur noch „einig e" junge Leute sein,
die überhaupt phankasiemäßig geskalken können. Der
Schein spricht für diese Behaupkung, aber der Schein
krügk. Nichtig ist, dajz um diese Zeit das naive
Schaffen aufhört, aber das hak mit der Puberkät
nichts zu tun, sondern mit der Entwicklung des
logischen Denkens, der Steigerung der Urkeilskraft
und der Erhöhung der Selbskkrltik, die ihierseits von
dem Einkreten der Pubertät unabhängig sind und
deren Wirkungen sich auch schon vorher oder erst
lange nachher zeigen können. Daß aber das vhan-
tasiemäßige Schaffen überhaupt durch die Pubertät
beseitigt werde, ist schwerer iirrtum; eher könnte
daS Gegenteil der Fall sein. Denn von allen Seelen-
käkigkeiten wird gerade die Phantasie durch diese
körperliche und seelische Mmbildung am melsten an-
geregk. Wenn man glaubk, ihren Verlust feststellen
zu müssen, so war sis entweder schon vorher nur
gering, oder es fehlt ihr nun bei der Vorherrschaft
des abstrakken Denkens das bildsprachliche Nüskzeug.
Es handelk sich also in der Beziehung zwischen dem
Einkreken der Pubertäk und dem Aufhören naiven
Bildausdrucks um ein ungefähres zeikliches Zusam-
mentreffen, nicht um Ursache und Wirkung. Aufgabe
des Kunstunterrichts muß es eben sein, auch dem
Erwachsenen die bildsprachlichen Ausdrucksformen
zu schaffeni und so lange er daS nichk in gehöciger
Weise vermag, ist sein Ausbau nicht als vollendet
anzusehen.
Dir haben festgestellt, daß der seelische Ausdruck
durch Geste, Wort und Bild erfolgen kann und daß
alle diese Formen in innigem Zusammenhang stehen.
Es fehlt in dieser Einheit noch als nokwendlger Be-
standkeil die Musik, die sich den Gesetzen der übrigen
Formen zwangslos eingliederk. Von Lionardo da
Dinci wislen wir, dasz er gern gute Musik hörke,
wenn er bildkünstlerisch schaffen wollke und dajz er
sich durch sie zum Schaffen angeregt fllhlke. Es ist
auch bekannt, dasz Negerfrauen, wenn sie ihre kunst-
vollen Körbe flechten, gemeinsam dabei singen, und
vielleicht gehen wir nicht fehl, wenn wir den wunder-
baren Nhykhmus der Formen und des Zierwerks
ihrer Geräke mik der Muse des Gesanges in Be-
ziehung bringen. Doch das ist ein umfangreiches
Kapikel, auf welches wir im Nahmen üieses Aufsahes
nur hinzuweisen vermögen. Mag es uns zunächst
genügen zu wissen, daß die Ausdrucksforschung
manche Quelle erschliejzk, aus der wir im Kunstunter-
richt schöpfen können.
Srlindung dcr Nedisfeder! a»S dem Wsrk:
»VildhasteS Gelialten alS Aufgabe der Volkserziebung'
vo» E. Kolb lVsrlag tzolland L Iossnhans, Smttgart)