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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 28.1917

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https://doi.org/10.11588/diglit.6187#0109

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197

Sammlungen — Forschungen

Die Kunstausstellung P. H. Beyer & Sohn in Leipzig

eröffnete aus Anlaß von Klingers sechzigstem Geburts-
tage Anfang Februar eine kleine, aber sehr gewählte und
nteressante Ausstellung Klingerscher Werke. Unter anderem
ist Klingers Gemälde »Die Quellnymphe«, 1892 in Rom
entstanden, ausgestellt, außerdem das frühe Ölbild Klingers,
der dekorative Entwurf zur Schmückung einer Saalwand,
der infolge eines Wettbewerbes noch auf der Berliner
Akademie entstand. Zahlreiche Aquarelle und Handzeich-
nungen, sehr schöne und bis jetzt noch nicht ausgestellt
gewesene Zustands- und verworfene Drucke zum »Zelt«
und eine große Anzahl anderer seltener Klingerscher
Blätter füllen die Räume der Beyerschen Ausstellung.
Besonders interessant ist die Ausstellung sämtlicher
Exlibris Klingers, die Dr. Hirzel zu diesem Zwecke zur
Verfügung gestellt hat.

SAMMLUNGEN
Das Kaiser-Wilhelm-Museum in Krefeld, das

bereits ein aus eigenen Mitteln erworbenes Gemälde von
Karl Schuch besaß, erhielt ein wertvolles zweites Still-
leben als Schenkung des Geheimrats Dr. ter Meer in
Ürdingen. Das zwischen 1887 und 1890 in Paris geschaffene
Bild zeigt auf weißgedecktem Tische eine Zinnkanne, rote
und gelbe Äpfel und frischgeschnittenen, zusammen-
gebundenen Spargel.

Das neue Rodin-Museum in Paris. Das Journal
Officiel veröffentlicht den Wortlaut des Gesetzes, welches
die Annahme der Schenkung und die Gründung und Ein-
richtung des Rodin-Museum verfügt. Die Schenkung be-
steht aus dem Besitze des Künstlers in Meudon, etwa fünf-
zehntausend Quadratmetern Gartenland mit zwei Wohn-
häusern und mehreren Atelierbauten, dem gesamten Inhalt
dieser Gebäude und den in der Stadtwohnung Rodins, im
ehemaligen Hotel Biron, befindlichen Kunstwerken und
sonstiger beweglicher Habe. Das Museum wird in dem
Hotel Biron eingerichtet, einem Stadtpalaste aus der Zeit
Ludwigs XV., worin bis zur Trennung von Kirche und Staat
ein Nonnenkloster mit einer Erziehungsanstalt für junge
Mädchen untergebracht war. Das Journal Officiel bringt
den ausführlichen Katalog des gesamten beweglichen Inhaltes
der Wohnungen und Werkstätten Rodins, und man ersieht
daraus, daß die Gabe einerseits nicht so umfassend ist,
wie man erwartet hatte, anderseits darüber hinausgeht. In
der Hinterlassenschaft oder der Schenkung eines Bildhauers
erwartet man vor allem die vollständige Sammlung seiner
Arbeiten in den nach der Ausführung in Marmor oder
Bronze beiseite gestellten Gipsabgüssen. So findet man im
Museum zu Angers beinahe lückenlos das Lebenswerk
Davids von Angers in Gipsabgüssen, und in Dijon sieht
man eine beinahe vollständige Sammlung der Arbeiten
Rüdes in solchen Abgüssen. Sonderbarerweise ist davon
nichts in der Liste der von Rodin dem französischen Staat
geschenkten Werke enthalten, welche Liste doch alle Schränke,
Stühle und Tische aufführt, die aus dem Besitze des Künst-
lers in den des Staates übergehen oder vielmehr über-
gegangen sind. Wie es scheint, hat Rodin diese Abgüsse,
nach welchen seine Arbeiten in Marmor oder Erz ausge-
führt worden sind, nicht behalten, und so wird das Rodin-
Museum bei weitem nicht vollständig sein. Dabei wäre
noch zu bemerken, daß diese Abgüsse nach dem Tonmodell,
welche dem ausführenden Steinhauer oder Gießer als Vor-
lage dienen, nicht mit den in den Handel gebrachten Gips-
abgüssen verwechselt werden dürfen: diese sind fast immer
schlechter als Ausführungen in Stein oder Erz, jene dagegen
zeigen die Absichten des Künstlers fast immer unmittelbarer
und unverfälschter als die Arbeiten in Stein oder Metall.

Es ist daher eine große Lücke des Rodin-Museums, wenn
diese Gipsmodelle wirklich fehlen und nicht nur aus irgend-
welchen Gründen aus der Liste des Journal Officiel ge-
blieben sind.

Nach dem Ausbleiben der Gipsmodelle ist man nicht
mehr enttäuscht, in der Liste gerade die bekanntesten Ar-
beiten Rodins, auf welchen sein Ruhm vorzugsweise be-
ruht, in dem Kataloge vergebens zu suchen. Von dem in
Nancy stehenden Denkmal für Claude Lorrain ist nichts da,
von dem Balzac nichts, von Victor Hugo nichts, von den
Bürgern von Calais ein Kopf und eine Hand in Bronze,
und eine ganze Figur, die mit dem Schlüssel, in gebrannter
Erde, von dem Denker eine kleine Reproduktion in Bronze,
von Adam und Eva ebenfalls eine kleine Wiederholung in
Marmor, vom Kusse nichts. Ebenso fehlen auch die aller-
meisten der ausgezeichneten Büsten, und die Höllenpforte
wird so wenig genannt wie der Balzac.

Auf der andern Seite ist dann wieder mehr zu Stelle,
als man erwartet. Denn eine ganze Anzahl Arbeiten sind
in mehreren Exemplaren vorhanden: die BüsteClemenceaus
zweimal in Bronze, Dalou ebenso oft im nämlichen Material,
die Büste eines jungen Engländers gar dreimal und die
des Schriftstellers Henri Becque gleich viermal, noch dazu
in für den Handel reduziertem Maßstab. Vielleicht aber
sind die interessantesten Sachen in den Terrakotten enthalten,
die nur in Bausch und Bogen aufgeführt werden, und die
vermutlich aus Tonskizzen bestehen, die der Künstler hat
brennen lassen, um sie vor dem Untergange zu retten.
Ihrer sind rund hundert. Ihnen gesellen sich vierzig Zeich-
nungen, 39 gefüllte Skizzenbücher und dreihundert Aqua-
relle zu.

Alles in allem hat man bei dem Lesen dieser Liste
das Gefühl, daß Rodin in seinem Museum nicht sehr glänzend
vertreten sein wird. Der französische Staat wird aus dem
Luxembourg die dort aufgestellten zwanzig oder dreißig
Werke Rodins nach dem Hotel Biron schaffen müssen,
wenn der Besucher eine richtige Anschauung von dem
Können und Wirken des Meisters gewinnen soll.

FORSCHUNGEN

München. Über den bayerischen Barockbildhauer
Hans Reichel machte Dr. Rud. Arthur Peltzer in
einem im Bayer. Kunstgewerbeverein gehaltenen Vortrag
eine Reihe wichtiger Mitteilungen. Die Forschungen
Peltzers, die sich auf archivalische Studien stützen, klären
das Dunkel, das immer noch über dem Leben und Wirken
dieses aus Schongau stammenden Meisters des deutschen
Frühbarock liegt, wenn auch noch nicht ganz, so doch ein
gutes Teil auf. Bisher waren von Reichel nur der »Kampf
des Erzengels Michael« am Augsburger Zeughaus und der
Kreuzaltar in der dortigen St. Ulrichskirche bekannt. Nach
Peltzers archivalischen Funden darf man jetzt als gesichert
annehmen, daß Reichel um 1593 als Schüler des Giovanni
da Bologna in Florenz weilte, später von Augsburg aus
nochmals nach Italien ging und im Atelier seines Lehrers
das Modell zur »Geburt Christi« an der Domtüre zu Pisa
schuf, daß er 1595 für das Grabmal Herzog Wilhelms in
München die »Magdalena vor dem Kruzifixus kniend«
arbeitete, die sich jetzt in der Michaelskirche befindet, daß
zwischen 1605 der oben genannte Augsburger Kreuzaltar,
1607 die Michaelsgruppe entstanden sind. Seit 1612 ist
Reichel nicht mehr in Augsburg nachweisbar, 1620 model-
lierte er wahrscheinlich den Neptun vor dem Artushof in
Danzig. Aus dem Jahre 1628 stammt eine Zeichnung des
Brixener Erzbischofs. In Brixen scheint Reichel später
dauernd geblieben zu sein, 1636 wird er zum letztenmal
erwähnt. Höchstwahrscheinlich ist Reichel an der Pest
 
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