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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 28.1917

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199

Literatur — Krieg und Kunst — Funde

200

inmitten der Wirren des 30 jährigen Krieges gestorben.
Wieweit die übrigen Zuschreibungen Peltzers verschiedener
anonymer Arbeiten in Bayern an Reichel, wie z. B. des
großen Adlers vom Siegelhaus in Augsburg (jetzt im
dortigen Rathaus) gerechtfertigt sind, wird noch weiterer
Untersuchungen bedürfen. Mr.

LITERATUR

Die Klosterbauten der Zisterzienser in Belgien, im

Auftrage des Kaiserlich Deutschen Generalgouverne-
ments in Belgien herausgegeben von Paul Clemen und
Cornelius Qurlitt. Mit 29 Tafeln in Kunstdruck und
272 Abbildungen im Text. (Zirkelverlag in Berlin.)
Während der deutschen Kriegstagung für Denkmal-
pflege zu Brüssel im Sommer 1915 wurde der Wunsch
rege, über einige mittelalterliche Bauten Belgiens, die der
kunstwissenschaftlichen Forschung bisher so gut wie un-
bekannt waren, nähere Aufschlüsse zu erhalten. (Vgl. auch
»Kunstchronik« 1915/16, Nr. 32.) Gemeint waren die
drei Zisterzienserklöster Orval, Villers und Aulne. Diese
bedeutenden Bauten wurden im 13. Jahrhundert errichtet,
im 15., 17. und 18. Jahrhundert ausgebaut und während
der brabantischen Revolution im Jahre 1796, als die fran-
zösischen Republikaner den belgischen Liberalen gegen die
Österreicher zu Hilfe gekommen waren, durch die Fran-
zosen zerstört. Seitdem liegen die berühmten Bauten in
Trümmern, in wahrhaft großartigen Trümmern, gleich der
Ruine des Schlosses zu Heidelberg.

Die Ruinen von Villers und Aulne hatten schon unter
der belgischen Regierung dank der unermüdlichen Arbeit
der belgischen Commission royale des monuments et des
Sites ihre Pflege gefunden. Die Abteikirchen dieser beiden
Klöster waren unter der sorgsamen Leitung dieses Denk-
mälerausschusses, dessen Leistung volle Anerkennung ver-
dient, in ihrem Bestand in den wesentlichen Teilen ge-
sichert worden. Aber die im Privateigentum befindlichen
Bauten von Orval, auf die eben erst der Staat sich einen
Anspruch und eine Einwirkung gesichert hatte, waren in
ihrer Erhaltung ganz vernachlässigt: die reich gegliederten
Querschiffmauern der Kirche drohten einzustürzen. Die
belgische Regierung hatte unmittelbar vor dem Kriege
umfassende Erhaltungsarbeiten geplant. Der Kaiser ließ
sofort die nötigen Sicherungsarbeiten einleiten.

So kam die Anregung, die Ruinen auch wissenschaft-
lich zu erforschen und die Ergebnisse in einem würdigen
Werke zu veröffentlichen, gerade zurecht, und General-
gouverneur Frhr. v. Bissing nahm die Anregung freudig
auf. Er beauftragte Paul Clemen mit der Veröffentlichung.
Clemen mußte vor allem für eine sorgfältige Aufnahme
und Beschreibung der Bauten sorgen und wendete sich an
Cornelius Gurlitt. In Würdigung des für die Dresdner
Hochschule so ehrenvollen Auftrages bewilligte diese einen
namhaften Beitrag für die Aufnahmen, die unter Gurlitts
Leitung durch frühere und derzeitige Studierende der
Hochschule ausgeführt wurden. Unter den Mitarbeitern,
denen im Vorwort für Rat und Hilfe gedankt wird, erscheint
neben den Herren der Brüsseler Verwaltung sowie der
Militär- und Zivilbehörden auch der kunstverständige Prinz
Johann Georg, Herzog zu Sachsen. Paul Clemen hat den
einlietenden Text geschrieben, der in durchsichtiger wissen-
schaftlicher Klarheit und in ansprechender Darstellung die
Stellung der belgischen Klöster zu den Klöstern der übrigen

Christenheit darlegt. Clemen hat auch die weitschichtige
einschlägige Literatur zusammengetragen und so die weitere
Arbeit vorbereitet. Dazu haben Gurlitts Schüler unter seiner
Aufsicht die vielseitigen lehrreichen und genauen Zeich-
nungen und die Baugeschichten der einzelnen Klöster ge-
liefert. — Der wissenschaftliche Wert des Werks ist hoch
einzuschätzen, denn es handelt sich nicht nur um drei Dome
von mächtiger Ausdehnung, die an Größe und Eigenart der
Durchbildung mit den edelsten Werken des Mittelalters
wetteifern, sondern vor allem in Villers um eine zwar arg
beschädigte, aber doch in der ursprünglichen Gestalt klar
erkennbare bedeutsame Klosteranlage, die in vielen Be-
ziehungen über die Gestaltung dieser wichtigen mittelalter-
lichen Bauaufgaben kulturgeschichtliche Aufschlüsse gibt.

Die belgische Kunstgeschichte beschäftigt sich mit Vor-
liebe mit der Malerei des 15. und 16. sowie des 17. Jahr-
hunderts. Sie hat dagegen die Bauten des Mittelalters nicht
in gleicher Weise berücksichtigt. Ein Überblick über die
gesamte Baukunst Belgiens fehlt seit dem Erscheinen des
nun längst veralteten Handbuches der Geschichte der bel-
gischen Baukunst von Schayes vollständig. Nunmehr haben
drei der bedeutendsten mittelalterlichen Bauwerke Belgiens
durch deutsche Fürsorge im Kriege eine würdige Ver-
öffentlichung gefunden. Paul Schumann.

KRIEG UND KUNST
Aus den Verhandlungen über den Etat des Kultus-
ministeriums in dem Staatshaushaltsausschuß des preu-
ßischen Abgeordnetenhauses wird in der Presse berichtet:
Beim Titel »Kunst und Wissenschaft « wünscht ein Volks-
parteiler, daß in diesem Jahre ein größeres Gelände in
Berlin für Ausstellungszwecke bereitgestellt wird und daß
die inländische Kunst mehr berücksichtigt werde, nament-
lich durch starken Ankauf der Werke lebender Künstler.
Ferner wünscht er, daß die freien Meisteratelierstellen
wieder besetzt werden. Der Minister ist bereit, den in
schwieriger Lage befindlichen Künstlern soweit als möglich
zu helfen. Ein konservativer Redner wünscht außerordent-
liche Vorsicht beim Ankauf moderner Kunstwerke; er bittet,
bei den Friedensverhandlungen die Kunst zu berücksichtigen
und die Werke, die uns in früheren Kriegen abgenommen
wurden, wieder zurückzufordern. Ein Volksparteiler ver-
langt, daß man dem bayerischen Beispiel folge und mehr
Geld für den Ankauf von Werken auf Ausstellungen aus-
gebe. Er regt auch die Entsendung von Abgeordneten in
die Kunstkommission an. Ein anderer Fortschrittler rügt die
starke Zurückhaltung der Nationalgalerie bei Ankauf der
Werke lebender Künstler. Man sollte die Werke überhaupt
mehr von Künstlern kaufen als von Kunsthändlern. Ein
Zentrumsredner wünscht, daß zeitig dieHeldentaten unserer
Krieger in würdiger Form künstlerisch verewigt werden,
die Fehler früherer Zeiten müssen vermieden werden. Zur
Lösung dieser Frage soll man die Künstler hinzuziehen.

FUNDE

Ein bronzezeitliches Gräberfeld aus der ältesten
Bronzezeit ist jetzt auf dem Weinberge bei Moser im Kreise
Jerichow gefunden worden. Es enthält Tongefäße und
einen Depotfund von sieben Ringen. Die Stücke wurden der
vorgeschichtlichen Abteilung des Berliner Museums für
Völkerkunde überwiesen.

Inhalt: Waldemar Rösler. Von Glaser. — Oustav Schönleber f; Friedr. Otto Gebier f. — Personalien. — Wiederherstellung des Schaffhausen er
Hauses zum Ritter. — Ausstellungen in Düsseldorf, München und Leipzig. — Das Kaiser-Wilhelm-Museum in Krefeld. Das neue Rodin-
Museum in Paris. — Vortrag im Bayer. Kunstgewerbeverein über Hans Reichel. — Die Klosterbauten der Zisterzienser in Belgien, heraus-
gegeben von Paul Clemen und Cornelius Gurlitt. — Krieg und Kunst. — Ein bronzezeitliches Gräberfeld.

Verantwortliche Redaktion: Gustav Kirstein. Verlag von E.a.seemann, Leipzig, Hospitalstraße IIa
Druck von Ernst Hedrich Nachf., o. m. b. h., Leipzig
 
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