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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 28.1917

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Cohen, Walter: Andreas Achenbach als Grafiker
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https://doi.org/10.11588/diglit.6187#0119

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KUNSTCHRONIK

Neue Folge. XXVIII. Jahrgang 1916/1917 Nr. 22. 23. Februar 1917

Die Kunstchronik und der Kunstmarkt erscheinen am Freitage jeder Woche (im Juli und Augusi nach Bedarf) und kosten halbjährlich 6 Mark.
Man abonniert bei jeder Buchhandlung, beim Verlage oder bei der Post. Für Zeichnungen, Manuskripte usw., die unverlangt eingesandt werden,
leisten Redaktion und Verlagshandlung keine Gewähr. Alle Briefschaften und Sendungen sind zu richten an E. A. Seemann , Leipzig, Hospitalstr. IIa.
Abonnenten der Zeitschrift für bildende Kunst erhalten Kunstchronik und Kunstniarkt kostenfrei. Anzeigen 30 PI. die Petitzeile; Vorzugsplätze teurer.

; "[ANDREAS ACHENBACH ALS GRAPHIKER

Als A. Achenbach vor sechs Jahren im hohen
Alter von 95 Jahren das Zeitliche segnete, klangen die
Nekrologe wie verlegen. Selten waren sie ganz feind-
lich gestimmt, obschon es bei dem überscharfen Gegner
der »Jungen« begreiflich gewesen wäre. Sein Lebens-
werk, als Ganzes genommen, stellte sich eben so ein-
drucksvoll dar, daß ein gewisser Respekt nicht ganz
unterdrückt werden konnte. Doch erinnere ich mich,
daß in dem sehr ausführlichen, lesenswerten Nach-
rufe der »Frankfurter Zeitung« dem Meister nichts
Geringeres als die künstlerische Gestaltungskraft ab-
gesprochen wurde. Seine Größe beruhe vorwiegend
auf technischen Qualitäten. Muß hier Widerspruch
erhoben werden? War es gerecht, dem »Altmeister«,
um mit K. Spitteier zu sprechen, »seine weißen Haare
in die Ewigkeit nachzutragen«? Denn die in der Tat
trübe und bedenkliche Altersproduktion hat zweifellos
das Urteil über Achenbachs Kunst zu seinen Ungunsten
beeinträchtigt und verwirrt. Auch war dem Greise
die eigene Jugend fremd und rätselvoll geworden.
Welch ein Sturm und Drang, Feuerschein fast von
des Freundes Rethel Fackel, herrscht in den Schöp-
fungen des Dreiunddreißigjährigen aus dem Revolutions-
jahre! Er hatte sie selbst vergessen und die Kritik mit
ihm. Doch »der Tod verjüngt; nachdem der Leib
entschwunden, tritt die Seele mit dem Antlitz der
Jugend vor die Erinnerung«. Dieses Antlitz der Jugend
wollte auch eine Ausstellung von Achenbachs Graphik
wiederherstellen, die Professor Karl Koetschau als dritte
seiner »Ausstellungen zur Geschichte der Düsseldorfer
Malerei« jüngst in den Räumen der städtischen Kunst-
sammlungen zu Düsseldorf veranstaltet hat1).

Der Katalog führt in 37 Nummern 56 Steindrucke,
außerdem 27 Radierungen an. Holzschnitte nach
Zeichnungen Achenbachs sind größtenteils in den
beiden ersten Jahrgängen der »Düsseldorfer Monats-
hefte« (1848/9) erschienen; viele sind namentlich be-
zeichnet; andere können nur auf Grund der künst-
lerischen Handschrift ihm zugeschrieben werden.

Ein Teil von des Künstlers Schwarzweißkunst ist
unbekannt geblieben und hier zum ersten Male mit
anerkannten Blättern vereinigt. Das Verzeichnis bei
J. Meyer, Künstlerlexikon I 1872, ist unvollständig,
und auch ein redaktioneller »Nachtrag« zu Herrn.
Boards Achenbach - Biographie in Thieme - Beckers
Künstlerlexikon I 1907 konnte schon aus räumlichen
Rücksichten nicht erschöpfend sein. Dabei lag das
Oeuvre schon im Jahre 1862 abgeschlossen vor; mir ist
wenigstens nichts aus späterer Zeit bekannt geworden.

1) Die Graphik Andreas Achenbachs. Mit einer Aus-
wahl von Aquarellen und Handzeichnungen. 1. Dezember
1916 bis 15. Januar 1917.

I. Die Steindrucke. Viele seltene Blätter, auch
Unika, bewahrt die Kunsthalle in Bremen dank der
eifrigen Sammlerarbeit des verstorbenen Dr. H. H. Meier.
Von dem Zwanzigjährigen rührt das Titelblatt »Der
24. Mai« zu einem 1835 erschienenen Reisetagebuch
des Vaters Hermann Achenbach her. 1836 kamen
12 Steindrucke mit Stadtansichten aus Rußland und
Skandinavien, gleichfalls zu einem Buche des Vaters,
heraus. Der »Zug der Düsseldorfer Künstler« von
1837, ein Fries in vier farbigen Lithographien, gehört
zu den bekannteren Schöpfungen: ein Erzeugnis über-
mütiger Laune, aber auch bereits gereiften zeichnerischen
Könnens2). In demselben Jahre siedelte der Künstler
mit A. Rethel und anderen nach Frankfurt über. Er
beginnt zu radieren; die Beschäftigung mit dem Stein-
druck tritt in den Hintergrund. Dank einem glück-
lichen Funde von H. Weizsäcker kennen wir jedoch
fünf zusammenhängende Federlithos aus diesem Jahre,
die in Karl Gutzkows Zeitschrift »Der Telegraph«
erschienen. Die zweite davon »Presto!« (vier Wander-
musikanten) ist »Achenbach« bezeichnet8). Es sind
ziemlich flüchtige Arbeiten, mehr von biographischem
als künstlerischem Interesse. Zwei norwegische Land-
schaften von 1840 (Meyer 38 und 39) kommen ziemlich
häufig vor; unbeschrieben dagegen ist der »Untergang
einer Fregatte« aus demselben Jahre, von dem ein
schönes Exemplar wiederum in Bremen bewahrt wird.
Es wirkt wie ein Gegenstück zu der »Fantasie« von
1840 (Meyer 40). Die neun, zum Teil glänzenden
satirischen Blätter aus den »Düsseldorfer Monatsheften«
von 1848, an der Spitze die köstliche Metternich-
Karikatur, sind bekannt; wie ein sehr bescheidener
Nachzügler wirkt ein an derselben Stelle 1858 er-
schienenes humoristisches Blatt »Das erste Grün«, das
bisher übersehen wurde. Von dem 1851 erschienenen
sehr großen Steindruck »Der Untergang des Dampf-
schiffes ,Der Präsident'« existiert nach Meyer nur ein
Abdruck, da die Platte zerbrach. Immerhin bewahren
die Kupferstichkabinette von Berlin, Bremen und Frank-
furt je ein Exemplar dieses größten Steindrucks des
Künstlers, und auch im Privatbesitz vermag ich mehrere
nachzuweisen. Als Unikum dagegen erscheint ein
stimmungsvolles kleines Blatt »Der Gefangene« in
Bremen. Im »Düsseldorfer Künstleralbum« erschienen
Steindrucke, meistens Landschaften, in den Jahren
1851, 1852, 1855, 1857, 1859 und 1860. In recht
unerfreulicher Umgebung wirken sie doppelt stark
durch die Abwesenheit aller Sentimentalität, die männ-
lich-feste Gesinnung des ernsten Meisters. Belustigend

2) Ein Entwurf dazu abgebildet in der »Zeitschrift für
bildende Kunst«, Jahrg. 51, 1916, S. 105.

3) Kunst und^Künstler in Frankfurt, 1909, Bd. II unter
»A. Achenbach«.
 
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