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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 28.1917

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Über Carl Frey als Forscher
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https://doi.org/10.11588/diglit.6187#0164

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307

Über Carl Frey als Forscher — Nekrologe

308

Autoren. Sein Zutrauen zu sich selbst und zu seiner
Arbeitskraft war unbegrenzt; er plante, den ganzen
Vasari in einer mustergültigen, mit umfassendem
Kommentar versehenen Ausgabe der Wissenschaft zu
schenken und bot als eine Probe 1911, eine Ehren-
gabe zur Zentenarfeier der Berliner Universität, einen
Band, der außer den verschiedenen Proemien die
ersten drei Biographien enthält, mit einem Kommentar,
der das ganze wissenschaftliche Material zusammen-
fassend kritisch behandelt.

In die Zeit, als er mit dieser Arbeit beschäftigt
war, fiel der völlig unerwartete Fund der lange als
verschollen angesehenen Korrespondenz Vasaris in
einem florentiner Privatarchiv. An dessen Herausgabe
glaubte Frey sich durch seine früheren Forschungen
ein Anrecht erworben zu haben; es gelang ihm, mit
dieser Aufgabe betraut zu werden: er hat auf die
Transskription dieser »Carte Vasariane« eine geraume
Zeit verbracht und konnte schon in der Vorrede seiner
Vasari-Ausgabe das Erscheinen der mit Ungeduld
erwarteten Papiere in Aussicht stellen. Ein Versprechen,
das leider unerfüllt geblieben ist!

Aber alles das, was wir bisher betrachtet haben,
waren c'och nur die Vorarbeiten zu dem Hauptthema,
das ihn zuerst nach Italien geführt hatte — zu seinen
Michelangelostudien. Nur scheinbar war er ihm untreu
geworden; alles, was er forschte und veröffentlichte,
stand doch in irgend einem (oft freilich schwer er-
kennbaren) Zusammenhang mit dieser Lebensaufgabe.
Zunächst legte er in einzelnen'Aufsätzen, die im Jahr-
buch der preußischen Kunstsammlungen (1891, 1892
und 1909 Beiheft) erschienen sind, Proben von seiner
so stillen, als regen Arbeit ab; sie mußten Bewunderung
und Anerkennung namentlich bei solchen erwecken,
die durch eigne Archivarbeit belehrt zu beurteilen
wissen, wieviel Fleiß und kritische Schärfe nötig ist,
um in gedrängter Regestenform solche Resultate dar-
bieten zu können. Aus gleichen Vorarbeiten heraus
sind die Studien im Archiv von St. Peter erwachsen,
das Frey fast als erster in den ihn angehenden Be-
ständen systematisch durchforschte, deren Resultate
er unter dem Titel »Zur Baugeschichte des St. Peter«
in der nämlichen Zeitschrift (Beiheft zu Bd. 1913 und
1916) vorlegte.

Endlich konnte er in einem monumentalen Band
1897 seine Ausgabe der Gedichte Michelangelos
erscheinen lassen — jene Ausgabe, die sofort als die
maßgebende wissenschaftliche begrüßt worden ist, und
die nun für alle Zukunft die unvergänglichen Poesien
des Meisters in wissenschaftlich einwandfreier Form
bietet. Und als kaum minder wertvolle Frucht seiner
Studien im Archivio Buonarotti vermochte er ferner
die für die Kunstgeschichte der ersten Hälfte des
Cinquecento so wichtige »Sammlung ausgewählter
Briefe an M. B.« 1899 vorzulegen, die notwendige
Ergänzung der großen von Milanesi besorgten Aus-
gabe der eigenen Briefe des Meisters.

Lange erwartet erschien 1907 der erste Band der
Biographie, an der, wie man wußte, Frey beschäftigt
war. Er umfaßt die Anfänge Michelangelos, seine
Jugendzeit, den ersten römischen Aufenthalt bis zu

seiner Heimkehr in die Vaterstadt. Die Resultate seiner
vor keiner Subtilität zurückschreckenden Untersuchung
wurden in ernster Form geboten; der klare Stil und die
gedankenvolle Behandlung der stilistischen Kernfragen
wurden dem erhabenen Thema gerecht. Einzelfragen,
die zum Teil wieder auf alte Lieblingsgebiete des Autors
zurückgriffen, wurden in den gleichzeitig erschienenen
»Studien und Forschungen zu M. A.« abgehandelt.

Noch in einer anderen Weise hat sich Frey endlich
um die Michelangelo-Forschung verdient gemacht, als
er sich entschloß, das gesamte Studienmaterial, das in
des Meisters zahlreichen Zeichnungen enthalten ist, zu
veröffentlichen (1909 —11). Den Hauptteil legte er in
drei Bänden vor; als er fand, daß das Material damit
noch nicht erschöpft sei, plante er einen weiteren
Band, der noch 100 Blätter bringen sollte, aber über
die Vorarbeiten nicht hinausgekommen ist.

Bedenkt man, daß neben allen diesen, teilweis
überaus umfangreichen Arbeiten fast 35 Jahre einer
rastlosen Lehrtätigkeit einhergingen, so wird man das
Leben dieses Gelehrten als köstlich ansprechen dürfen;
es ist wahrhaft im Sinne des Psalmisten Mühe und
Arbeit gewesen. Mit Schmerz nur gewöhnt man sich
an den Gedanken, ihn nicht mehr bei seinen For-
schungen tätig zu sehen und bewegt überdenkt man,
was alles als Torso zurückbleibt. In seiner fast un-
ersättlichen Arbeitskraft lag zugleich eine große Ge-
fahr, die zu vermeiden er nicht verstanden hat; er
streckte die Hand nach zu hohen Zielen und griff
gleichzeitig nach zu vielem, als daß er je hätte hoffen
dürfen, auch in einem weit längeren Leben, als ihm
beschieden gewesen ist, die ganze reiche Ernte sicher in
die Scheuer bringen zu können. Aber die Anerkennung
wird man seiner Gesamtleistung nicht vorenthalten
können, die er in dem Vorwort zu seiner Ausgabe der
Gedichte Michelangelos für sich in Anspruch nahm:
daß er treu und ehrlich gearbeitet hat. GRONAU.

NEKROLOGE
Der Berliner Bildhauer Johannes Boese, geboren am
27. Dezember 1856 zu Ratibor, ist am 20. April gestorben.
Er war ein Schüler Albert Wolffs und hat als Plastiker
einer gemäßigt-naturalistischen Richtung eine Reihe von
Hohenzollern- und Kriegerdenkmälern geschaffen, beispiels-
weise für die Siegesallee in Berlin und für verschiedene
Städte seiner schlesischen Heimat. Beim Wettbewerb um
das Kyffhäuserdenkmal bekam er seinerzeit in Oemeinschaft
mit dem Architekten Stahn den zweiten Preis. Von Boese
rühren auch zahlreiche Porträtbüsten her, darunter als be-
kannteste die Friedrich Haases im Königlichen Schau-
spielhause in Berlin.

Frederik Duchattel f. Am 10. März starb auf einer
Japanreise in Yokohama der holländische Landschafts-
maler Frederik Jacobus van Rossum Duchattel. Er war
am 10. Februar 1856 in Leiden geboren, kam mit 18 Jahren
nach dem Haag, wo der Landschafter Willem Maris von
Einfluß auf ihn war. 1875 stellte er zum ersten Male im
Haag aus. Anfangs suchte er seine Motive in der Nähe
vom Haag, später (1883) siedelte er nach Vreeland an der
Vecht über, wo er mehrere Jahre verblieb. In den letzten
Jahren war er meist auf Reisen, so besuchte er Nieder-
ländisch-Indien und zuletzt Japan, wo ihn der Tod ereilte.
Duchattel hat auch einige Radierungen gemacht, m. d. h.
 
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