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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 12./​13.1930/​31

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1./2. Novemberheft
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https://doi.org/10.11588/diglit.26236#0107

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anfertigen, Kissen, Kieider usw., und erhalten beste Anweisungen
von Lehrerinnen, die ihrerseits heute ganz anders vorbereitet sind
als früher. Wer Töchter in der Schule hat, wird sich mit Ver-
wunderung selbst überfiihren können, welches Verständnis da für
impressionistische und andere gegenwärtige Stilrichtungen und
Formen herrscht und wird sich besinnen, wie kümmerlich der
eigene Jugendunterricht auf diesem Gebiet- einst war. Auch der
deutsche Unterricht ist heut weit mehr auf eine erhöhte Welt-
ansicht zugeschnitten als früher, und wenn man liört, wie die jun-
gen Leute jetzt iiber zeitgenössiche Literatur und Künste urteilen,
von Schwäzereien abgesehen, an denen es auch nicht fehlt, der
wird das Vorurteil von der guten alten Zeit zum alten Eisen wer-
fen und siclt wiinschen, heut mit den Jungen wieder jung zu sein.
Unserer von allgemeinem Elend umlagerten jungen Generation ist
ein solcher Aufschwung aber auch zu gönnen.

Ein Kapitel für sich bilden die Schulreisen, die sich neuer-
dings eingebürgert haben. Wenn vor etwa 30 Jahren ein Berliner
Gymnasialdirektor alljährlich mit seinen Primanern nach Rom
reiste und ihnen das u. a. auch von ihm ausgegrabene Forum
zeigte, so war das etwas Außerordentliches. Ffeute machen die
Schulen jedes Jahr ihre großen gemeinsamen Reisen. Eine liöhere
Lehranstalt, ein Mädchengymnasium, fuhr z. B. diesen Sommer an
den Rhein in der ausgesprochenen Absicht, die dortigen Kunst-
schätze und rheinischen Altertiimer und Baudenkmäler zu studie-
ren. In Trier wurde länger gerastet und der Archäologe Profcssor
Löschke hielt den jungen Damen einen Vortrag über die dort ge-
fundenen römischen Antiquitäten. Die Mädchen durften selbst zum
Spaten greifen und sich aktiv an den Ausgrabungen beteiligen, ja
sogar altrömische Scherben, die sie ausgegraben, mitnehmen, um
sie triumphierend nach Hause zu bringen. In anderen Städten
wurde mittelalterlicher Baustil an Domen und Schlössern gezeigt,
so daß Geschichte, Kunst und Kultur zu einem lebendigen Ganzen
verwuchsen. Die heutige Schule, das muß mati unumwunden zu-
geben, vermittelt ein höheres, gründlicheres Kunstverständuis der
Jugend, als man es früher ftir möglich gehalten hätte.

tocenso tcrnini.

1598 -1680.

Lorenzo Bernini gehörte bis vor kurzem zu den meist um-
strittenen Künstlerpersöniichkeiten, nicht bei seinen Zeitgenossen,
aber in den folgenden Jahrhunderten. Liest man in demi 1909 zu
seiner Verteidigung erschienenen Buche vort Friedrich Pollak die
kleine Auswahl an Schimpfworten, mit denen Bernini selbst, seine
Werke und seine päpstlichen Auftraggeber im 19. Jahrhundert be-
legt wurden, dann erscheint der Vorwurf des „manieristischen Vir-
tuosentums“ noch einer der mildesten zu sein! Auch die im selben
Jahre erschienene Geschichte der Plastik von P. A. Kuhn nennt
die Heilige Theresa „ganz unerquicklich“ und die Kathedra-
umschließung ein „widerliches Dekorationsstück, das mit 220 00
Zentner Metall und mit 600 000 Lire erstellt wurde“! Aber wie
sich in die Ablehnung Rembrandts im 18. Jahrhundert immer fast

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Widerwillig Lob mischen mußte, zwang auch Berninis künstlerische
Kraft die Schmähenden zu Worten der Anerkennung. Wurde aber
in Rembrandt der eine einsame Menscli so lange von der Menge
abgelehnt, so mußte Bernini als Inbegriff, Höhepunkt und reinster
Ausdruck des Barock allen Haß auf sich nehmen, mit dem keine
andere Periode der Kunst von einseitig klassizistisch verblendeten
Augen und Geistern je überhäuft wurde.

Als Sohn eines Künstlers —- sein Vater war Maler und Bild-
liauer — entwickelte sicli unter der Aufsicht des Vaters seine
Begabung so rasch, daß bereits dem Zehnjährigen sein erstes
Werk zugesclioben wmrde. A!s Mensch scheint er eine vielseitige,
glanzvolle Persönlichkeit gewesen zu sein: Architekt, Bildhauer,
Maler, Schauspieler in selbstgedichteten, auch von Gegnern als
geistreich bezeichneten, satirischen Komödien und von erstaun-
liclier Produktivität. In Neapel geboren, kam er im Alter von
sechs Jahren mit dem Vater nach Rom, wo er am 28. November
1680 starb. Sclion sein erstes Werk, das 1612 entstandene Grab-
mal des Bischofs Santoni in Santa Prassede zeigt Bernini als
Porträtisten von eindringlicher Charakterisierungsgabe. Diese
Betonung des Individuellen in seinen Porträts, versclimolzen mit
dem Illusionismus des Barock in der Wiedergabe der Gewänder
und der Darstellung des Uebersinnlichen ist ungemein reizvoll.
In den folgenden zehn Jahren schuf er eine Reihe von Bildnis-
büsten und zusammen mit seinetn Vater die Gruppe von „Aeneas
und Anchises“. 1622 entstand der „David“ (Villa Borghese), die

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