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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 12./​13.1930/​31

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1./2. Märzheft
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Aus dem nordischen Kunstleben / Londoner Kunstschau / Kunstausstellungen / Kunstauktionen / Aus der Museumswelt / Aus der Kunstwelt / Deutsche Graphik in Amerika / Kokoschka-Ausstellung in Mannheim / Les faux van Gogh
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https://doi.org/10.11588/diglit.26236#0236

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wie bei den falschen Bildern die Untermalung kiinstlich und zu
schnell getrocknet wurde und welches die Unterscliiede im Ein-
drücken der oberen, der noch nassen Farbschicht in einem und
irn andren Falle sind. Liest man die Beschreibungen und Aus-
einandersetzungen langsam und genau, immer die Abbildungen,
Beispiel und Gegenspiel, sorgsam vergleichend, so kommt man zu
dem gleichen Ergebnis, das sich aucli bei der Ausstellung einiger
dieser Fälschungen in der Nationalgalerie aufdrängte: Daß alle von
de la Faille jetzt als Fälschungen bezeiclmete Wackerschen van
Gogh-Bilder tatsächlich bewußte und absichtliche Fälschungen
sind. Einige geschickte, einige sehr geschickte, manche weniger
geschickte Falsifikate. Wenn auch der holländische Kenner
Bremmer und einige andere in allen Einzelfällen heute noch niclit
davon überzeugt sind, und wenn auch Frau Kroeller eins dieser
Bilder erworben hat, nun gerade und nun erst recht, so wird sicii
deshalb die Tatsache, daß man es mit absichtlichen Fälschungen
liier zu tun hat, nicht lange verschleiern lassen. In Zweifels-
fällen muß der Mangel an gesicherter Provenienz das letzte Wort
sprechen. Und Otto Wacker mit seinem russischen Flüchtling,
diesem bekannten großen Unbekannten, der bei der Beniveni-Biiste
anno 1865 und bei der Tiara des Sai'tapherals 1894 und bei der
Flora-Büste 1909 genau die gleiche Rolle spielte, ist keine
Provenienz.

Man fragt sich nachträglich, wie es möglich war, daß in weni-
gen Jahren dreißig Fälschungen den Berliner Kunsthandel unbean-
standet passieren konnten. Zunächst passierten sie gar nicht voll-
kommen unbeanstandet. Gezweifelt und gewarnt wurde von An-
fang an, auch von Berliner Kunsthändlern. Und niclit alle haben
die Expertisen des Herrn de la Faille geglaubt, der sich hat täu-
schen lassen und die dreißig jetzt von ihm denunzierten Fälschun-
gen einst als echt in sein Bucli aufnahm. In die von Herrn de la
Faille in der Kunsthandlung Paul Cassirer vermittelten van Gogli-
Gedächtnisausstellung waren die Wacker-Fälschungen nicht auf-
genommen, und zwar nicht nur aus dem nachträglich bekannten
Grunde, daß van Gogh auch schwache Stunden gehabt hat. Daß
die Bilder fast alle, mit einer einzigen Ausnahme, Varianten vor-
handener, bekannter und beglaubigter Gemälde sind, brauchte
aucli nicht unbedingt aufzufallen. Van Gogli hat sich oft wiederholt.
Die Berceuse hat er, nachweislich, sechsmal eigenhändig gemalt,
immer ziemlich gleichartig, sechsmal auch den Briefträger Rouün
und viermal, nach einer Zeichnung von Gauguin, auch die
Arlesienne. Es gibt sieben echte Sonnenbluinen, drei echte
Schwertlilien und drei echte Schlafzimmer, alle nur wenig von-
einander abweichend.

Van Gogh — und dies ist der Punkt — ist oder war leicht zu
fälschen, und zwar nicht nur aus diesem Grunde, daß er sich oft
beinah selbst kopierte. Wer ein vollgültiges komplettes Bild, nicht
etwa eine Belanglosigkeit oder eine unreife Jugendarbeit von bei-
spielsweise Renoir, fälschen will, etwa in der Art der „Loge“ oder
der „Schaukel“, muß schon selir gut, auch rein technisch, sehr
gut, malen können, wenn es nicht auffallen soll. Er muß, außer
allem andren, auch noch das Metier können. Van Gogli aber
(„Genie ohne Talent“) schuf sich das Metier erst selber und wollte
immer wieder alles vergessen, was man lernen kann und was auch
er gelernt hatte. Sein Stil ist höchst persönlich, höchst individuell,
dieser Stil des „Zeichnens mit Farben“. Wenn man sich die be-
stimmte Art seiner zeichnenden Handschrift mit dem Pinsel an-
gewöhnt und dann die richtigen Tuben besorgt hat, ist es nicht
ganz so schwer, einen kompletten van Gogh nach Reproduktionen
zu malen, wie einen kompletten Renoir. Dies ist keine Einwen-
dung gegen van Goghs Größe, aber es erklärt vielleicht, weshalb
man von allen Meistern, die auf dem Kunstmarkte ebenso holie
Preise haben, gerade van Gogh in so außerordentlichem Maße
gefälscht hat. Es geht schneller als bei Renoir; ist aber auch ver-
hältnismäßig schnell aufgedeckt worden.

Herr de la Faille teilt mit, daß seine Arbeit der Fälschungs-
publikation noch nicht abgeschlossen ist. Es gibt immer noch van
Gogh-Fälschungen. Da er alles Dokumentarische über van Goghs
Leben und Schaffen genau kennt und da seine Argumente, min-
destens im Falle der Wacker-Bilder, überzeugend wirken, wird
man auch sein künftiges Tun dankbar begrüßen. Für den jetzt vor-
liegenden Band mit den 174 Falsifikaten, für die mühevolle Arbeit
und für die Zivilkurage, die dahinter stelit, schuldet ihm die Kunst-
wissenschaft und das Kennertum aufriclitigen Dank. Der Verleger
hat durch die Veröffentlichung dieses fünften Bandes den andren
vieren ihren zeitweise bezweifelbaren Wert wiedergegeben.

* *

*

Eine Selbstbiographie der kürzlich verstorbenen berühmten
russischen Tänzerin Anna P a w 1 o w a mit Beiträgen von Oscar
Bie, Max Osborn und Paul Barchan ist im Verlag Bruno Cassirer,
Berlin, erschienen.

Die Neue Freie Presse (Wien) schreibt über
den „Kunstwanderer“: , . . Der Inhalt ist nicht nur
für Fachkreise bestimmt, sondern jedermann, der
Anteil an moderner wie alter bildender
Kunst nimmt, zu interessieren geeignet.

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Redaktionsschluß für das 1.12. Aprilheft 28. März.-Redaktionsschluß für das 1.12. Maiheft 28. April.

Herausgeber u, verantw. Leiter: Adolph Donath, Berlin-Schöneberg. / Verlag: „Der Kunstwanderer“, G. m. b. H., Berlin-Schöneberg.
Redaktion: Berlin-Schöneberg, Hauptstraße 107. — Druck: Pflaume &. Roth, Berlin SW68.

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