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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 15,2.1902

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Heft 18 (2. Juniheft 1902)
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Rundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.8191#0313

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Modernen bei ihrem ersten Austreten
nllgemein als lüstern und pornogra-
phisch bezeichnet wurden? Wir Aelteren
erinnern uns noch, daß ein deutscher
Schriststellcr (nicht Kretzer) einen Kriti-
ker wegen Ehrenbeleidigung belangen
wollte, weil er ihn „einen deutschen
Zola" genannt hatte. Ei, dachten ge-
wisse Leute, das müssen wir doch lesen
und wählten unter diesem Gesichts-
winkel aus. Ei, dachten gewisse Ver-
leger, das müssen wir doch benützen,
und sie empfahlen nun neuen und alten
Schund, war oder schien er nur „pikant,"
als „modcrn/ Unter den Modernen
aber hielten's auch ernstere Leute ge-
legentlich mit dem „exatsr Is bünrALois,"
brachten also mehrunanständigenKram,
als sie nötig hatten, und gaben so
wirklich jener Wörterpaarung ihrer-
seits einen weiteren Schein von Legi-
timität. Roman- und Novellensamm-
lungen nun, sogenannte„Bibliotheken,"
die das auspfundeten, wie die Eck-
steinsche, gelten jetzt ganz ernsthaft einer
großen Menge von Leuten wirklich als
Quellen der modernen Literatur.

Aus diesem Thatbestand folgte,
glaub' ich, wieder einmal, daß jeder
anständige Kritiker mit der moralischen
Entrustung über neuartige Erschei-
nungen auch aus rein praktischen Grün-
den noch vorsichtiger sein sollte, als mit
der asthetrschen. Jch an,

tuese Erwagung sogar zu empfehlen,
wenn man sich über die bitterbösen

Satiren des „Simplizissimus" empören
will. Jch glaube aber, es folgt aus
jener Entwicklung auch für die an-
ständigen Verleger moderner Schriften
und Blätter die Verpflichtung, doppelt
auf gute Sitten zu halten. Wenn der
Anzeigenteil des „Simplizissimus"
nachgerade an eine Kloake erinnert,
so deutet das entweder auf ein gründ-
liches Mißverständnis dessen, was ir-
gendwelcher ernstere Mensch „freiheit-
lich" nennen kann, oder aber es be-
deutet schlankweg den Verzicht darauf,
in seinen Handlungen anders denn als
Geschäftsmann betrachtet zu werden.

* Vom Dürerbunde wollen wir
den Freunden heute nur so viel mit-
teilen, daß unsre Veröffentlichungen
zu recht nützlichen Erörterungen ge-
führt haben. Wir sind jetzt einerseits
bei der endgültigen Festsetzung der Or-
ganisation, anderseits bei der Zu-
sammensetzung der Arbeitsausschüsse.
Alles läßt sich gut an. Die Hilfe
einer Anzahl unsrer allerbesten Köpfe
ist schon gesichert, für uns wichtige
Vereine melden sich auch, und recht zahl-
reiche Einzelmitglieder haben wir be-
reits über Deutschland, Oesterreich,
die Schweiz und Deutschrußland hin-
aus — sogar bis nach Uruguay. Auch
schöne Aufgaben sind uns schon ge-
stellt. Die Zusammensetzung der Ar-
beitsausschüsse hoffen wir in einem der
nächsten Kunstwartheste veröffcntlichen
zu können.

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2. Iuniheft tZv2
 
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