DOI issue:
Heft 19 (1. Juliheft 1902)
DOI article:Rundschau
DOI Page / Citation link: https://doi.org/10.11588/diglit.8191#0358
das Geheimnis der Wirkung des ,
MarktplatzeS. Es lag darin. daß alle
Straßen so in den Platz mündeten, daß
man von keiner Mündungsstelle aus
in die leere Flucht der andercn Straßen
sehen konnte. Dieses Grundprinzip
aller Platzanlagen ist jetzt durch-
brochen, man sieht plötzlich durch !
die verlängerte Thomasgasse ins
Blaue hinein, — der Marktplatz hat
ein Loch, ein Loch so verhängnisvoll,
daß alle mühsam erhaltene Platzpoesie
aus diesem Loch rettungslos abzu- ^
man nach wenigen Häusern fast recht-
ivinklig um die Ecke biegen, und bei
dieserplötzlichenBiegungstiegvölligun-
erwartet die reichgegliederte Silhouette
der Chorpartie der alten Thomaskirche
vor den Augen ausj meisterhaft zum
Bilde gerahmt durch die senkrechten
Kulissen der Straßenecken. Man wurde
dann entweder an der künstlerisch
gleichgiltigen Nord-LüngsseitederKirche
entlang auf schmaler Straße zur Pro-
menade geführt und konnte von dort
aus rückschauend einen vollen Anblick
fließen scheint und nichts zurückbleibt, des mächtigen Frontgiebels erhalten,
als eine hohle blasenartige Erweite- , oder man konnte um den Chor her-
rung, die sich eincm Straßenzuge an- umgehend die Wirkung des Gebäudes
gliedert. ! im Rahmen eines trefflich abgewogenen
Das ist noch nicht Alles. Wer die geschlossenen Platzes genicßen, der an
Prinzipien der Platzanlagen andern ! der anderen Längsseitc dadurch ge-
Leuten klar machcn will, der muß jetzt wonnen wurde, daß der gewaltige
nach Leipzig gehen, hier kann er wie ! Block der Thomasschule den Ausblick
am Phantom sämtliche hierauf bezüg- ^ zur Promenade wandartig verschloß.
lichen Krankheiten unserer Zeit dcmon- Diesen Thomaskirchhof-Platz hat man
strieren. - ^ wenigstens im Prinzip zu retten ver-
Wenn man frühcr vom Markte aus sucht; man hat beschlossen, das neue
die Thomasgasse heruntcrging, mußte Supcrintendenturgebäudc an dic Stclle
t- Iuliheft zyo2
MarktplatzeS. Es lag darin. daß alle
Straßen so in den Platz mündeten, daß
man von keiner Mündungsstelle aus
in die leere Flucht der andercn Straßen
sehen konnte. Dieses Grundprinzip
aller Platzanlagen ist jetzt durch-
brochen, man sieht plötzlich durch !
die verlängerte Thomasgasse ins
Blaue hinein, — der Marktplatz hat
ein Loch, ein Loch so verhängnisvoll,
daß alle mühsam erhaltene Platzpoesie
aus diesem Loch rettungslos abzu- ^
man nach wenigen Häusern fast recht-
ivinklig um die Ecke biegen, und bei
dieserplötzlichenBiegungstiegvölligun-
erwartet die reichgegliederte Silhouette
der Chorpartie der alten Thomaskirche
vor den Augen ausj meisterhaft zum
Bilde gerahmt durch die senkrechten
Kulissen der Straßenecken. Man wurde
dann entweder an der künstlerisch
gleichgiltigen Nord-LüngsseitederKirche
entlang auf schmaler Straße zur Pro-
menade geführt und konnte von dort
aus rückschauend einen vollen Anblick
fließen scheint und nichts zurückbleibt, des mächtigen Frontgiebels erhalten,
als eine hohle blasenartige Erweite- , oder man konnte um den Chor her-
rung, die sich eincm Straßenzuge an- umgehend die Wirkung des Gebäudes
gliedert. ! im Rahmen eines trefflich abgewogenen
Das ist noch nicht Alles. Wer die geschlossenen Platzes genicßen, der an
Prinzipien der Platzanlagen andern ! der anderen Längsseitc dadurch ge-
Leuten klar machcn will, der muß jetzt wonnen wurde, daß der gewaltige
nach Leipzig gehen, hier kann er wie ! Block der Thomasschule den Ausblick
am Phantom sämtliche hierauf bezüg- ^ zur Promenade wandartig verschloß.
lichen Krankheiten unserer Zeit dcmon- Diesen Thomaskirchhof-Platz hat man
strieren. - ^ wenigstens im Prinzip zu retten ver-
Wenn man frühcr vom Markte aus sucht; man hat beschlossen, das neue
die Thomasgasse heruntcrging, mußte Supcrintendenturgebäudc an dic Stclle
t- Iuliheft zyo2