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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 43,2.1930

DOI Heft:
Heft 8 (Maiheft 1930)
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Stoessl, Otto: Erinnerung an Anton Faistauer
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https://doi.org/10.11588/diglit.8888#0102

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mung, durch Gefühl und Gedanken ins Große gehen. Dies konnke aber, nach
seiner nakurgegebenen ArL und HalLung, nichL so sehr dnrch heftige Be-
wegung und Kämpfe dramaLifch, sondern am beflen und liebsten sinnig, in
gesammelLer Ruhe und sanfLer BeLrachLung, also idyllifch gefchehen. Äuch
die weiLwendige Erzählung miL vielen Figuren und vieler Erfindung, miL
wechselnder Handlung und Spannung liegL ihm nichk am nächften. Er bringk
sie gern auf eine ftill gefaßke, möglichft einfache Szene, auf ein zusammen-
gedrängkes MoLiv zurück, das er fchön enLfalkek und im heimaklichen Lichk
ausführL. Schon in der ersten großen Piekä leuchkek über der leidenfchafk
lichen Gebärde der MnLLer, die verzweifelk ihre Arme weik ausstreckt, und über
den reliefartig an ihre Seike gestellken Figuren, veredelten Bauernkypen, zu
denen ihm seine Gefchwister Modell geftanden, die steke fchimmernde Berg-
welk seiner 2llpen.

Er suchte und fand die erste GelegenheiL zu der erwünschkcn Freskomalerei,
ja er führke sie herbei, indem er die Bauern und GuLsbesihcr des Dörfchens
Morzg bei Salzburg dazu bewog, ihre klcine Kirche von ihm ausmalen zu
lassen ohne anderes Enkgelk, als die in dicsen ZeikläufLen erwünschke Bei-
stellung von Brenn- und LebensmiLLeln. Jn zwei Jahren malke er zur gün-
stigen Zeik, wenn cs warm war, in den Gewölbcn und Zwickeln der winzigen
geweißken Landkirche und an der AlLarwand ein Marienleben samk eklichen
weiblichen Hciligen mik ihren Symbolen, die heilige Caecilia darunker.
Spruchbänder laufen durch. Die sanften, durchsichkig schimmernden Farbcn
leuchkcn lieblich von einem himmlischen, sanftcn LeuchLen und läudlichem Erglühen,
und einc unvergleichliche AnmuL des OrLsgeistes bringL die heiligen Geschichkcn,
Mariä Tempelgang, Berkündigung usw., auf SalzburgerBoden, auf Feld
mik den Bergen dahinker. Die bäuerischen Typen nnL ihrer heimaklichen Ark,
zu stehen, zu gehen,,zu schauen, sind ohnc Aufwand von besonderer Skilisie-
rung bloß durch HerzlichkeiL musikalisch-harmonisch allgülkig und zeiklos ge-
machL. MozarLisch-salzburgische JnnigkeiL klingk freudig liebend durch das
Einzelne, durch das Ganze. Die Morzger Kirche bleibk seikher cin reizender,
moderner, künstlerifcher AnziehungspunkL Salzburgs und für die Zukunft
etwas Ähnliches wie die „Mllanella", das „Landmädchen" unker den Floren-
Liner Kirchcn. Diese Fresken haben denn wohl auch späker den großen Auf-
Lrag veranlaßk, das neuerbauke Salzburger Festspielhaus „auszumalcn".
Zeiklich über Gebühr eingeschränkt, bei der größken Raumzuweisung gezwun-
gen, cnorme Wände binnen sechs Wochen miL verschiedenartigen Fresken zu be-
decken, unkerzog sich Faistauer dieser ArbciL im Berkrauen auf seine Krafk, auf
sein FormgedächLnis und seine SicherheiL. Er mußke in den Nüchken dic
Karkons zeichnen, die er Lags darauf miLLels ProjekLion auf die Wände über-
Lrug. In der reizvollen Erfindung, der inLeressanLen Anordnung, einem un-
bekümmerken Neben- und Übereinander der einzelnen Bilder waltek die
leichte, dekorakive, mannigfalkige, weithin belebke, erfinderische Theaterwirkung
als eine ArL festlichen GelegenheiLsgedichks mik dcm seelenvollen HaupkmoLiv
der Macht der Musik. Diesem Werk verdankte er seinen europäischen Ruf,
die Geltung im Auslande und in seinen lehken zwei Lebensjahren allent-
halben PorLräk- und andere AufLräge. Seine Landschafken, Skilleben, Blu-
menstücke waren forkan den Galerien empfohlen, und er sah sich endlich all-

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