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Patzold, Steffen; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Episcopus: Wissen über Bischöfe im Frankenreich des späten 8. bis frühen 10. Jahrhunderts — Mittelalter-Forschungen, Band 25: Ostfildern, 2008

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https://doi.org/10.11588/diglit.34736#0203

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IV. Die Zeit zwischen der Reichskrise und dem Ende der Brüderkriege

seiner Ratgeber vortragen und erläutern ließ. So hat Roger Collins wohl zu Recht
vermutet, daß Jonas beim Verfassen davon ausging, er werde bei Pippin nicht auf
taube Ohren stoßen""".
In jedem Falle aber bleibt der Text des Bischofs von Orleans ein weiterer Über-
rest jenes Prozesses, in dem das Pariser Modell in die einzelnen Regionen des Rei-
ches übermittelt wurde. Und fest steht auch, daß das Schreiben an Pippin keine
fünf Jahre später im Herzen des Reiches, in Aachen, den Teilnehmern einer weite-
ren Synode vorlag und dort neben den Akten des Pariser Konzils und dem »Rescrip-
tum« der Bischöfe von 829 von Jonas einem weiteren Synodalschreiben zugrunde
gelegt werden konnte '.

2. Die Materialsammlung des Bischofs Jonas von Orleans
Hinweise auf eine weitere Verbreitung des Pariser Modells finden sich in einer
Handschrift, die bald nach 850 in Orleans angefertigt wurde"'". Sie bietet eine Reihe
von Texten, die wahrscheinlich Jonas selbst zusammengestellt hatte"'". Am Anfang
dieser Sammlung stehen Textauszüge aus Origenes, Augustinus, Prosper und Pau-
linus von Aquileja zu den Pflichten von Bischöfen; daran schließen sich die Kapitel
1-4 und 6 aus dem im voranstehenden Abschnitt besprochenen Mahnschreiben an
Pippin von Aquitanien von 831 an. Ein dritter Teil besteht aus 24 Väterzitaten zu
den Pflichten eines Fürsten, denen 24 entsprechende Überschriften vorangestellt
sind; die meisten von ihnen griff Hinkmar von Reims 873 für seinen Fürstenspiegel
für Karl den Kahlen auf - wenn auch in etwas anderer Ordnung""^. Mit einer Dekre-
tale des Papstes Anastasius hebt als vierter Teil der Sammlung ein Konzilsbrief an,
der aller Wahrscheinlichkeit nach an Kaiser Ludwig den Frommen gerichtet war.
Am Ende der Sammlung schließlich stehen 20 durchnumerierte und einzeln mit
Überschriften bezeichnete Kapitel zum Umgang mit dem Kirchengut, die allesamt
auch im Schreiben der Aachener Synode von 836 an König Pippin von Aquitanien
wiederzufinden sind"'".
Mit welchem Konzil das kurze Synodalschreiben an Ludwig den Frommen in
Zusammenhang zu bringen ist, läßt sich zwar nicht sicher entscheiden; immerhin
ist aber die Zuschreibung an Jonas von Orleans und die Datierung der Sammlung
in die 830er Jahre mittlerweile unstrittig""". Und ebenso gilt als gesichert, daß es sich

100 CoLLiNS, Pippin 1990,367.
101 Zur Aachener Synode von 836 vgl. unten, S. 211-218.
102 Paris, Bibliotheque Nationale, Ms. nouv. acqu. lat. 1632; die Handschrift wurde zeitgleich von
Andre Wilmart und Gerhard Laehr im Jahre 1930 wiederentdeckt, nachdem sie seit dem
17. Jahrhundert als verschollen gegolten hatte: Vgl. ERDMANN, Konzilsbrief 1935, 106f., WiL-
MART, L'admonition 1933, 233, Anm. 1; zu den Texten außerdem die Analyse von ANTON,
Fürstenspiegel 1968,221-231.
103 Zur Zuschreibung an Jonas vgl. WiLMART, L'admonition 1933, 233; ERDMANN, Konzilsbrief
1935,113; SCHARF, Studien 1961,381; ANTON, Konzept 1979, 79f.; DuBREUCQ, Jonas 1995,122f.
104 Dazu ERDMANN, Konzilsbrief 1935,114f.; DuBREUCQ, Jonas 1995,122.
105 Die Sammlung ist (teil)ediert bei ERDMANN, Konzilsbrief 1935,120-134; WiLMART, L'admonition
1933,219-232.
106 ScHARF, Studien 1961, 381, schlug den Sommer 833, die Zeit unmittelbar vor der Verlassung
Ludwigs des Frommen auf dem >Lügenfeld< als Entstehungskontext für das Schreiben wie
 
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