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V. Das Wissen über Bischöfe im späteren 9. und frühen 10. Jahrhundert
diesem Zweck eine Synode einzuberufen und die Sache dort erneut zu untersu-
chen. Falls es aber zum Streit komme, dann sollte jede Seite das Recht haben, den
Fall nach Rom zu tragen.
Zufrieden äußerte sich Nikolaus darüber, daß die Synode einmütig zu dem Er-
gebnis gelangt war, die Geistlichen könnten ihre Weihegrade zurückerhalten. Al-
lerdings machte er kein Hehl aus seinem Unmut über die Tatsache, daß die Synoda-
len ihm keinen vollständigen Bericht über den Fall hatten zukommen lassen,
geschweige denn eine chronologisch geordnete Sammlung sämtlicher einschlägi-
ger Schriftstücke, wie es Nikolaus zuvor gefordert hatte. Deshalb wiederholte er
diese Aufforderung nun noch einmal und betonte, daß besonders Wulfad sich
darum zu kümmern habe.
Daß Hinkmar betone, er persönlich habe gar keinen Anteil an der Absetzung
der Reimser Geistlichen gehabt, stellte Nikolaus als eine lächerliche Lüge dar; denn
schließlich habe doch Hinkmar hinter der Synode von Soissons gestanden und das
Verfahren betrieben, nicht die von Ebo geweihten Geistlichen. Hinkmar auch habe
sich um die Bestätigung der Entscheidung durch päpstliche Schreiben bemüht. Be-
züglich der Geistlichen selbst bestimmte Nikolaus, sie sollten vorerst ein Jahr lang
wieder ihre Weihegrade zurückerhalten. Innerhalb dieses Zeitrahmens müsse
Hinkmar ihm nachweisen, daß die Absetzung 853 rechtmäßig geschehen sei - an-
dernfalls seien die Geistlichen dauerhaft restituiert.
Im übrigen aber, so fügte Nikolaus an, lasse sich zeigen, daß Ebo 835 »auf un-
passende Weise und ohne kirchliche Konsequenz der bischöflichen Leitung entho-
ben« worden sei'". Außer Hinkmar hätten dies ohnehin alle anerkannt. Und wenn
Hinkmar auf die Weigerung des Papstes Sergius hingewiesen hatte, Ebo zu emp-
fangen und das Pallium zu gewähren, so stellte Nikolaus dies nun als eine verfah-
renstechnisch notwendige Entscheidung hin: Sergius habe Ebo nicht ohne erneute
Untersuchung als Bischof empfangen können; eine inhaltliche Entscheidung aber
war damit nach Nikolaus' Auffassung nicht präjudiziert. Trotz dieser wohlwollen-
den Haltung gegenüber den Reimser Geistlichen und letztlich auch gegenüber Ebo
zeigte sich Nikolaus allerdings höchst ungehalten über das eigenmächtige Vorge-
hen der Synode von Soissons im Falle Wulfads: Daß man den Vertrauten Karls des
Kahlen bereits zum Erzbischof geweiht hatte, ohne die Entscheidung des Papstes
abzuwarten, erschien Nikolaus als eine Zumutung.
An Hinkmar sandte der Papst ein nicht minder ausführliches Schreiben, in dem er
seine zentralen Argumente und Entscheidungen noch einmal wiederholte, zum Teil
sogar mit dem gleichen Wortlaut. Auch Hinkmar gegenüber betonte er ein weiteres
Mal, daß Ebo nicht rechtmäßig seines Amtes enthoben worden sei. Mehr noch: Er
unterstellte Hinkmar sogar, er wisse das. Denn aufgrund des Schuldbekenntnisses
von 835 allein sei eine solche Absetzung kirchenrechtlich nicht möglich gewesen^;
575 Nikolaus I., Epistolae, Nr. 79,421, Z. 7-10: ZHiotpü?! nos sM&se^Me?!fer exi?i&ere procui c?M&io coMoewif
wo?! soünn soepe Jäfos ckn'cos proeiMdicioiifer o&Sf?Me conoMe officio sc^MCsfrofos, oerMm cfiom ordi-
Moforcm eorum incoMOCMicMfcr oc sine consc^MCMfio cccicsiosfico regimiMeproesMiori prioofum.
576 Ebd., Nr. 80,429, Z. 16f.: Per foiem ewim coMfessioMem, EN?ofecisseproefe?!difMr, nemo conoMice
domnofioMi SM^icifur.
V. Das Wissen über Bischöfe im späteren 9. und frühen 10. Jahrhundert
diesem Zweck eine Synode einzuberufen und die Sache dort erneut zu untersu-
chen. Falls es aber zum Streit komme, dann sollte jede Seite das Recht haben, den
Fall nach Rom zu tragen.
Zufrieden äußerte sich Nikolaus darüber, daß die Synode einmütig zu dem Er-
gebnis gelangt war, die Geistlichen könnten ihre Weihegrade zurückerhalten. Al-
lerdings machte er kein Hehl aus seinem Unmut über die Tatsache, daß die Synoda-
len ihm keinen vollständigen Bericht über den Fall hatten zukommen lassen,
geschweige denn eine chronologisch geordnete Sammlung sämtlicher einschlägi-
ger Schriftstücke, wie es Nikolaus zuvor gefordert hatte. Deshalb wiederholte er
diese Aufforderung nun noch einmal und betonte, daß besonders Wulfad sich
darum zu kümmern habe.
Daß Hinkmar betone, er persönlich habe gar keinen Anteil an der Absetzung
der Reimser Geistlichen gehabt, stellte Nikolaus als eine lächerliche Lüge dar; denn
schließlich habe doch Hinkmar hinter der Synode von Soissons gestanden und das
Verfahren betrieben, nicht die von Ebo geweihten Geistlichen. Hinkmar auch habe
sich um die Bestätigung der Entscheidung durch päpstliche Schreiben bemüht. Be-
züglich der Geistlichen selbst bestimmte Nikolaus, sie sollten vorerst ein Jahr lang
wieder ihre Weihegrade zurückerhalten. Innerhalb dieses Zeitrahmens müsse
Hinkmar ihm nachweisen, daß die Absetzung 853 rechtmäßig geschehen sei - an-
dernfalls seien die Geistlichen dauerhaft restituiert.
Im übrigen aber, so fügte Nikolaus an, lasse sich zeigen, daß Ebo 835 »auf un-
passende Weise und ohne kirchliche Konsequenz der bischöflichen Leitung entho-
ben« worden sei'". Außer Hinkmar hätten dies ohnehin alle anerkannt. Und wenn
Hinkmar auf die Weigerung des Papstes Sergius hingewiesen hatte, Ebo zu emp-
fangen und das Pallium zu gewähren, so stellte Nikolaus dies nun als eine verfah-
renstechnisch notwendige Entscheidung hin: Sergius habe Ebo nicht ohne erneute
Untersuchung als Bischof empfangen können; eine inhaltliche Entscheidung aber
war damit nach Nikolaus' Auffassung nicht präjudiziert. Trotz dieser wohlwollen-
den Haltung gegenüber den Reimser Geistlichen und letztlich auch gegenüber Ebo
zeigte sich Nikolaus allerdings höchst ungehalten über das eigenmächtige Vorge-
hen der Synode von Soissons im Falle Wulfads: Daß man den Vertrauten Karls des
Kahlen bereits zum Erzbischof geweiht hatte, ohne die Entscheidung des Papstes
abzuwarten, erschien Nikolaus als eine Zumutung.
An Hinkmar sandte der Papst ein nicht minder ausführliches Schreiben, in dem er
seine zentralen Argumente und Entscheidungen noch einmal wiederholte, zum Teil
sogar mit dem gleichen Wortlaut. Auch Hinkmar gegenüber betonte er ein weiteres
Mal, daß Ebo nicht rechtmäßig seines Amtes enthoben worden sei. Mehr noch: Er
unterstellte Hinkmar sogar, er wisse das. Denn aufgrund des Schuldbekenntnisses
von 835 allein sei eine solche Absetzung kirchenrechtlich nicht möglich gewesen^;
575 Nikolaus I., Epistolae, Nr. 79,421, Z. 7-10: ZHiotpü?! nos sM&se^Me?!fer exi?i&ere procui c?M&io coMoewif
wo?! soünn soepe Jäfos ckn'cos proeiMdicioiifer o&Sf?Me conoMe officio sc^MCsfrofos, oerMm cfiom ordi-
Moforcm eorum incoMOCMicMfcr oc sine consc^MCMfio cccicsiosfico regimiMeproesMiori prioofum.
576 Ebd., Nr. 80,429, Z. 16f.: Per foiem ewim coMfessioMem, EN?ofecisseproefe?!difMr, nemo conoMice
domnofioMi SM^icifur.