Velhagen & Klasings Monatshefte (Band 28, 2.1913/1914)

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ift hat man uns geſagt, und wir
glauben es mittlerweile, daß die
gute alte Zeit niemals über un-
ſere Erde gewandelt iſt. Aber
immer wieder lockt es uns, in der
Vergangenheit zu ſuchen, was wir, von harter
Gegenwart peinvoll bedrückt, von erreichbarer
Zukunft nicht mehr zu hoffen wagen. Wir
nähern den tiefſinnigen Mythus vom ver-
lorenen Paradieſe

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am Menſchen, daß er ſeinen Altvordern allerlei
Gutes zutraut, was er ſelbſt, manchmal durch
eigene Schuld, eingebüßt hat, daß er ganze
Zeitalter idealiſiert und leicht überſieht, wie
auch deren Kinder ſich für ein höchſt mühſeliges
und beladenes Geſchlecht gehalten haben. So
ward uns das Rokoko, ungeachtet der ſtäh-
lernen Männlichkeit des großen Friedrich
oder Leſſings, zum zierlichen Schäferſpiel. So

ward uns die Bieder-

unſerm kleinmenſch-
lichen Alltag. Gewiß
hat ſich der Garten
des Lebens hinter
unſerm ſchuldigen
Urelternpaar ſchon
am Beginn alles
Geſchehens auf

ewig geſchloſſen,

aber was wir im

ermüdenden

Gleichmaß der *
Tage am unmittel-
barſten vermiſſen: oll. 4
te es das nicht noch u
gegeben haben, als
der Großvater die
Großmutter nahm?
Sicherlich ſpielt bei
ſolchen Gedanken ge-
fühlsſelige Selbſttäu-.
ſchung mit, aber es
iſt 5 auch ein lie-


meierzeit zum Sinn-
bild behaglicher Ge-
mütlichkeit, und doch
war auch ſie erfüllt
von den heftigſten
Erregungen. In
Politik und Lite-
ratur, in Wiſſen-
ſchaft und Tech-
nik wurde Ge-
waltiges vorbe-
reitet und geſtal-
tet, und auch die
Kunft pflegte keines-
wegs ausſchließlich
die kleinbürgerliche
Idylle.

Dennoch haben wir
ein Recht, uns jene
beruhigten Jahr-
zehnte nach den na-
poleoniſchen Kriegen
in ſo friedvoller Ge-

benswürdiger Zug

laſſenheit vorzuſtel-