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Velhagen & Klasings Monatshefte — Band 28, 2.1913/​1914

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afari — ſo nennt man in Deutſch-
Oſtafrika eine Reiſe mit Trägern
und Zelten. Eine umſtändliches
S 3 Unternehmen, aber ich hatte Glück,
denn ich brauchte mich auf der
ganzen Reiſe um nichts zu kümmern, brauchte
keine Träger anzuwerben, keine Auswahl
in den Eßvorräten zu treffen und keine Trag-
laſten abzuwiegen. Ich konnte meine ganze
Kraft meiner Kunſt widmen. Als ich die letzte
Porträtſkizze, die ich mir noch vorgenom-
men, auf der Plantage meines Freundes in
Mkuſe (Oſt⸗Uſambara) gemalt hatte, brauchte
ich mich nur noch in einen bereitgeſtellten
Liegeſtuhl zu ſetzen, und vier gut gebaute
Eingeborene hoben mich an zwei Bambus-
ſtangen ſamt dem Stuhle hoch. Über allen
Trägern thronend, wurde ich auf Negerpfaden
in die Tropenpracht hinausgetragen, dem
Weſt⸗Uſambaragebirge entgegen, durch eine
Landſchaft, die ſich mit immer ſchöneren und
den abwechſlungsreichſten Reizen ſchmückte.
Zuerſt ging es noch durch gepflegtes Land
der Plantage. Kautſchuk⸗, Baumwoll⸗ und
Siſalanpflanzungen wechſelten mit Gruppen
von über dreißig Meter hohen Mwuhleholz-
bäumen. Später kamen Eingeborenenkul-
turen (Mais, Manioka), die meiſt durch Feuer
ſtark beſchädigt waren, denn auch hier, wie
in Kamerun, haben die Eingeborenen die
Gewohnheit, jedes Jahr das trockene Ele-
fantengras und die dürren Aſte anzuſtecken;
dabei entſtehen oft gewaltige Grasbrände,
durch die viele Werte vernichtet werden.
Verkohlte, geſpenſterhaft ausſchauende große
Baumleichen zeugen dann von der Macht des
Feuers, gegen die ſich die Anpflanzungen der

Europäer durch breite Brandſtreifen ſchützen,
die das verzehrende Element nicht über-
ſpringen kann.

Auf unſerem Marſch wurde es urwald-
artiger und bergiger. Die Träger ſchwitzten
ſtark, waren jedoch guter Laune und ſangen
und jauchzten vor Freude, namentlich ſobald
ſie aus aufſteigendem Rauch ſchließen konn-
ten, daß Eingeborene in der Nähe wohn-
ten. Wenn die Dorfleute dann, vom Geſange
angelockt, gelaufen kamen, trugen ſie uns
und unſer Gepäck zum Zeichen ihrer Gaſt-
freundlichkeit bis an ihre Gaugrenze. Unſere
Kerle ließen ſich dies gern gefallen und zeig-
ten ſich durch Erzählen des „Allerneueſten“
erkenntlich.

Plötzlich ſtanden wir vor einem breiten
Bach. Langſam trugen uns die Leute, die
mit Stöcken nach vermeintlichen Krokodilen
taſteten, hindurch. Dann ging's auf der an-
deren Uferſeite ſteil hoch, und, oben angelangt,
wurde kurze Raſt gemacht. Die dreißig
Schwarzen, muskulöſe Männer, ſtürzten ſich
ſchreiend ins Waſſer. Es war eine Freude,
in dieſer gigantiſchen Tropenpracht, unter
den Urwaldrieſen, die braunſchwarzen, ſchön
gewachſenen Kerle jauchzend im ſchnellfließen-
den rotbraunen Waſſer baden zu ſehen. Eine
Viertelſtunde ſpäter waren wir ſchon wieder
unterwegs. Ein tiefes Tal — wieder ein
hoher Aufſtieg — kurze Raſt, dann aber
ſchnell weiter, bergauf, bergab, denn die
Sonne ſank tiefer, und die Nacht wollte an-
brechen. Wir überſchritten den rauſchenden
Pangani über eine lange, ſchwankende, nur
von zwei Seilen getragene Hängebrücke.
Unter uns ſchäumte der reißende, von Kroko-
 
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