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Velhagen & Klasings Monatshefte — Band 28, 2.1913/​1914

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Onkel Nepomuk aus Celebes S
'. Eine ganz verrückte Schloßnovellette von Paul Scheerbart N
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in Luftſchifftelegramm für Herrn Adolf Sommer!“ Alſo rief D
2 der Poſtbote. Und haſtig öffnete Herr Sommer das umfang: d
. reiche Telegramm, das folgendermaßen lautete: „Lieber A
W Adolf, hier iſt uns mitten über einer ſehr großen arabijhen
Wife der Kaviar ausgegangen. Ich habe geſlacht wie ein alter Seebär. ED
Dass hat aber nichts geholfen. Unſer Luftomnibuskapitän hat nur ein⸗ A
fach gelacht, daß ihm die Tränen über die Wangen rollten. Wir lan⸗ n
Sg den übermorgen auf dem Wannſee bei Berlin. Sei mit Auto zur Stelle s

— und bringe zwei Pfund Kaviar mit und etwas Münchner Bier. Ich —

O bin Dein alter Onkel Nepomuk aus Celebes. Augenblicklich tauſend &—
Meter hoch in klarer Luft.“

Herr Adolf Sommer, ein Berliner Architekt, ließ das Telegramm N

V auf den Fußboden fallen und zündete ſich eine Zigarette an. Er lag 2

Y auf einem Diwan in einem Leſekabinett des ſogenannten „Schloſſes“. V
2 Das „Schloß“ war nicht ein „gewöhnliches“ Schloß. Das „Gewöhn⸗ e
liche“ hatte man ſich in der Mitte des zwanzigſten Jahrhunderts in A
den Kulturzentren ſo ziemlich abgewöhnt.
O3 Herr Sommer befand ſich im Schloß zu Dahlem. Und dieſes Schloß ED
war eigentlich ein Bücherſchloß. Hier konnte man Bücher leſen und 2
kaufen und auch leihweiſe erhalten. Aber — es gab nur Bücher mit —
-; architektoniſchem Inhalt. Das ganze Schloß war von der weltberühmten
Vereinigung Berliner Architekten erbaut und eigentlich dazu da, den 2
D Bauluſtigen noch mehr Luſt zum Bauen beizubringen. r
Dreihundert Leſekabinette gab's da: alle mit Diwans. Und lange 2 0
Ketten hingen von der Decke herab, die unten eine Art Notengeſtell S
2 hatten, auf die man dicke Folianten hinauflegen konnte, ſo daß ſich 8
2 „dieſe auch in liegender Stellung auf dem Diwan leſen ließen. 3
* Die Wände und Decken der Leſekabinette beſtanden aus bunt orna⸗ 0
mentiertem Glaſe. Aberall doppelte Glaswände, zwiſchen denen elek⸗ C
triſches Licht. Heizkörper befanden ſich in bunten Glasſäulen. w

SE Die Architekten der damaligen Zeit intereſſierten ſich in erſter Linie o
für die Glasarchitektur — und ſo war das „Schloß“ zu Dahlem ein /
großes Glasſchloß. Die Glaspaläſte im nahe gelegenen Botaniſchen V
Garten waren noch lange nicht ſo prachtvoll und glänzend wie das Y

berühmte Bücherſchloß, das eigentlich aus ſechzehn Schlöſſern beſtand. 2

D Die genauere Schilderung würde leider zu weit führen. Um kurz zu h
.._ ſein, nur folgende Bemerkung: 8
N Jüngeren Architekten wurden hier auch Schlafräume und Reſtaura- Z
1 tionsräume zur Verfügung geſtellt zu ziemlich mäßigen Preiſen. Die N
4 jüngeren Architekten blieben leider Miete und Beköſtigung zumeiſt ſchul⸗ _
2 dig und wurden dafür genötigt, Bauluſtige herbeizubringen. h
In dieſer Lage befand ſich auch Herr Adolf Sommer — ſeine Hotel⸗ :
ſchulden betrugen ſchon 750 Mark. Herr Sommer ging nun gleich mit dem —
großen Telegramm zum Direktor des Inſtituts. Und der ſorgte ſofort für e
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