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Velhagen & Klasings Monatshefte — Band 28, 2.1913/​1914

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Armand dem Todkranken Beiſtand zu
leiſten.
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Die Nachricht von dem Malheur, das
den Sieur de Clarence betroffen, kam ein
wenig ſpät zu Seiner Königlichen Hoheit
dem Markgrafen Karl Alexander von Ans-
bach⸗ Bayreuth.

Ein wenig ſpät auch zu Lady Craven.

Seine Königliche Hoheit hatten am
Abend die Lady auf dem Prinzenſchlöß-
chen beſucht und waren erſt in der Däm-
merung des anderen Tages zu den Re-
gierungsgeſchäften zurückgekehrt.

Der durchlauchtigſte Herr Markgraf
hatten dann eine ſo große Teilnahme an
dem Unfall des Sieur de Clarence, daß
Hoheit die Faſſung nicht beſaßen, den
Kranken ſelbſt aufzuſuchen und Höchſtihre
Trübſal zu zeigen.

Der Leibarzt und der Kammerpräſident
richteten das dem Sieur in Altenmuhr aus,
wären aber in Verlegenheit geweſen, wenn
ſie hätten ſagen müſſen, daß der Kranke
einen dankbaren Reſpekt vor ſo gnädigen
Worten bezeugt hätte. Denn ſie fanden
einen, der nach der Meinung des Leibarztes
wohl noch manchen Tag hätte leben können,
der aber nichts mehr begriff von dem, was
um ihn vorging.

Drei lange Tage und Nächte horchte der
alte Armand auf die Atemzüge ſeines Herrn,
und horchte hinaus aus den Fenſtern, ob
nicht ein Wagen die Straße käme.

Denn er hatte doch Boten geſandt.

Und als der Sieur ſchon auf dem Pa-
radebett lag, da wartete der alte Armand

noch. Und er wollte den Sarg nicht ſchließen
laſſen, ehe jemand gekommen war — je-
mand, den er nicht nannte, gekommen
war —

Aber endlich mußte man den bleichen,

ſchlanken Sieur beſtatten. Die Augen, die
Jaime Maria die liebſten geweſen waren,
hatten ihn nicht mehr geſehen.
E 88 8
— — Es iſt bekannt, daß Karl Alexan-
der, der letzte Markgraf von Ansbach-
Bayreuth, bald nach ſeiner Vermählung
mit Elizabeth Lady Craven ſeine Fürſten-
tümer an Preußen abtrat und mit ſeiner
Gemahlin nach England überſiedelte. Der
ſtolzen Britin hatte es in den fränkiſchen
Landen nicht mehr gefallen, ſie wollte unter
anderen Himmelsſtrichen leben.

Von ihrem wunderbaren Sohn Keppel
hat die Hiſtorie nichts bewahrt. Er muß
ſeine Talente in ſeiner Knabenzeit erſchöpft
haben.

Das Schloß von Altenmuhr ſtand eine
Weile wieder in der Verlaſſenheit, aus


Sieur Jaime Maria — Gott ſchenke ſeiner
Seele Frieden — erweckt hatte. Das Schilf
wuchs wieder über dem traurigen Weiher,
und die Kaſtanien breiteten ihre verwirr-
ten Zweige über einen ſtillen Platz mit
einem grauen Leichenſtein. —

Ein andrer Emigrant hatte ſpäter Mut
und Herz genug, trotz der unheimlichen
Begebenheit mit dem Sieur de Clarence,
das Schloß in Altenmuhr zu beziehen und
dort eine Familie zu gründen, die noch
heute fortbeſteht.




So darf mein Antlitz in dem Spiegel ruhn;
Ein Gold in Gold wird nichts der Stille tun.

Allein mit eins hat mich mein Leid erfaßt;
Da ward die Larve dünn und iſt verblaßt.

Ehe mein Leid in deinen Spiegel brach,


Heinrich Broichſitter


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