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Velhagen & Klasings Monatshefte — Band 28, 2.1913/​1914

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Heft 8
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Illustrierte Rundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.66819#0744

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Man hat oft darüber geſcholten, und es
bleibt doch eine anmutige Sitte, Zwecke
der Wohltätigkeit durch künſtleriſche und vor
allem geſellſchaftliche Mittel zu fördern. Ge-
wiß wäre es würdiger, wenn jedermann ohne
beſonderen Antrieb von außen zur Steuerung
irgendwelcher Notſtände in den Geldbeutel
griffe und ſich ohne jegliche Gegenleiſtung
an ſeinem guten Gewiſſen genügen ließe,
aber nur wenige ſind ſo ſelbſtlos. Die meiſten
wollen — um es grob auszudrücken — für ihr
Geld etwas haben, und der oder ſagen wir
beſſer: die, die zuerſt die Begriffe Wohl-
tätigkeit und Feſt zuſammenſchweißte, war
eine vortreffliche Menſchenkennerin. Die Le-
gierung wird ſich noch lange bewähren, und
wenn je, ſo wird hier der verpönte und doch
kluge Grundſatz in Geltung bleiben, daß der
Zweck die Mittel heiligt, zumal wenn ſie ſich
ſo liebenswürdig zeigen, wie in der Aus-
ſtellung, die kürzlich unter dem Titel „Der
Strauß“ in Berlin veranſtaltet worden iſt.

Schon der Name war ein Erfolg. Man
behielt ihn, als man zum erſtenmal von dem
Plan in der Zeitung las, denn er war be-
zeichnend, kurz und doch auch nicht völlig er-
ſchöpfend, alſo lockend. Der gute Zweck war
offenbar: die nicht eben gering bemeſſenen
Eintrittsgelder ſollten die Kaſſe der vor kur-
zem ins Leben gerufenen Cecilienhilfe füllen
helfen, einer Vereinigung, die unter der
Fürſorge der Kronprinzeſſin vornehmlich
ſolchen Bedürftigen beiſtehen ſoll, die ſich
aus nicht unberechtigten ;

und planmäßiger Arbeit zuſammenfaßt. Die
Mittel will ſie ohne laufende Mitglieder-
beiträge aus Einnahmen durch Schenkungen,
letztwillige zuwendungen, Sammlungen, Lot-
terien ſowie durch beſondere Veranſtaltungen
wie eben den „Strauß“ aufbringen. Es wird
der umſichtig angelegten Organiſation an
Erfolg nicht fehlen.

„Der Strauß“ — er ſtand unter dem Pro-
tektorat der Prinzeſſin Auguſt Wilhelm und
wurde von der Kaiſerin ſelber eröffnet —
zählte zu den glänzendſten geſellſchaftlichen
Ereigniſſen in Berlin. Durch die Zimmer
der Vereinigten Werkſtätten drängten ſich
die Vertreterinnen der vornehmen Berliner
Geſellſchaft, um zu bewundern, wie aller-
höchſte und höchſte Herrſchaften (und auch
ſie ſelbſt!) der Aufgabe gerecht geworden
waren, dieſe durchweg von Künſtlerhand
entworfenen Räume mit Blumen zu ſchmücken.
Natürlich war es nicht möglich geweſen, in
den etwa fünfzig Räumen, die gezeigt wur-
den, den Dilettantismus unedlen Schlages
völlig fernzuhalten. Die Damen ſollten zei-
gen, wie ſie die Blumen in ihrem Heim ge-
ſchmackvoll und ſinnreich zu verwenden pfle-
gen, nicht nur als Tafelſchmuck, ſondern auch
als beſcheidene Zimmerzier. Es war ſchwer,
dieſe ausgeſprochene Hauskunſt zum Aus-
ſtellungsobjekt zu machen. Gerade die zar-
teſten Wirkungen, die daheim entzücken, ver-


daß das Beſtreben, zu glänzen, manche Aus-
ſtellerin zu einer Über:

Gründen ſcheuen, ihre
Notlage der Offentlich-
keit preiszugeben. Sie
will verſchämten Armen,
für die der Staat
und die öffentliche Ar-
menpflege nicht in genü-
gender oder geeigneter
Weiſe eintreten können,
paſſenden Erwerb ver-
mitteln, will die Er-
ziehung und Ausbil-
dung ihrer Kinder über-
wachen und ſich insbe-
ſondere der Alten und
Siechen annehmen, und
zwar alles das ins-
geheim. Sie baut da-
bei auf den ſchon in
ähnlicher Weiſe wir-
kenden Vereinen und
Stiftungen weiter, in-
dem ſie ſie unter Wah-




fülle des Guten verlei-
tete. Aber ſolche kleinen
Schönheitsfehler werden
jeder, zumal jeder Lieb-
haberausſtellung anhaf-
ten, und ſie haben nie-
mand gehindert, ſich des
Ganzen, auch ohne Rück-
ſicht auf den guten Zweck,
zu freuen. Sehr hübſch
war, was das Material
angeht, daß vorwiegend
in Deutſchland gezogene
Blumen verwendet wur-
den. Tulpen, Roſen und
Orchideen ſind die Lieb-
linge der Saiſon, ſo
ſehr, daß ſie mit ihrer
Vorherrſchaft faſt die
ganze Ausſtellung in
einen rötlichen Schim-
mer tauchten. Natürlich

rung ihrer Selbſtän-
digkeit zu einheitlicher 8

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war die Pracht nach we-
nigen Tagen hinüber,
und wir preiſen die Kunſt
 
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