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Velhagen & Klasings Monatshefte — Band 28, 2.1913/​1914

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geſchauten und zum Leben geweckten Ein-
heit hat in der Bühne Bayreuths, an deren
Spitze eine der mächtigſten künſtleriſchen
Perſönlichkeiten aller Zeiten ſtand, die ſich
zudem hier noch für die Kinder der eigenen
Muſe einſetzte, den reinſten Ausdruck ge-
funden. Die Inſzenierungen des „Ringes“
von 1876 und des „Parſifal“ von 1882
ſind, ſo viele und ſo ausgezeichnete Helfer
hier an der Arbeit waren, letzten Endes
durchaus das eigene Werk Richard Wag-
ners geweſen.

Der „Ring“ erfuhr ſpäter, als er den
Bühnen im Reich übergeben wurde, auf
dieſen gleich den früheren Werken Wag-


ners manche Umbildung nach der Seite der
äußeren und inneren Inszenierung, Ver-
änderungen, die bisweilen, wenn auch
gewiß nicht immer, Verbeſſerungen waren.

„Parſifal“ hingegen kannte man bis vor
kurzer Zeit einzig in derjenigen Geſtalt,
die der Meiſter ſelber dem ſein Leben
krönenden Bühnenweihfeſtſpiel ein Jahr
vor ſeinem Tode in der Uraufführung zu
Bayreuth noch gegeben hatte, da dieſes
nach ſeinem Wunſche die einzige Stätte
ſeiner Aufführung bleiben ſollte. Mit einer
die Erben ehrenden Pietät befolgt man
hier bis zum heutigen Tage im muſikaliſch-
dramatiſchen Stil bis in Einzelheiten hin-
ein auf das getreulichſte die Weiſungen
Wagners, wie auch die Szenerien zum

großen Teile noch trotz ihrer mehrfachen
Erneuerung nicht weſentlich von den Ori-
ginalen von 1882 abweichen. So zeigt der
tiefe achteckige Kuppelſaal des Gralstem-
pels ſich noch in ganz ähnlicher Form,
wie Wagners junger ruſſiſcher Freund
Paul von Joukowski ihn einſt entwarf, der
ſeinerſeits wohl von einer Dekorationsſkizze
Schinkels für den Tempel der Veſta zu der
Berliner Aufführung von Spontinis Oper
„Die Veſtalin“ angeregt war. Andere Bil-
der wiederum haben häufiger Umgeſtal-
tungen erfahren. Noch 1911 iſt nach mehr-
fachen früheren Verſuchen die Hauptſze-
nerie des zweiten Aktes, der Zaubergarten,
diesmal nach Anga-
ben Siegfried Wag-
ners, erneuert wor-
den. Dieſe Szene be-
friedigt vor allem
durch eine ausge-
zeichnete techniſche
Löſung ihrer Ver-
wandlung in die Ein-
öde, die durch ein
plötzliches Zuſam-
menfallen der auf
Schleier aufgenäh-
ten Blüten bewerk-
ſtelligt wird, eine
ſinnreiche Erfindung
des Bayreuther Ma-
ſchineriedirektors

Kranich, die in ähn-
licher Weiſe auch bei
manchen der jüngſten
Aufführungen im
Reiche Verwendung gefunden hat.

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Richard Wagner iſt im Zeitalter der
Hiſtorienmalerei groß geworden, deren Stil
ſich auch den Theaterdekorationen dieſer
Periode allzu deutlich aufprägte, ohne daß
in der Bühnenmalerei mit verſchwindenden
Ausnahmen Männer tätig geweſen wären,
die ſich an künſtleriſchen Fähigkeiten mit
den begabteren Vertretern jener Kunſtrich-
tung irgendwie hätten meſſen können. Auch
Wagner war mit den Zuſtänden der deut-
ſchen Theaterateliers nicht ganz ſo einver-
ſtanden, wie gelegentlich gerne behauptet
wird. In ſeinen Bayreuther Briefen fin-
den ſich manche heftige Klagen über die
„elende Dekorationsmalerei“. Er empfand
 
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