Kuliſſen über Baumann und ſeine Vor-
liebe für die kleine Choriſtin getuſchelt
hatten. Sogar die Ohlenſchläger, die ſich in
ihrer Eigenſchaft als Primadonna zu er-
haben über das Schauſpiel fühlte, um ſich
mit ihm zu beſchäftigen, hatte eines Tages
zu Plank geſagt: „Exzellenzerl, weißt
ſchon, wer in einem fort beieinander ſteckt?
Der alte Baumann und der Fratz, die
kleine Müller.“
Plank hatte damals gelächelt und entgeg-
net: „Tilly, deine Phantaſie iſt noch korrup-
ter als du ſelbſt!“ und war auf das Thema
gar nicht weiter eingegangen. Er hielt es
gar nicht für nötig, Fräulein Ohlenſchläger
auseinanderzuſetzen, daß er ſelbſt Chriſtel
beſonders an Baumann empfohlen hatte
und daß es ihn freute, wenn dieſer ſich des
Mädchens annahm. Wozu Dinge ausein-
anderſetzen, die anſtändig und gut waren
und darum weit über den Horizont ſolcher
Köpfe gingen? Der Intendant ſagte alſo
nichts und vergaß auch ganz, ſich bei Bau-
mann beſonders nach Chriſtel zu erkun-
digen. Er hörte dann wohl von ihren ver-
geblichen Verſuchen, ein Engagement zu
finden, und es tat ihm recht leid, daß ſie
überall Mißerfolge davontrug. Aber da
ließ ſich nichts machen; das war nicht mehr
ſeine Sache. Er und Baumann hatten das
möglichſte für das Mädel getan; nun mußte
ſie ſehen, wie ſie allein mit ſich und ihrem
Leben fertig wurde.
Als er den hochangeſchwollenen Einlauf
betrachtete, der während ſeiner Abweſen-
heit ins Bureau geſtrömt war, fiel ihm ein
Schreiben Chriſtels in die Hände, in dem
ſie „wegen veränderter Familienverhält-
niſſe“ um einen längeren Urlaub eingab.
Der Intendant las das Schreiben, ſchüttelte
den Kopf, las es noch einmal und rief dann
ſein Faktotum, den Theaterdiener Eder.
„Sagen Sie, Eder, was iſt denn mit der klei-
nen Müller los?“ Der Theaterdienergrinſte.
Der Intendant meinte das Grinſen zu
verſtehen. „Aha! Sie will einen Urlaub
für längere Zeit! Alſo. .. weiß man denn,
mit wem ſie ſo reingefallen iſt?“
Der Theaterdiener grinſte noch mehr.
Man ſah ihm die Freude an, daß er jetzt
eine Neuigkeit verkünden durfte, die wie
eine Bombe einſchlagen mußte. „Nein,
nein, Exzellenz, das iſt ganz anders. Die
Müller heiratet.“
„So? Na, das freut mich, daß ſie wenig-
ſtens an einen anſtändigen Menſchen ge-
kommen iſt.“
Das Geſicht des Theaterdieners ging
jetzt vor Vergnügen faſt aus den Fugen.
„Nein, Exzellenz, das iſt ganz anders.
Die nimmt Urlaub, weil ſie wirklich
heiratet, und weil er die Sache vorläufig
noch geheim halten will, iſt ſie bloß um
Urlaub eingekommen, nicht gleich um die
Entlaſſung. Aber das ganze Theater weiß
es ja doch!“
Nun wurde der Intendant neugierig.
„Alſo, Eder, ſprechen Sie ſich einmal deut-
licher aus! Das wird Ihnen, wie ich Sie
kenne, nicht unangenehm ſein, und ich bin
nun doch geſpannt, was das eigentlich mit
dieſer geheimnisvollen Heirat der Müller
it
„Alſo haben Exzellenz noch gar nichts
davon gehört?“
„Sonſt würde ich Sie wahrſcheinlich
nicht drum fragen!“
Eder holte tief Atem, machte noch, wie's
einem in Theaterdingen erfahrenen Mann
zukommt, eine kleine Spannungspauſe und
ſagte nachdrücklich: „Der Herr Oberregiſ-
ſeur heiratet ſie!“
Der Intendant ſah ihn an, als hätt' er
ihn nicht verſtanden.
„Wer heiratet ſie?“
„Nun, Euer Exzellenz, der Herr Ober-
regiſſeur! Der Herr Oberregiſſeur Bau-
mann.“
Der Intendant war eine Sekunde
ſprachlos. „Aber das iſt ja nicht möglich,
das iſt doch ganz unmöglich...“
Eder ſchüttelte den Kopf. „Nein, Exzel-
lenz wollen verzeihen, es hat ſchon ſeine
Richtigkeit! Sie wollen's ja noch nicht
wiſſen laſſen, bis nach der Hochzeit, aber,
wie geſagt, das ganze Theater ſpricht ſchon
davon!“
Der Intendant beharrte. „Ich kann das
doch nicht glauben. Man hat Ihnen einen
Bären aufgebunden, Eder, oder es iſt nur
Klatſch! Der alte Baumann kann doch
unmöglich eine ſolche Torheit, einen ſolchen
Wahnſinn begehen!“
Worauf Eder nur phlegmatiſch er-
widerte: „Erzellenz werden ja ſelbſt ſehen!“
„Wenn er das tut, dann glaub' ich
wirklich, daß er ſchon kindiſch geworden
iſt Eder zuckte die Achſen Der