FE Berliner
Schon mehrmals hat ſich Bahr ſein wunder-
hübſches Eheſtückchen „Das Konzert“ als
Muſter dienen laſſen. Aber ſeltſam: an-
deren glückt die Nachahmung viel beſſer.
Freilich, die geiſtreich blitzenden Feuilletons,
die auf der Szene heruntergeplaudert wer-
den, ſind auch im „Phantom“ in derſelben
Fülle vorhanden, und es gibt auch hier
wieder eine gute Anzahl Typen, die einen
Schuß vertrottelten Wienertums, Shawſchen
Spleens und Bahrſcher Salonrevolutionie-
rerei in ſich haben. So iſt für Amüſement
während einiger kurzen Abendſtunden immer-
hin geſorgt, und Karl Foreſt als gehörnter
Ehemann, Elſe Lehmann als Schwieger-
mutter und Annaliſe Wagner als Frauchen
mit dem heimlich⸗ unheimlichen Fehltritt
ſind ſehenswert. Der „Falke“ in dieſer Ehe-
bruchskomödie iſt die Haltung des Ehemanns:
er tut nämlich das Gegenteil von dem, was
bei ſo peinlichen Geſtändniſſen der Frau in
der Literatur und im Polizeibericht üblich iſt.
Er verſteht und verzeiht. Um aber den-
jenigen Parkettbeſuchern,
die auf dem Hebbelſchen
Standpunkt ſtehen, daß
darüber kein Mann hin-
wegkönne, eine goldene
Brücke zu bauen, ver-
ſichert er ihnen: der dä-
moniſche Dritte, dem die
ungetreue kleine Frau
nachgelaufen iſt, habe von
der guten Gelegenheit kei-
nen Gebrauch gemacht.
Und das Ergötzliche iſt:
der Ehemann fühlt ſich
lediglich dadurch beleidigt,
daß dieſer fremde wunder-
liche Heilige ſeine hübſche
kleine Frau — verſchmäht
hat.
Von ſolch drolligem
Ballſpiel mit Moralbegrif-
fen lebt auch Heinrich Il-
genſteins „Kammermuſik“,
ein kleiner Künſtlerſchwank
im Stil des jüngeren Bahr,
der von der Filialgeſell-
ſchaft des Berliner Thea-
ters im Komödienhaus
gegeben wird. Die Herzo-
ginwitwe Erneſtine duldet
an ihrem Hoftheater keine
Künſtlerehen. Alſo muß
der Opernſänger Rudolf
von Niemeyer ſeine rei-
zende Frau und Bubi ver-
heimlichen. Doch Hilde
wird entdeckt und für ſein
Verhältnis gehalten. Das
vergibt ihm die Herzogin-
witwe, die ihre Flirt-
bedürfniſſe an ihrem Hof-
theater zu befriedigen
pflegt, allenfalls noch.
Zur Kataſtrophe kommt
es aber, als der ſtandesamtliche Charakter
dieſer Geliebten an den Tag kommt. Das
Gegenſpiel der durch den Prinzen Bernhard
umworbenen jungen Künſtlersfrau, die die
leichte Fliege ſpielen muß, iſt ſehr luſtig
durchgeführt, weil hier natürlich die Eifer-
ſucht des Gatten einſetzt. Otto Gebühr als
Opernſänger, Eugen Burg als Hoftheater-
intendant, vor allem Ida Wüſt, gaben dem
Abend ein künſtleriſches Niveau, das ſich be-
trächtlich über die ſonſtigen leichten Winter-
erfolge erhebt: die „Prinzeß Gretl“ und
„Die verbotene Stadt“, aus denen hier noch
ein paar Bildchen vorgeführt ſeien.
Der aus Wien wiedergewonnenen Ida
Wüſt, die vor fünf, ſechs Jahren trotz ihrer
Jugend ſich im „Zerriſſenen“ als komiſche
Alte einen Bombenerfolg holte, werden wir
hoffentlich bald in komplizierteren Aufgaben
begegnen. Hier bereitet ſich in aller Stille
die berufene Erbin der Frieb und der Schramm
auf eine glänzende Laufbahn vor.
Paul Oskar Höcker.
Schon mehrmals hat ſich Bahr ſein wunder-
hübſches Eheſtückchen „Das Konzert“ als
Muſter dienen laſſen. Aber ſeltſam: an-
deren glückt die Nachahmung viel beſſer.
Freilich, die geiſtreich blitzenden Feuilletons,
die auf der Szene heruntergeplaudert wer-
den, ſind auch im „Phantom“ in derſelben
Fülle vorhanden, und es gibt auch hier
wieder eine gute Anzahl Typen, die einen
Schuß vertrottelten Wienertums, Shawſchen
Spleens und Bahrſcher Salonrevolutionie-
rerei in ſich haben. So iſt für Amüſement
während einiger kurzen Abendſtunden immer-
hin geſorgt, und Karl Foreſt als gehörnter
Ehemann, Elſe Lehmann als Schwieger-
mutter und Annaliſe Wagner als Frauchen
mit dem heimlich⸗ unheimlichen Fehltritt
ſind ſehenswert. Der „Falke“ in dieſer Ehe-
bruchskomödie iſt die Haltung des Ehemanns:
er tut nämlich das Gegenteil von dem, was
bei ſo peinlichen Geſtändniſſen der Frau in
der Literatur und im Polizeibericht üblich iſt.
Er verſteht und verzeiht. Um aber den-
jenigen Parkettbeſuchern,
die auf dem Hebbelſchen
Standpunkt ſtehen, daß
darüber kein Mann hin-
wegkönne, eine goldene
Brücke zu bauen, ver-
ſichert er ihnen: der dä-
moniſche Dritte, dem die
ungetreue kleine Frau
nachgelaufen iſt, habe von
der guten Gelegenheit kei-
nen Gebrauch gemacht.
Und das Ergötzliche iſt:
der Ehemann fühlt ſich
lediglich dadurch beleidigt,
daß dieſer fremde wunder-
liche Heilige ſeine hübſche
kleine Frau — verſchmäht
hat.
Von ſolch drolligem
Ballſpiel mit Moralbegrif-
fen lebt auch Heinrich Il-
genſteins „Kammermuſik“,
ein kleiner Künſtlerſchwank
im Stil des jüngeren Bahr,
der von der Filialgeſell-
ſchaft des Berliner Thea-
ters im Komödienhaus
gegeben wird. Die Herzo-
ginwitwe Erneſtine duldet
an ihrem Hoftheater keine
Künſtlerehen. Alſo muß
der Opernſänger Rudolf
von Niemeyer ſeine rei-
zende Frau und Bubi ver-
heimlichen. Doch Hilde
wird entdeckt und für ſein
Verhältnis gehalten. Das
vergibt ihm die Herzogin-
witwe, die ihre Flirt-
bedürfniſſe an ihrem Hof-
theater zu befriedigen
pflegt, allenfalls noch.
Zur Kataſtrophe kommt
es aber, als der ſtandesamtliche Charakter
dieſer Geliebten an den Tag kommt. Das
Gegenſpiel der durch den Prinzen Bernhard
umworbenen jungen Künſtlersfrau, die die
leichte Fliege ſpielen muß, iſt ſehr luſtig
durchgeführt, weil hier natürlich die Eifer-
ſucht des Gatten einſetzt. Otto Gebühr als
Opernſänger, Eugen Burg als Hoftheater-
intendant, vor allem Ida Wüſt, gaben dem
Abend ein künſtleriſches Niveau, das ſich be-
trächtlich über die ſonſtigen leichten Winter-
erfolge erhebt: die „Prinzeß Gretl“ und
„Die verbotene Stadt“, aus denen hier noch
ein paar Bildchen vorgeführt ſeien.
Der aus Wien wiedergewonnenen Ida
Wüſt, die vor fünf, ſechs Jahren trotz ihrer
Jugend ſich im „Zerriſſenen“ als komiſche
Alte einen Bombenerfolg holte, werden wir
hoffentlich bald in komplizierteren Aufgaben
begegnen. Hier bereitet ſich in aller Stille
die berufene Erbin der Frieb und der Schramm
auf eine glänzende Laufbahn vor.
Paul Oskar Höcker.