Die nordischen Bronzewaffen
Von Dr. Hugo Kühl
In Band V dieser Zeitschrift habe ich ver-
sucht, einen naturwissenschaftlichen Über-
blick über jene ferne Zeit zu g-eben, die der
Bronze ihren Namen verdankt. Wir haben da-
mals gesehen, dafs die innere Zusammensetzung
der Bronze uns wertvolle Aufschlüsse darüber
gibt, welcher Zeit sie angehört.
Die historische Waffenkunde darf sich natür-
lich nicht lediglich auf den chemischen Beweis
stützen, sie sucht weitere Argumente und findet
sie naturgemäfs in der Entwicklung von Kunst
und Kultur. Die Art, in der ein längst verges-
senes Volk seine Toten bestattete, liefert uns
sichere Anhaltspunkte für die Beurteilung seiner
kulturellen Entwicklung, nicht minder aber die
Kunst, welche die Gerätschaften und Waffen
zeichnete, die der Tote mit erhielt in das un-
bekannte Land.
Wir wollen die drei beweiskräftigen Faktoren:
Zusammensetzung, Form (einschliefslich Orna-
mentik) und Fundstätte benutzen, um einen Über-
blick über die nordischen Waffen zu gewinnen _
Die ersten grundlegenden Arbeiten über nor-
dische Bronzen, auf die ich mich oft stütze,
stammen von O. Montelius und S. Müller, ihnen
schliefst sich dann die Mitteilung vonW. Splieth
über Bronzealterfunde in Schleswig-Holstein an.
Von diesen Autoren weiche ich in der Gruppie-
rung etwas ab, weil ich rein chemische Argu-
mente zur Beurteilung heranziehe. Es wäre dies
in noch weiterem Mafse geschehen, wenn mir
eine gröfsere Anzahl Bronzen verschiedener Zeiten
alsUntersuchungsmateriäl zugängig gewesen wäre.
Die Bedeutung chemischer Beweise brauche ich
nicht eingehend zu beleuchten, es sei verwiesen
auf meine Arbeit über Bronzewaffen. An dieser
Stelle sei nur noch einmal hervorgehoben, dafs
wir auf Grund einer chemischen Untersuchung
imstande sind zu sagen, eine als Bronze bezeich-
nete Masse gehört der Zeit des Kupfer an, ist
in die griechische Kulturperiode zu verlegen oder
entstand unter dem Einfiufs der römischen Cä-
sarenkultur.
Nicht im Norden stand die Wiege der Kultur;
an den Gestaden des Mittelmeeres, in Sidon und
Thyros wurden die ersten Kunstbronzen ge-
schaffen, welche für uns in Betracht kommen.
Verhältnismäfsig spät drang sie vor in den eisi-
gen Norden, der geographisch abgeschlossen war.
Als im Orient Kunst und Technik lange blühten,
als man dort seit mehr als zwei Jahrtausenden
Waffen aus Bronze g-ofs und kunstvoll verzierte,
lebte der nordische Okzident noch im Steinalter.
Die Anfänge der Metalltechnik finden sich in
Ägypten etwa 4000 vor Christo, volle 2000 Jahre
später finden wir erst ihre Anfänge im Norden.
Die ältesten Gräber aus dieser Zeit enthielten
Pfeilspitzen oder Dolche von Flintstein, Flint-
speere und einfache Beile (Schaftkelte) aus
Kupfer. Es sind dieses die ersten Metallwaffen,
deren Einfachheit schon verrät, dafs wir auf der
Schwelle einer neuen Zeit stehen. Noch ist die
Steinwaffe nicht verdrängt und nur der Vornehme
konnte sich aus Metall gegossene Beile leisten.
Ihre Form ist, wie gesagt, sehr primitiv; flache,
fast gleichmäfsig breite Blöcke aus Rohkupfer
sind flach bogenförmig ausgeschweift und besitzen
eine schwach gerundete Schneide. Von irgend
welcher Ornamentik finden wir keine Spur.
Die Kunst der Metallgiefserei bürgerte sich
langsam ein. Zunächst verzichtete man auf die
Ornamentik und legte ausschliefslich Gewicht auf
die praktische Form der Waffe. Die flachen Beile
verbreitern sich gegen die bogenförmige Schneide,
hierdurch wurde einerseits die Form gefälliger,
andererseits aber erhielt die Waffe eine zweck -
mäfsigere Gestalt. Wichtig ist, dafs diese Bronzen
schon Zinn enthalten und zwar etwa 3,6 °/0. Folgen
wir der technischen Entwicklung der Waffe weiter,
so können wir als nächste Stufe die massiven(
schweren Äxte mit Schaftloch, meist rechteckiger
gerader Bahn und keilförmig zusammenstofsenden
Seitenflächen ansehen. Es ist wohl anzunehmen,
dafs auch sie zuerst ohne Ornamentik geschaffen
wurden, Beweise hierfür liegen mir aber nicht
vor. Die gefundenen Äxte weisen an den Breit-
1
Von Dr. Hugo Kühl
In Band V dieser Zeitschrift habe ich ver-
sucht, einen naturwissenschaftlichen Über-
blick über jene ferne Zeit zu g-eben, die der
Bronze ihren Namen verdankt. Wir haben da-
mals gesehen, dafs die innere Zusammensetzung
der Bronze uns wertvolle Aufschlüsse darüber
gibt, welcher Zeit sie angehört.
Die historische Waffenkunde darf sich natür-
lich nicht lediglich auf den chemischen Beweis
stützen, sie sucht weitere Argumente und findet
sie naturgemäfs in der Entwicklung von Kunst
und Kultur. Die Art, in der ein längst verges-
senes Volk seine Toten bestattete, liefert uns
sichere Anhaltspunkte für die Beurteilung seiner
kulturellen Entwicklung, nicht minder aber die
Kunst, welche die Gerätschaften und Waffen
zeichnete, die der Tote mit erhielt in das un-
bekannte Land.
Wir wollen die drei beweiskräftigen Faktoren:
Zusammensetzung, Form (einschliefslich Orna-
mentik) und Fundstätte benutzen, um einen Über-
blick über die nordischen Waffen zu gewinnen _
Die ersten grundlegenden Arbeiten über nor-
dische Bronzen, auf die ich mich oft stütze,
stammen von O. Montelius und S. Müller, ihnen
schliefst sich dann die Mitteilung vonW. Splieth
über Bronzealterfunde in Schleswig-Holstein an.
Von diesen Autoren weiche ich in der Gruppie-
rung etwas ab, weil ich rein chemische Argu-
mente zur Beurteilung heranziehe. Es wäre dies
in noch weiterem Mafse geschehen, wenn mir
eine gröfsere Anzahl Bronzen verschiedener Zeiten
alsUntersuchungsmateriäl zugängig gewesen wäre.
Die Bedeutung chemischer Beweise brauche ich
nicht eingehend zu beleuchten, es sei verwiesen
auf meine Arbeit über Bronzewaffen. An dieser
Stelle sei nur noch einmal hervorgehoben, dafs
wir auf Grund einer chemischen Untersuchung
imstande sind zu sagen, eine als Bronze bezeich-
nete Masse gehört der Zeit des Kupfer an, ist
in die griechische Kulturperiode zu verlegen oder
entstand unter dem Einfiufs der römischen Cä-
sarenkultur.
Nicht im Norden stand die Wiege der Kultur;
an den Gestaden des Mittelmeeres, in Sidon und
Thyros wurden die ersten Kunstbronzen ge-
schaffen, welche für uns in Betracht kommen.
Verhältnismäfsig spät drang sie vor in den eisi-
gen Norden, der geographisch abgeschlossen war.
Als im Orient Kunst und Technik lange blühten,
als man dort seit mehr als zwei Jahrtausenden
Waffen aus Bronze g-ofs und kunstvoll verzierte,
lebte der nordische Okzident noch im Steinalter.
Die Anfänge der Metalltechnik finden sich in
Ägypten etwa 4000 vor Christo, volle 2000 Jahre
später finden wir erst ihre Anfänge im Norden.
Die ältesten Gräber aus dieser Zeit enthielten
Pfeilspitzen oder Dolche von Flintstein, Flint-
speere und einfache Beile (Schaftkelte) aus
Kupfer. Es sind dieses die ersten Metallwaffen,
deren Einfachheit schon verrät, dafs wir auf der
Schwelle einer neuen Zeit stehen. Noch ist die
Steinwaffe nicht verdrängt und nur der Vornehme
konnte sich aus Metall gegossene Beile leisten.
Ihre Form ist, wie gesagt, sehr primitiv; flache,
fast gleichmäfsig breite Blöcke aus Rohkupfer
sind flach bogenförmig ausgeschweift und besitzen
eine schwach gerundete Schneide. Von irgend
welcher Ornamentik finden wir keine Spur.
Die Kunst der Metallgiefserei bürgerte sich
langsam ein. Zunächst verzichtete man auf die
Ornamentik und legte ausschliefslich Gewicht auf
die praktische Form der Waffe. Die flachen Beile
verbreitern sich gegen die bogenförmige Schneide,
hierdurch wurde einerseits die Form gefälliger,
andererseits aber erhielt die Waffe eine zweck -
mäfsigere Gestalt. Wichtig ist, dafs diese Bronzen
schon Zinn enthalten und zwar etwa 3,6 °/0. Folgen
wir der technischen Entwicklung der Waffe weiter,
so können wir als nächste Stufe die massiven(
schweren Äxte mit Schaftloch, meist rechteckiger
gerader Bahn und keilförmig zusammenstofsenden
Seitenflächen ansehen. Es ist wohl anzunehmen,
dafs auch sie zuerst ohne Ornamentik geschaffen
wurden, Beweise hierfür liegen mir aber nicht
vor. Die gefundenen Äxte weisen an den Breit-
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