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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 6.1912-1914

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9. Heft
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Lenc, Ėduard Ėduardovič: Arsenalzeichen oder Beschau?
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https://doi.org/10.11588/diglit.39948#0319

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Arsenalzeichen oder Beschau?

Von Eduard von Lenz

Tedem Waffenhistoriker und wohl den meisten
Sammlern ist das sogenannte „Arsenalzeichen
) des Sultans Mohammed II“ bekannt, welches
sich auf Hunderten von Waffen aus der in ein
Zeughaus verwandelten St. Irenen-Kirche in
Konstantinopel vorfindet, doch hat unseres Wissens
noch niemand sich darum bemüht, die Richtigkeit
der angeführten Erklärung dieses Zeichens zu
begründen oder auch nur nachzuprüfen.
Das Vorkommen dieses Stempels auf Stücken
aus dem Irenen-Arsenale einerseits, das Hinauf-
reichen so mancher von ihnen bis in die zweite
Hälfte des 15. Jahrhunderts andererseits und end-
lich die grofse Menge derart gezeichneter Waffen,
welche die Möglichkeit ausschlofs, den Stempel als
Meistermarke anzusprechen — das waren die
tatsächlichen Grundlagen, auf welchen die Pro-
venienz des Zeichens aus Konstantinopel, die
Urheberschaft Sultan Mohammeds II und die
Qualifizierung als Arsenal marke aufgebaut wurden.
Die übrigen, zugunsten dieser Definition ange-
führten Gründe, so z. B. die Behauptung, das
Zeichen finde sich eingemeifselt auf den Säulen-
kapitälen der Irenen-Kirche, sind, wenn nicht
völlig aus der Luft gegriffen, so doch zum min-
desten durch nichts bewiesen.
In der Fachliteratur wird das betreffende
Zeichen u. a. von dem Grafen Meran, als auf einem
Partisaneneisen desiö.Jahrhunderts eingeschlagen,
besprochen1), wobei es als „vielfach verbreitetes
orientalisches, wohl auch oftmals nachgeahmtes
Waffenzeichen“ bezeichnet ist. In einer Fufsnote
wird ergänzend beigefügt, dafs, nach einer freund-
lichen Mitteilung des Herrn Professors Karabacek
an Professor Fritz Pichler, dieses Zeichen ein
tatarisches Tämghä, d. i. Zeichen (Wappen) irgend
eines Tataren-Chans sein soll.

*) Das Landeszeughaus in Graz 1880, S. 90, Taf. XXIX,
Abb. 1.

Demmin2) bringt die Marke in zwei voll-
kommen ungenauen und noch dazu auf den Kopf
gestellten Abbildungen und bemerkt dazu: „Auf
einer grofsen Anzahl von der alten St. Irenen-
Kirche in Konstantinopel herrührenden christ-
lichen und türkischen Waffen, die bis zum Ende
des 15. oder dem Anfänge des 16. Jahrhunderts
hinaufreichen könnten, findet sich dieses Zeichen,
das einem Waffenschmiede nicht angehört, wahr-
scheinlich jedoch der Stempel des Arsenals ist
und kufisch „Allah“ ausdrückt“.
Denselben Gedanken über die Bedeutung
der Schriftzeichen des Stempels bringt J.Szendrei3)
zum Ausdruck. Bei Besprechung eines Gewehr-
laufes (S. 584, Nr. 3212) nennt er den Stempel:
„Meisterzeichen.unter einem türkischen be
drei Elif-Buchstaben deutlich erkennbar. Das
letztere Zeichen ist die Abkürzung des arabischen
Wortes illahi, d. i. für Gott4)“. Wir können uns
mit dieser Interpretation nicht einverstanden er-
klären, erstens weil das „türkische be“ ganz un-
berücksichtigt bleibt, und zweitens darf nicht
aufser acht gelassen werden, dafs, wenn auch
das Schriftzeichen elif als symbolisches Zeichen
für „Allah“ gebraucht wird, eine dreifache Wieder-
holung dieses Symboles, wegen gar zu naher
Berührung mit dem christlichen Begriffe des
Dreieinigen Gottes, nach mohammedanischen An-
schauungen als ganz ausgeschlossen erscheint.
An einer anderen Stelle (S. 651, Nr. 3339),
bei Besprechung einer Schwertklinge „aus der
Waffensammlung in der Basilika zu St. Irene in

2) Die Kriegswaffen, 1886, S. 786.
3) Ungarische kriegsgeschichtliche Denkmäler Deut-
sche Ausgabe, 1890, S. 373, 584, 651.
4) Die weiterhin an dieser Stelle gemachte Angabe
über ein ähnliches, von den ismaelitischen Geldprägern
auf den Kupfergroschen Bela IV gebrauchtes Zeichen soll
weiter unten besprochen werden.

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