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Verein für Historische Waffenkunde [Editor]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 6.1912-1914

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5. Heft
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Jacobs, Johannes: Die Kgl. Gewehrkammer in München
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Forrer, Robert: Eine "Handkanone" in der Art des Codex byz. Vat. 1605 und der Büchse von Orsola-Arco
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https://doi.org/10.11588/diglit.39948#0192

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172 DR. JOHANNES JACOBS, DIE KÖNIGLICHE GEWEHRKAMMER IN MÜNCHEN VI. BAND

Einige hervorragend gearbeitete javanische
Kris zeigen reichgeschnittene mit Diamanten be-
setzte Griffe und mit Goldblech verkleidete
Scheiden.
Zum Schlüsse seien noch zwei kombinierte
Waffen erwähnt: Inv.Y 44 (Abb. 24), Faustrohr
mit kleinem Steinschnappschlofs mit Messing-
blatt und Messingbügel; an der Mündung des
Laufes ist ein messingener Pickelhammer an-
gebracht; der schlanke, fast ganz gerade Schaft
ist elegant mit Elfenbein eingelegt. Ein fast
gleiches Exemplar befindet sich in der Samm-
lung auf Schlofs Dyk, vergl. M. von Ehrenthal
Nr. 85 und Abb. Taf. V.
Die andere Waffe, Inv. R 27 (Abb. 25), ist
ein Hirschfänger mit einem Terzerol an der

Klinge; das Rohr befindet sich auf der Rück-
seite. Das Heft ist mit grüngebeiztem Horn
belegt, die Garnitur ziseliert und vergoldet.
Schon dieser flüchtige Blick in die Gewehr-
kammer läfst uns wünschen, dafs die vielen waffen-
technisch oder kunstgewerblich interessanten
Stücke auch einem gröfseren Publikum erschlossen
werden möchten. Wie schon bei der Zusammen-
stellung des Porzellankabinettes in der König-
liche Residenz vor zwei Jahren, zeigt sich auch
hier, dafs der bayerische Hofbesitz noch manche
ungeahnten Schätze birgt. Hoffentlich wird die
Sammlung, wie es dem Wunsche Sr. Kgl. Hoheit
des Prinzen Rupprecht entspricht, bald dem baye-
rischen Nationalmuseum überwiesen und so einem
grofsen Publikum zugänglich gemacht werden.

Eine „Handkanone“ in der Art de& Codex byz. Vat. 1605
und der Büchse von Orsola-Arco
Von Dr. R. Forrer, Strafsburg

Rascher, als es zu erwarten war, hat sich
ein Original gefunden, welches meine
^ Darlegungen bezüglich der Büchse von
St. Orsola-Arco in Heft i S. 22 des VI. Bandes
dieser Zeitschrift bestätigt. Anläfslich einer


Schweizerreise anno 1912 sah und erwarb ich
in Luzern bei einem kleinen Altertümerhändler
das obenstehend in zweifacher Ansicht dar-
gestellte Feuerrohr aus Bronzegufs. Mein
erster Eindruck war der, „hier liegt ja eine
Hinterladerkammer“, mein zweiter, als ich die
Mündung näher betrachtete und keine Spur von
einer „Liderung“ fand, dafs hier ein enger Ver-
wandter der „byzantinischen Handfeuer-
rohre“ in der Art des Codex byz. Vat. Nr. 1605
vorliege1) und mein dritter Gedanke, als ich die
Oberfläche des Mörsers genauer studierte, galt

unwillkürlich der „Büchse von St. Orsola-
Arco“, über welche ich in Heft 1 dieser Zeit-
schrift berichtet habe.2) In der Tat haben wir
hier ein merkwürdiges, unter vielen Gesichts-
punkten interessantes und für mich recht rätsel-
haftes Objekt vor uns.
Das Rohr besteht, wie schon betont, aus
Bronze, und zwar ist es allem Anschein nach,
da Gufsnähte trotz der nachlässigen Arbeit
nirgends erkennbar sind, „in verlorener Form“
gegossen worden. Das Metall hat schöne dunkel-
grüne, meist glänzende Patina angenommen. Die
Erhaltung ist vorzüglich, das Totalgewicht von
3,052 kg darf also durchaus als das ursprüngliche
gelten. Der Henkel, die Handhabe, ist mit dem
Rohr zugleich, also „in einem Stück, gegossen“.
Das Rohr ist 15 cm lang, vorn 61/,, cm,
hinten 89/4 cm im äufseren Durchmesser.
Innen mifst die Seelenlänge 13 V2 cm. Die innere
Weite ist vorn 3,6; nach hinten verengt sie sich
sanft auf 2s/4 cm. Der Abschlufs ist leicht ab-
gerundet.
In den Mafsen und in seiner äufseren und
inneren Beschaffenheit entspricht das Rohr nach
dem Gesagten durchaus unseren spätgotischen

9 Vgl. dazu meinen Artikel Seite 115 —122 des V. Jahr-
ganges dieser Zeitschrift: „Archäologisches und Technisches
zu der byzantinischen Feuerwaffe des cod. Vat. 1605 vom
11. Jahrhundert.“
2) Zur Altersfrage der „Büchse von St. Orsola-Arco“
 
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