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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 6.1912-1914

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4. Heft
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Liebe, Georg: Die Ausgänge des deutschen Fechterwesens
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Fachnotizen
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https://doi.org/10.11588/diglit.39948#0157

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4. HEFT G. LIEBE, DIE AUSGÄNGE DES DEUTSCHEN FECHTERWESENS _137

Für die Kunst des 16. Jahrhunderts waren die
gewaltsamen Stellungen der Fechter ein will-
kommener Vorwurf, den wir häufig dekorativ
verwendet finden. Selten dagegen sind Wieder-
gaben von Porträts, von denen ich in der Lage
bin, zwei in meinem Besitz Befindliche zu
bringen.
Die mit der Herstellung verbundenen Kosten
sprechen dafür, dafs es sich hier noch nicht um
gewerbsmäfsige Klopffechter handelt, # sondern
um ehrbare Handwerksmeister, die ihre Kunst
als Sport betrieben.
Das Sinken der alten Kunstübung infolge
des Überwiegens der materiellen Interessen war
freilich unaufhaltsam. Aus dem Anfang des
18. Jahrhunderts haben sich mehrere Gesuche an
den Breslauer Rat um Abhaltung von Fecht-
schulen erhalten, alle des Charakters wie das
eines „Hauptmanns von S. Marco und Löwen-
berg“, der seine creditores ehrlich zu bezahlen
begehrt.3) Nur das niedere VolkJ. behielt ein

Interesse für diese derben Schaustellungen, die
denn auch in Nürnberg 1698 abgeschafft wurden.
Eine seltsame Laune des Geschicks knüpft ihr
letztes Auftreten in Breslau an die Erscheinung
des Mannes, der gerade für Schlesien die moderne
Zeit heraufführte, E'riedrichs des Grofsen. Ge-
legentlich seiner ersten Anwesenheit 1741 be-
richtet das Tagebuch des Breslauer Bürgers
Steinberger1-) schon ziemlich verständnislos:
„Es präsentirten sich vors Königs Quartier aufm
Maria-Magdalenen-Kirchhof die Schuhknechte
mit ihren zwei Fahnen der Federfechter-Brüder-
schaft von Sanct Marcus und dem Langen
Schwert, machten ihre Exercitia, gingen sodann
ins Königs Quartier, um die Konfirmation ihrer
uralten Privilegien zu bitten, welche sie auch er-
halten.“ Offenbar hatte sich im kulturschwächeren
Osten die Freude an der veralteten Volkslust-
barkeit am längsten gefristet.

12£Hrsg. von Träger. 91.

FACHNOTIZEN

Gotische Rüstung des Nürnberger Meisters
Hans Grünwaldt. Als vor einigen Jahren der
mir befreundete Dr. jur. G. Niemeyer nach
München kam, ersuchte er mich, ich möchte ihm
meine kleine Waffensammlung zeigen.
Da ich wufste dafs Dr. Niemeyer ein Kenner
und Echtes von Unechtem zu unterscheiden im-
stande war, so war es mir eine grofse Freude
ihm Einsicht zu geben. Immerhin mufste ich
riskieren, dessen Neid zu erwecken, und dafs
ich richtig urteilte, bewies mir sein Brief vom
21. März 1909, worin er schrieb: „Sie haben
einige sehr gute Stücke, eine herrliche gotische
Rüstung, einen seltenen Eisenhut usw. Ich kann
insofern nicht entfernt mit Ihnen konkurrieren.
Nur in Schwertern und Dolchen bin ich Ihnen
über“. Es dürfte aber den Leserkreis unseres
Fachblattes immer interessieren, was Dr. Niemeyer
mir später schrieb: „Ihre Rüstung ist ganz unbe-
streitbar Nürnberger Herkunft — das wiederholt
ins Gesenk geschlagene Beschauzeichen ist un-
zweifelhaft echt — die ganze Rüstung ist in allen
Teilen sauber und sehr schön gearbeitet. Wer
anders konnte sie geschlagen haben, als der damals
hochberühmte Plattner Hans Grünwaldt. Es gab
zwar noch andere in Nürnberg, die auch Platten-
arbeiten machten, aber diese verschwinden gegen

den hervorragenden Meister: eine solche ganze
Rüstung konnten sie nicht fertig bringen. Hans
Grünwaldt war es genug, dafs die Nürnberger Be-
schau darauf eingeschlagen wurde — wie konnte
es da'an dieser Rüstung denn ein anderer sein als er:
Hans Grünwaldt! Wenn er da noch eine Marke
brauchte oder überhaupt noch ein äufseres
Zeichen für seine Arbeit! Es ist — soweit meine
Untersuchung geht — noch immer nicht sicher,
dafs Grünwaldt eine Meistermarke auch geführt
hat. Boeheim in seinem Werke „Meister der
Waffenschmiedekunst“ S. 84 stellt eine Marke
von ihm dar, ein h mit einer Krone, ohne sie
ihm sicher zuzuschreiben. Diese Marke findet sich
an einem Bruststück Philipps des Schönen von Ka-
stilien, einem Stechzeug Maximilians I. vom Jahre
1500, aber auch an einem Schwerte dieses Kaisers.
Ich glaube, er hat gar keine Meistermarke gehabt;
und wenn doch, gegen die spätere Zeit, wo
sie dann nur vereinzelt Vorkommen kann. Hans
Grünwaldt starb 1503. Ein Sohn zweiter Ehe,
Anthoni Grünwaldt, hatte sich der Plattnerei
gar nicht gewidmet, sondern studiert. Ihre
Rüstung ist gefertigt 1475 — 1480, kaum etwas
später. Auf keinen Fall kann man die 90er Jahre
als Fertigungszeit annehmen. Die berühmte
gotische Rüstung Erzherzogs Sigismund von
Tirol in der kaiserlichen Sammlung in Wien hat
einige Ähnlichkeit und gehört zu dieser Gattung
gotischer Rüstungen (s. Abb. kais. Waffenammlung
Wien, Taf. 2 Bd. 1), ist aber etwas früher. Sie
 
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