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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]; Verein für Historische Waffenkunde [Mitarb.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 6.1912-1914

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4. Heft
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Boenisch, Hermann: Die Artillerie-Handschrift des Valentin von Sebisch: (Breslau 1601)
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https://doi.org/10.11588/diglit.39948#0135

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Die Artillerie-Handschrift des Valentin von Sebisch
(Breslau 1601)
Von Hermann Boenisch, Hauptmann a. D., Berlin

Tn der Handschriftensammlung der Bres-
lauer Stadtbibliothek finden sich drei Codices
(Nr. 933, 936 und 940), die für die Geschichte
des Geschützwesens nicht ohne Interesse sein
dürften. Dafs diese Handschriften bis jetzt wohl
gänzlich unbekannt geblieben sind, kommt haupt-
sächlich daher, dafs der Altmeister auf dem Ge-
biete der Geschichte der Kriegswissenschaften,
Max Jähns, einem allzu wenig gründlichen
Gewährsmanne vertrauend, an den Breslauer
Bibliotheken achtlos vorübergegangen ist; sagt
er doch selbst1), „dafs einige Bibliotheken, wie
z. B. die in Breslau oder Hamburg, nur deshalb
nicht durchforscht wurden, weil ortskundige
Kenner ihm von vornherein versicherten,
dafs dort für seine Zwecke nichts zu finden sei“.
Herr Bibliothekar Dr. Dedo, dem ich meine
Zweifel über diesen Satz mitteilte, machte mich
in liebenswürdigerweise auf diese Handschriften
aufmerksam, und bei näherer Prüfung fand ich,
dafs der aus dem Jahre 1601 stammende artille-
ristische Teil viele Mitteilungen enthält, die nicht
nur von denen der Artillerieliteratur jener Zeit
stark abweichen, sondern vielleicht auch zu
weiterer Forschung anzuregen vermöchten.
Der Verfasser der, offenbar wohl für den
Druck bestimmten, aber in ihrem illustrativen
Teil nicht vollendeten, unbetitelten Schrift,
Valentin von Sebisch, oder nach damaliger
Mode Sebisius, gehörte einem schlesischen Ge-
schlecht an, das im 16. Jahrhundert im Stadt-
regiment von Breslau eine Rolle gespielt hat.
Valentin selbst, geboren am 13. August 1578,
gestorben 1651, war Inspektor des Zeugwesens,
Schöffe von Breslau und fürstlich Briegischer
Rat. — Seine Schrift gelangte in die Bibliothek
seines Sohnes Albert, geboren am 20. Fe-

’) Geschichte der Kriegswissenschaften (Bd. 21. der
Geschichte der Wissenschaften). München und Leipzig
1889; in der Vorrede.

bruar 1610, Hauptmanns der Garnison Breslau
und Inspekteurs der Zeughäuser, der aufserdem
auch Erzieher der Söhne des Herzogs von Brieg
und ein Freund der Wissenschaften2) und der
Bücher war. (Vgl. A. Reifferscheid in der
Allgemeinen Deutschen Biographie, Leipzig 1891).
Das Eignerzeichen des Albert von Sebisch —
heute würde man Ex libris sagen — findet sich
auf jedem Teil der Handschrift; es ist ein kleiner
Stempel mit dem Familienwappen, einem schwert-
schwingenden Arm, rechts und links oben je ein
Stern; über dem Schilde stehen die Buchstaben
AVS. Später gelangten die Codices in die
Bibliothek des Pfarrers D. Johannes Burg- zu
St. Elisabeth in Breslau, gestorben 1766, und
aus dieser in die Stadtbibliothek.
Die Handschrift selbst ist mit grofsem Fleifs
und im Aufseren sehr sorgfältig angefertigt; das
gilt namentlich von den zum Teil recht schönen,
farbigen Abbildungen. Den Inhalt hat entweder
der Verfasser selbst oder sein Sohn aufmerksam
durchgesehen und dabei gefundene Fehler ver-
bessert, sodafs die Richtigkeit der Angaben
wohl sichergestellt ist. Die späteren Verbesse-
rungen heben sich durch schwärzere Tinte und
etwas andere Schriftzüge hervor. Weil die Hand-
schrift, anscheinend wenig benutzt, stets in Biblio-
theken sicher verwahrt gewesen ist, so hat sie
sich sehr gut erhalten; nur das letzte Blatt des
dritten Teiles ist beschädigt.
Der erste Teil der Abhandlung ist der Be-
festigungskuns t und dem Festungskriege ge-
widmet; sein Inhalt ist zwar reichhaltig, doch
mufs ich es mir versagen, hier näher auf ihn
einzugehen, denn für die Entwickelungs-
geschichte des Geschützwesens enthält dieser
Teil Wesentliches nicht. Für einen Forscher
auf dem Gebiet der Befestigungskunst jedoch
3) Bei Gryphius heifst er „Literarum nutritor ac locu-
pletator, patriae amor ac desiderium, optimae integerri-
maeque memoriae civis“. (Allgem. Deutsche Biogr.)

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