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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 6.1912-1914

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2. HEFT

LITERATUR

LITERATUR

Diener-Schoenberg, Alfons, Die Waffen der Wart-
burg. Beschreibendes Verzeichnis der Waflen-Sammlung
S. K. H. des Großherzogs Wilhelm Ernst von Sachsen-
Weimar-Eisenach. Mit 231 Waffen- und 116 Marken-Ab-
bildungen auf 78 Tafeln in orthochromatischem Lichtdruck
nach photographischen Aufnahmen von Hans Lukas
von Cranach. Berlin, Historischer Verlag Baumgärtel,
1912. 195 S. Fol.
Vieles hat die Waffenkunde noch zu leisten, wenn
sie auch nur die notwendigsten Vorraussetzungen für ihre
Ausgestaltung zur Wissenschaft erfüllen will. Im all-
gemeinen ist zwar seit dem Erscheinen des Boeheimschen
Handbuches im Jahre 1890 rege gearbeitet worden, aber
dem Fleiß entsprach weder System noch Methode der
Arbeit. Bald setzte hier ein Forscher ein, bald dort, wie
ihn gerade seine persönliche Vorliebe oder ein glücklicher
Fund lenken mochten. Doch darauf, was wirklich not tat,
achtete niemand, den einzigen Max Jähns ausgenommen,
der in seiner „Entwicklungsgeschichte der alten Trutz-
waffen“ eine neue, methodisch vortreffliche Betrachtungs-
weise in die Waffenkunde einführte. Leider ist er ohne
Nachfolger geblieben: die Schutzwaffen, über die sich
freilich nicht so anregend schreiben läßt wie über jene,
harren noch ihres Bearbeiters. Und doch täte der Waffen-
kunde ein groß angelegtes Handbuch längst schon not.
Denn so verdienstvoll zu seiner Zeit das Boeheimsche
war, es ist seit Jahren überholt und läßt in nicht wenigen
Fällen ganz in Stich, eine Folge der Willkür, mit der die
Grenzen des Buches, zeitliche wie örtliche, abgesteckt
worden sind.
Immer wird sich eine Wissenschaft danach beurteilen
lassen, ob sie die Kraft in sich hat, ein ausreichendes
Handbuch hervorzubringen. Denn nur dann wird sich
klar ergeben, was als ihr gesicherter Besitz angesehen
werden darf, und wo andererseits die Arbeit einzusetzen
hat, um Lücken auszufüllen. Jetzt, fast ein Vierteljahr-
hundert nach dem Erscheinen des Boeheimschen Hand-
buches, gleicht die Waffenkunde einer führerlosen Truppe,
die auf weitem Gefechtsfelde sich zerstreut hat. Hier
schlägt sich ein einzelner tapfer herum, dort erobert ein
Trüpplein ein Stückchen neuen Bodens, aber der Führer,
der die Kräfte planmäßig ansetzte, fehlt, und vergebens
suchen wir selbst auch nur nach einer Karte, die die Wege
zum Vordringen zuverlässig verzeichnete.
Wir wollen es uns nur eingestehen: ein jeder von
uns trägt an diesen Verhältnissen seinen Teil Schuld. Ich,
der ich nur wenige Jahre der Waffenkunde meine volle
Aufmerksamkeit schenken konnte, dann aber rasch nach-
einander mich den verschiedensten Arbeitsgebieten zu-
wenden mußte, ich wenigstens bin der letzte, der nicht
den Grund, daß es heute um die Waffenkunde noch nicht
besser bestellt ist, nicht bei sich selbst in erster Linie
suchte. Uns fehlt es an einem Arbeitsplan, an dem Zu-
sammenschluß aller Kräfte, an dem getrennten Vorwärts-
gehen unter einheitlicher Leitung und an dem vereinten
Schlagen.
Hier hätte der Verein für historische Waffenkunde
eine große Aufgabe zu lösen. Seine Zeitschrift kann
immer nur auf naheliegende Ziele zusteuern. Sie muß
mitnehmen, was sozusagen am Wege liegt, und wenn sie
dabei streng auswählt, wenn sie nur das wissenschaftlich
Reife aufnimmt, dann hat sie getan, was man billigerweise
von ihr fordern kann. Ihre Voraussetzung aber ist eigent-

lich ein nach strengem System aufgeführtes Gebäude.
In ihm mag sie dann Licht auch in den entferntesten
Winkel bringen, mag sie für Festigung und Ausschmückung
des Gebauten, und wenn es möglich ist, auch für einen
Anbau sorgen. Aber die Zeitschrift ist erst das Zweite,
und unser Fehler war, das Zweite für das Erste zu halten.
Das Erste ist ein alles umfassendes Handbuch, ausge-
stattet mit einem guten Bilderatlas, und ergänzt durch ein
Lexikon, das die Einzelheiten außerhalb des großen Zu-
sammenhanges ausführlich behandelt. Wie gern hätte ich
meine Arbeit diesem Ziele gewidmet, das mir vorschwebte,
als ich in Dresden gleichgesinnte Freunde in dem waffen-
geschichtlichen Seminar zusammenzuschließen suchte. Ich
habe auch später noch an diesem Plane festgehalten, bis
mich andere Arbeiten, die mir Pflicht waren, weiter und
weiter davon abführten. Nun, wo ich mir sagen muß,
daß ich nie mehr dazu kommen werde, wäre es unver-
antwortlich von mir, wollte ich weiter die Ausführung
dieses Planes für mich in Anspruch nehmen. Andere
müssen vor die Front. Und sie müssen sich auf eine
große Organisation, die ihnen den Rücken deckt, stützen
können. Der Verein für historische Waffenkunde
muß für die Mittel sorgen, muß die ernsten Arbeiter
sammeln und von ihnen verlangen, daß sie den aufge-
stellten Arbeitsplan durchführen.
Das sieht z T. wie eine Beichte aus. Und ich gestehe,
daß ich auf eine Gelegenheit gewartet habe, um sie ein-
mal abzulegen. Die Voraussetzung wissenschaftlicher Er-
kenntnis ist unbedingte Ehrlichkeit gegen sich selbst und
der Sache gegenüber.
Aber nicht nur an dem einzelnen liegt die Schuld.
An ihr haben auch die großen Waffensammlungen ihren
vollgemessenen Anteil. Denn sie haben uns eigentlich
bis zur Stunde noch das wissenschaftliche Rüstzeug vor-
enthalten, das sie uns liefern müßten. Auch das muß
einmal ohne Rücksicht auf das Murren, das diesen Worten
folgen wird, ausgesprochen werden. Oder haben wir von
diesen Sammlungen auch nur einen den Stoff wirklich
erschöpfend behandelnden und wissenschaftlich illustrierten
Katalog? Ich finde keinen, weder im Auslande, das in
dieser Hinsicht wenigstens etwas uns voran ist, noch bei
uns selbst. Die Unsicherheit unserer Kenntnisse mag
manchen von dem „Wagnis“ abhalten. Dann ist es aber
doppelt Pflicht, diese Unsicherheit zu beseitigen, und es
wäre schon ein Fortschritt, wenn jedes große Waffen-
museum ihren Gegenständen wenigstens systematisch alles
abzufragen suchte, was seine Hilfsmittel zu beantworten
unmittelbar gestatten. Gerade ein Katalog, der schneller
neue Auflagen als ein anderes Buch erlebt, hat es leicht,
sich zu vervollkommnen. Wenn einmal das Dresdner histo-
rische Museum und die kaiserliche Waffensammlung in
Wien nicht nur einen Führer haben werden, der halb ein
Katalog und also weder das eine, noch das andere ist,
wenn endlich das Berliner Zeughaus, das Germanische
Museum in Nürnberg, das Bayrische Nationalmuseum, die
sich alle drei in tiefes Schweigen hüllen — denn der Führer
des ersten zählt wirklich in der wissenschaftlichen Literatur
nicht mit —, wenn das Armeemuseum in München, das
wenigstens in seinem Führer einen Teil der Schuld abtrug,
wenn die Veste Coburg, die Waffensammlung in Sigma-
ringen, um nur das Nächstliegende herauszugreifen, Kata-
loge vorlegen werden, die wenigstens dem des Wiener
Heeresmuseums, der Petersburger Ermitage, des Brüsseler
Museums entsprechen, dann wird schon viel gewonnen sein.
Eifriger als die großen Museen waren die Privat-
sammlungen, unter denen die Zschillesche mit der von
Forrer und die Scheremetewsche mit der von Eduard
 
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