7. HEFT ROBERT FORRER, MITTELALTERLICHE DOLCHE UND REITERGRAFFITI usw. 239
aufgeklärten Zeitalter gewisse Heilkünstler noch
immer ein durchaus gläubiges Publikum finden.
Man darf daher bei Beantwortung dieser Frage
keinen allzu strengen Mafsstab anlegen. Wenn
also im medizinischen Text viel Unbrauchbares
enthalten ist, so würde das durchaus keine Rück-
schlüsse auf alles andere vom Hausbuch Gebrachte
gestatten. Auf kriegstechnischem Gebiet zeigt
sich der Verfasser stets als gewiegter Fach-
mann, der seinen Quellen nur Brauchbares ent-
lehnt und auch aus dem reichen Schatz seiner
Erfahrungen schöpft.
Der Text des Hausbuchs gibt uns somit,
insofern er für unsere Zwecke in Betracht kommt,
einen recht guten Einblick in die Verteidigungs-
künste des 15. Jahrhunderts.
(Fortsetzung folgt.)
Mittelalterliche Dolche und Reitergraffiti an
elsässischen Kirchen
Von Robert Forrer
Narrenhände verkritzeln Türen und Wände“
sagt mit mannigfacher Textvariation ein
„ Sprichwort, dafs auf die Sitte besonders
der Touristen Bezug nimmt, die ihre Namen oder
Initialen, aber auch Wappen, Verse usw. als
Dokumente ihres Besuches an Felsen, Kirchen,
Hütten usw. zu hinterlassen pflegen. Diese Sitte
wird gemeinhin als schlecht bezeichnet und im
Grunde gewifs mit Recht. Aber wie alles, so
hat auch sie ihre zwei Seiten, eine schlechte und
eine gute. Die gute Seite können wir ihr aller-
dings zumeist erst abgewinnen, wenn jene Kritze-
leien ein gewisses Alter erreicht und dadurch
archäologisches Interesse errungen haben. Ich
erinnere an die römischen Graffiti von Pompeji
und auf dem Palatin zu Rom, an die Einkritze-
lungen von Wappen und Besuchernamen in den
Steinhöhlen von Hangenheeten usw., last not least
an die Graffiti an den Mauern mittelalterlicher
Burgen und Kirchen.
Was Graffiti an den Wänden mittelalterlicher
Kirchen anbetrifft, so erkennt man bei näherem
Studium, dafs jene Einzeichnungen nicht alle müs-
sigen Touristen ihr Dasein verdanken, dafs vielen
ein tieferer Sinn zugrunde gelegen haben mufs.
Im voraus sind natürlich die Steinmetzzeichen
auszuschalten, als eine längst schon studierte und
vielbekannte Erscheinung. Daneben aber sieht
man an den alten Kirchenportalen hin und
wieder allerlei oft recht fantastische Tier- und
Menschengestalten ein gekritzelt, die durch ihren
Stil auf das Mittelalter, meist das XIII.—XV. Jahr-
hundert, hinweisen und bald ebenfalls als alte
Besucherandenken, bald aber als Werke müfsiger
Steinmetzen gedeutet werden. Ich glaube, dafs
diesen Bildern ein tieferer Sinn zugrunde liegt,
will aber auf diese Frage hier nicht weiter ein-
gehen — sie ist meines Erachtens auch noch
nicht spruchreif. Das wird sie überhaupt wohl
erst, wenn einmal diese Ritzbilder in gröfserem
Umfange gesammelt vorliegen. Hier möchte ich
nur auf zwei weniger bekannte Gruppen solcher
Graffiti aufmerksam machen, die waffenkundlich
einiges Interesse beanspruchen.
Die eine Gruppe wird gebildet durch Graffiti,
welche gerüstete Reiter darstellen. Im Elsafs
habe ich je ein solches Bild am Münster zu
aufgeklärten Zeitalter gewisse Heilkünstler noch
immer ein durchaus gläubiges Publikum finden.
Man darf daher bei Beantwortung dieser Frage
keinen allzu strengen Mafsstab anlegen. Wenn
also im medizinischen Text viel Unbrauchbares
enthalten ist, so würde das durchaus keine Rück-
schlüsse auf alles andere vom Hausbuch Gebrachte
gestatten. Auf kriegstechnischem Gebiet zeigt
sich der Verfasser stets als gewiegter Fach-
mann, der seinen Quellen nur Brauchbares ent-
lehnt und auch aus dem reichen Schatz seiner
Erfahrungen schöpft.
Der Text des Hausbuchs gibt uns somit,
insofern er für unsere Zwecke in Betracht kommt,
einen recht guten Einblick in die Verteidigungs-
künste des 15. Jahrhunderts.
(Fortsetzung folgt.)
Mittelalterliche Dolche und Reitergraffiti an
elsässischen Kirchen
Von Robert Forrer
Narrenhände verkritzeln Türen und Wände“
sagt mit mannigfacher Textvariation ein
„ Sprichwort, dafs auf die Sitte besonders
der Touristen Bezug nimmt, die ihre Namen oder
Initialen, aber auch Wappen, Verse usw. als
Dokumente ihres Besuches an Felsen, Kirchen,
Hütten usw. zu hinterlassen pflegen. Diese Sitte
wird gemeinhin als schlecht bezeichnet und im
Grunde gewifs mit Recht. Aber wie alles, so
hat auch sie ihre zwei Seiten, eine schlechte und
eine gute. Die gute Seite können wir ihr aller-
dings zumeist erst abgewinnen, wenn jene Kritze-
leien ein gewisses Alter erreicht und dadurch
archäologisches Interesse errungen haben. Ich
erinnere an die römischen Graffiti von Pompeji
und auf dem Palatin zu Rom, an die Einkritze-
lungen von Wappen und Besuchernamen in den
Steinhöhlen von Hangenheeten usw., last not least
an die Graffiti an den Mauern mittelalterlicher
Burgen und Kirchen.
Was Graffiti an den Wänden mittelalterlicher
Kirchen anbetrifft, so erkennt man bei näherem
Studium, dafs jene Einzeichnungen nicht alle müs-
sigen Touristen ihr Dasein verdanken, dafs vielen
ein tieferer Sinn zugrunde gelegen haben mufs.
Im voraus sind natürlich die Steinmetzzeichen
auszuschalten, als eine längst schon studierte und
vielbekannte Erscheinung. Daneben aber sieht
man an den alten Kirchenportalen hin und
wieder allerlei oft recht fantastische Tier- und
Menschengestalten ein gekritzelt, die durch ihren
Stil auf das Mittelalter, meist das XIII.—XV. Jahr-
hundert, hinweisen und bald ebenfalls als alte
Besucherandenken, bald aber als Werke müfsiger
Steinmetzen gedeutet werden. Ich glaube, dafs
diesen Bildern ein tieferer Sinn zugrunde liegt,
will aber auf diese Frage hier nicht weiter ein-
gehen — sie ist meines Erachtens auch noch
nicht spruchreif. Das wird sie überhaupt wohl
erst, wenn einmal diese Ritzbilder in gröfserem
Umfange gesammelt vorliegen. Hier möchte ich
nur auf zwei weniger bekannte Gruppen solcher
Graffiti aufmerksam machen, die waffenkundlich
einiges Interesse beanspruchen.
Die eine Gruppe wird gebildet durch Graffiti,
welche gerüstete Reiter darstellen. Im Elsafs
habe ich je ein solches Bild am Münster zu