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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 6.1912-1914

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3. Heft
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Rose, Walther: Die deutschen und italienischen schwarzen (großen) Garden im 15. und 16. Jahrhundert
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https://doi.org/10.11588/diglit.39948#0093

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Die deutschen und italienischen schwarzen (großen) Garden
im 15. und 16. Jahrhundert.
Vortrag, gehalten von Regierungsrat Dr. Walther Rose, Berlin,
in der Hauptversammlung des Vereins für Historische Waffenkunde am 13. Juli 1912
auf der Wartburg bei Eisenach.

Ew. Exzellenzen!
Meine hochverehrten Herren!
Zum Gegenstand dieses Vortrages möchte ich
mir erlauben eine Erscheinung in dem deutschen und
italienischen Söldnerwesen des 15. und 16. Jahrhunderts
zu machen, die vermutlich bereits früher schon Ihr
Interesse erregt haben dürfte, nämlich die zu einer
Berühmtheit gelangten schwarzen Garden. Es sind
dies, wie ich im Nachfolgenden näher ausführen
möchte:
1. die sogenannte schwarze Legion (legio
nigra) des Königs Matthias Corvinus von
Ungarn, ferner
2. die sogenannte grofse (lange) Garde, auch
die deutsche (sächsische) oder bunte Garde,
oder auch die schwarzen Haufen genannt,
dann
3. die deutschen, unter französischen Fahnen
kämpfenden schwarzen Banden (les bandes
noires), und endlich
4. die italienischen schwarzen Banden (le bande
nere), die, weil meist aus Florentinern be-
stehend, auch le bande nere dei Fiorentini
genannt werden.
Zunächst jedoch dürfte ein kurzer Rückblick
auf die Entstehung und die Vorläufer derartiger
selbständigen Kriegshaufen gestattet sein.
Wie die Renaissance in Kunst und Wissen-
schaft, so beginnt auch die Wiedergeburt des tak-
tischen Kriegswesens und der Kriegführung in Italien,
und auf diesem klassischen Boden der Antike, wo
das Lehnswesen niemals zu der Entwicklung ge-
langte wie in Deutschland und in Frankreich, wich
auch die feudale Kriegs Verfassung am frühesten dem
Söldnertum und dem Bandenwesen.
Den Anfang machten jene 30000 katalonisch-
aragonischen Almovaren, welche König Peter von
Aragonien, der Sage nach schon von Konradin von
Hohenstaufen auf dem Schaffot zu Neapel (1268)
zu seinem Erben und Rächer berufen, nach Italien
führte, als mit der Sicilianischen Vesper, am blutigen
zweiten Osterfeiertag 1282, der geeignete Zeitpunkt
zur Geltendmachung seiner Ansprüche gekommen
war. In den Kriegen mit dem Hause Anjou machten
sich diese Söldner einen grofsen Namen. Als aber

nach Peters Tode zwischen dessen Sohn Fried-
rich III. von Sizilien und Karl II. von Neapel der
Friede geschlossen war, trugen sie im Jahre 1303
unter Führung des deutschen Ritters Rüdiger von
Flor, dessen Vater in der Schlacht bei Tagliacozzo
(1268) gefallen war, ihre Waffen in den Orient.1)
Hier erschienen sie dem griechischen Paläologen-
Kaiser Andronicus und dessen Sohn und Mit-
kaiser Michael als eine sehr willkommene Hilfe
gegen den Ansturm der fortgesetzt erstarkenden
Macht der Türken oder Osmanen, und nach jahre-
langen Kämpfen gegen die Türken und schliefslich
auch gegen die Griechen selbst, gelang es ihnen,
sich nach einer gewaltigen Schlacht (1312) in den
Besitz des Herzogtums Athen zu setzen, bis die
Eroberung Konstantinopels durch die Türken (1453)
dieser Herrschaft ein Ende machte. In der Ge-
schichte der Condottieri bilden die Almovaren einen
Anfang, und selbst ein Widerschein der Kreuz-
züge spiegelt sich in ihren Versuchen der Errich-
tung eines christlichen Reiches der Lateiner in
Asien.
Durch die Römerzüge der deutschen Kaiser
Heinrich VII. (1313) und Ludwig IV. (1327) wurden
dann die Anfänge des italienischen Bandenwesens
verstärkt. Schon unter Heinrich VII. schwangen sich
von den Söldnerführern (capitani di Ventura) neben
vielen anderen insbesondere matteo dei Visconti in Mai-
land und Can Grande della Scala in Verona zu
Herren jener Städte auf, und ihre Söldnerscharen
gestalteten sich zu eigentlichen Kriegsgenossen-
schaften, während seit dem Jahre 1322 auch die
Compagnia de Siena selbständig unter eigenen Füh-
rern in den Gang der italienischen Politik eingriff.
In der Lombardei aber waren es anfangs nament-
lich die mit den genannten deutschen Kaisern über
die Alpen gezogenen Kriegsschaaren, die später im
Lande blieben, sich auf eigene Hand zuerst durch
die Einnahme und den Verkauf von Lucca bezahlt

’) cf. En Ramon Muntaner: Crönica catalana. Valencia
1558 (übersetzt von K. Fr. W. Lanz. 2 Tie.). (Muntaner
machte als Zeitgenosse den Zug selbst mit.) Sowie auch
Francisco de Moncada: Expedition de los Catalanes y Ara-
gones contra Turcos y Griegos. Barcelona 1623, (deutsch
Braunschweig 1828), und Steger: Geschichte Franz Sforzas
und der italienischen Condottieri. Leipzig 1853, S. 40—54.
 
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