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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 6.1912-1914

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3. Heft
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Preradović, Duschan: Über Enterwaffen
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https://doi.org/10.11588/diglit.39948#0118

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D. v. PRERADOVIC, ÜBER ENTERWAFFEN

VI. BAND

Über Enterwaffen
Von D. v. Preradovic,
k. und k. Linienschiffskapitän d. R.

Nachstehende teilweise durch Illustrationen
erläuterte Zusammenstellung über Enter-
waffen kann in keiner Richtung hin An-
spruch auf Vollständigkeit erheben, nicht nur
wegen der noch mannigfache Ergänzungen be-
dürfenden Daten, als auch — was besonders ins
Gewicht fällt — weil einige der grofsen tonan-
gebenden Marinen leider keine Aufnahme in
diesem Aufsatze finden konnten. Referent be-
trachtet somit seine kleine Arbeit nur als einen
dürftigen Rahmen, als eine unvollständige Samm-
lung von Anhaltspunkten über Enterwaffen, die
den später Forschenden die Arbeit auf diesem
Gebiete erleichtern möge.
Man soll aber ja nicht etwa glauben, als ob die
hier gebotene Sammlung über Enterwaffen leicht
zusammenzubringen war. Die mit einschlägigen
Werken, als: Reglements, Unterrichten, Waffen-
lehren und dergleichen, gewifs gut dotierte k.
und k. Marinebibliothek in Pola lieferte mir nur
die einschlägigen Daten für Österreich, Frank-
reich, die Niederlande (Text und Bilder) 2), sowie
Dänemark und Schweden (Text allein) 2). Alles
andere über den in Rede stehenden Gegenstand Ge-
botene mufste erst durch eine langwierige Korre-
spondenz mit den Marinezentren nicht weniger
europäischer und einiger überseeischer Staaten
mit mir bekannten Seeoffizieren usw. zu ver-
schaffen getrachtet werden.
Je mehr ich mit dem Sammeln von Belegen
über die Enterwaffen beschäftigt war, desto
mehr drängte sich mir die Notwendigkeit auf,
im Interesse der historischen Waffenkunde im
Eifer nicht zu erlahmen. Denn bei dem geringen
rückschauenden Interesse, das die Marinen diesen
einst so wichtigen Waffen entgegenbringen, ist
bestimmt zu erwarten, dafs sie, sieht man von
mehr oder weniger richtig wiedergegebenenSchau-

*) Ursprünglich umfafste diese Übersicht aufser der
Beschreibung der Enterwaffen von Dänemark, Deutsch-
land, Frankreich, Griechenland und Österreich noch die
von sechs anderen teils europäischen, teils überseeischen
Staaten. Auf den berechtigten Wunsch der Schriftleitung
empfahl es sich jedoch aus Raumrücksichten und wegen
der nicht zu umgehenden in der Natur des vorliegenden
Stoffes gelegenen Wiederholungen, den Umfang der Ab-
handlung durch Ausschaltungen wesentlich einzuschränken,
was auch geschehen ist. Die Einleitung wurde jedoch
gröfstenteils beibehalten und nur sinngemäfs, dem Entfalle
erwähnter Beschreibungen entsprechend, abgeändert.
2) Die Beschreibung der Enterwaffen dieses Landes
ist in dieser Abhandlung nicht erhalten.

stücken in Museen und von den kurzen Notizen
in den wenig zugänglichen Waffenlehren ab,
binnen kurzem vollständig der Vergessenheit
anheimgefallen sein werden.
Fragen wir uns nach dem „Warum“ der all-
mählichen Verdrängung des Enterkampfes aus
den Kampfesarten zur See, so kann als Antwort
hauptsächlich die Einführung der Dampfmaschinen
als Motoren für Kriegsschiffe jeder Art gelten.
Die Dampfmaschine ermöglicht es — Hava-
rien an dieser ausgenommen — die Bewegungen
des Schiffes nach Belieben so zu regeln, dafs eine
nicht gewollte oder beabsichtigte Annäherung an
ein anderes Schiff fast ganz ausgeschlossen ist. Da
auch die Taktik des Rammens oder des Ramm-
stofses wenig Aussicht auf eine Realisierung im Zu-
kunftsseekampf hat, so ist dem Enterkampfe
auch nach dieser Richtung hin eine Betätigung
verschlossen.
Wir stehen gegenwärtig im Zeichen des
Artilleriekampfes auf grofse Entfernungen. Zu
einem Nahkampfe in der Seeschlacht wird es
episodenhaft schon kommen, aber selbst eine
solche Annäherung dürfte sich auf Entfernungen
abspielen, die den gröfsten Distanzen, auf die
die alten Segelschiffsseeschlachten geschlagen
wurden, vielleicht gleichkommen, sie aber jeden-
falls beträchtlich überbieten dürften. Auch die
Torpedoboote, die Torpedolancierungen, Unter-
seeboote und Minen tun das ihrige, um Nah-
kämpfen zwischen Schiffen vorzubeugen. Und
selbst, wenn es der Zufall wollte, dafs sich
Schiffe im modernen Kampfe auf Enterdistanz
nahe kommen, so wählt der Augenblick die just
beste Abwehrwaffe, ohne dafs man schon in
Friedenszeiten daran zu denken oder dafür vor-
zusorgen hätte.
Die Enterwaffen sind somit in das Stadium
getreten, wo sie zu Forschungsobjekten werden;
es heifst deshalb nun festzuhalten, was von ihnen
in Wort und Bild noch vorhanden ist, um diese
ehrwürdigen Symbole einer schon entschwun-
denen oder entschwindenden Epoche nicht im
Schutte der Teilnahmslosigkeit verkümmern zu
lassen.
Es sei ferner noch erwähnt, dafs die Enter-
waffen, wie sie hier »besprochen werden sollen
und teilweise auch durch Illustrationen dar-
gestellt sind, fast durchweg das letzte Stadium
vor ihrer endgültigen Abschaffung aufweisen.

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