Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]; Verein für Historische Waffenkunde [Mitarb.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 6.1912-1914

DOI Heft:
6. Heft
DOI Artikel:
Lenz, Eduard von: Eine Säbelstudie
DOI Artikel:
Gessler, Eduard Achilles: Die ritterliche Bewaffnung von 1386: zur Zeit der Schlacht von Sempach
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.39948#0210

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
190

DR. EDUARD VON LENZ, EINE SÄBELSTUDIE

VI. BAND

300 so unverhältnismäfsig grofs im Verhältnis16) zur
Achsenrichtung- der ungekrümmten Klinge, dafs
die Waffe ihre Gebrauchsfähigkeit einbüfst, da
sowohl Klingenstellung als auch Gewichtsverhält-
nisse vollkommen aus der 4isTorm fallen.
Wir sind daher zu dem Schlüsse berechtigt,
dafs entweder Griff und Klinge ursprünglich
nicht zusammengehörten, oder aber, dafs bei
der Darbringung einer doch nicht für den
Ernstfall bestimmten Paradewaffe die nationale
Aufmachung besonders kräftig betont, die Ge-

16) Humann u. Puchstein. Reisen in Kleinasien und
Nordsyrien. Berlin 1890. Textband s. 380 sq. Hethitische
Skulpturen von Sendjirli. Atlas Taf. 44.

brauchsfähigkeit aber überhaupt nicht berück-
sichtigt wurde.
Zum Schlufs bleibt noch die trichterförmige
Lederhülle zu bemerken (Abb. 22), welche den
Samtüberzug der Scheide vor der Reibung am
Sattel und Steigbügelriemen zu schützen hatte.
Diese Art von Schutzhülle, deren der Chevalier
de Gamba in seiner Reisebeschreibung vom An-
fänge des vorigen Jahrhunderts als im Kaukasus
vorkommend erwähnt, und welche heute noch
vereinzelt bei Kurdenstämmen anzutreffen ist,
gehört jetzt zu den Seltenheiten und ist allgemein
dem üblichen, fest an der Scheide anliegenden Tuch-
überzuge gewichen, dessen lappenartige Enden in
der Mitte der Scheide zusammengeknüpft wurden.

Die ritterliche Bewaffnung von 1386
zur Zeit der Schlacht von Sempach
Von Dr. Ed. A. Geßler, Zürich

Tm Schweizerischen Landesmuseum in Zürich
befindet sich eine Grabplatte, welche uns
die ritterliche Ausrüstung des ausgehenden
14. Jahrhunderts zeigt. Sie bildet eine Ergänzung
und ein Gegenstück zu jener eines ratsfähigen
Basler Bürgers von 1370, (vgl. diese Zeitschrift
Bd. VI H. 4, S. 120ff.), wie sie sich aus dem Testa-
ment des Hugo zem Tracken und der steinernen
Wappentafel im historischen Museum zu Basel
erkennen läfst.
An der Hand dieses Denkmals soll in der
folgenden Abhandlung die ritterliche Bewaffnung
des ausgehenden 14. Jahrhunderts beschrieben
und erläutert, ferner die Entstehungszeit der
Grabplatte und die auf ihr dargestellte Persön-
lichkeit ausfindig gemacht werden. Haben wir
so einen festen Anhaltspunkt erlangt, wird uns der
Vergleich mit den in der Schweiz noch vorhan-
denen Waffen aus der zweiten Hälfte des 14. Jahr-
hunderts, die aus der Schlacht von Sempach oder
wenigstens sicher aus der Zeit um 1386 stammen,
ein genaues Bild vom Stande der ritterlichen Be-
waffnung jener Zeit geben. Eine weitere Er-
gänzung werden die überlieferten schriftlichen
Quellen über die Sempacher Schlacht bilden.
Diese Grabplatte aus grauem Sandstein stammt
von einem Tischgrab eines Edlen von Hohen-
klingen aus dem aufgehobenen Frauenkloster
Feldbach bei Steckborn im Kanton Thurgau und
stellt einen vollständig bewaffneten Ritter in über-
lebensgrosser und realistischer Ausführung dar.
(Abb. 1.) Die Höhe der Platte beträgt 244 cm, die

Breite 136 cm. Die Skulptur ist äufserst instruk-
tiv für die Bewaffnung, da alle Einzelheiten genau
erkenntlich sind. Als erstes über der verborgenen
Unterkleidung getragenes Rüstungsstück sehen
wir ein Maschenpanzerhemd, welches, die Weichen
deckend, am unteren Rand ausgezaddelt ist; weil
der Lentner jedoch die übrigen Partien des Panzer-
hemdes verhüllt, tritt nur dieser Rand deutlich
als engmaschiges Kettenhemd hervor. Über dieses
Kettenhemd, welches damals allgemein getragen
wurde und sowohl zur bürgerlichen wie zur ritter-
lichen Kriegstracht gehörte, wurde der Lentner
angezogen. Er ist bei unserm Grabmal wie
überall eng auf den Leib geschnitten und besteht
aus eng aneinandergefügten Lederstreifen, welche
in der Längsrichtung verlaufen und steif herab-
hängen; vielleicht sind diese Lederstreifen im
Innern mit Eisenbändern oder Kettchen verstärkt,
was ihre Steifheit ebenso wie die aufsergewöhn-
liche Dicke der Ärmel erklären könnte. Da vorn
keine Verschnürung sichtbar ist, dürfte dieser
Lentner hinten zugeschnallt worden sein. Die
Ärmel sind gleichfalls aus Lederzeug verfertigt,
welches zudem noch stark gepolstert erscheint,
sodafs der Arm gegen Schwerthiebe gut gesichert
war; oben sehr weit und bauschig, verengen sie
sich gegen das Handgelenk, wo sie durch zwei
grofse Knöpfe geschlossen sind. Die Hände sind
durch Handschuhe von Leder geschützt und ge-
fingert; hingegen besteht der stark herausragende
Stulp, welcher Gelenk und Handrücken bis zum
Fingeransatz deckt, aus Eisenblech, ebenso sind
 
Annotationen