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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 6.1912-1914

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7. Heft
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Stöcklein, Hans: Zur Geschichte der Münchner Gewehrkammer, zugleich Einiges über Katalogisierung
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https://doi.org/10.11588/diglit.39948#0266

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246

HANS STÖCKLEIN, ZUR GESCHICHTE DER MÜNCHNER GEWEHRKAMMER usw. VI. BAND

Zur Geschichte der Münchner Gewehrkammer, zugleich
Einiges über Katalogisierung
Von Hans Stöcklein

Im vorletzten Heft dieser Zeitschrift ist ein
Aufsatz erschienen, der sich mit der Kgl. Ge-
wehrkammer in München beschäftigt. Auf die
bei der Beschreibung unterlaufenen Irrtümer
komme ich noch anderweitig zu sprechen.
Der Wunsch des Verfassers, die Sammlung
dem grofsen Publikum erschlossen zu sehen, ist
unterdessen in Erfüllung gegangen. Unabhängig
vom Verfasser des angeführten Artikels hatte
Se. Kgl. Hoheit Prinz Ruprecht von Bayern so-
wohl von der unbekannt gebliebenen Gewehr-
kammer, als auch von einem Harnische Anton
Peffenhausers im Georgiritterarchiv in der Kgl.
Residenz von mir Mitteilung erhalten. Anläfs-
lich der Besichtigung wies Se. Kgl. Hoheit auch
auf drei wundervolle in Eisen geschnittene Degen
in der Garderobe des Georgiritterordens hin, die,
wie Se. Kgl. Hoheit richtig erkannt hatten, in
die Gruppe der Münchner Eisenschneider des
17. Jahrhunderts gehören und auch mir bei meiner
Arbeit über diese Meister unbekannt geblieben
waren. Durch Vermittlung Sr. Kgl. Hoheit des
Prinzen Ruprecht hatte Se. Kgl. Hoheit Prinz-
regent Ludwig die Gnade, die Überführung aller
dieser Waffen in das Nationalmuseum, einiger in
das Armeemuseum und der orientalischen Stücke
in das Ethnographische Museum zu verfügen.
Das Nationalmuseum erhält durch diesen Zuwachs
eine hervorragende Sammlung von Eisenschnitt-
arbeiten, das Ethnographische Museum, dessen
Bestand an orientalischen Waffen leider noch sehr
dürftig ist, ist nunmehr imstande, durch über vierzig
türkische Läufe und Gewehre eine Entwickelung
vom 16.—18. Jahrhundert zeigen zu können.
Den Harnisch des Georgiritterarchives werde
ich im Aufträge der Direktion im nächsten Hefte
des Münchner Jahrbuchs publizieren. Die Be-
schreibung der orientalischen Waffen erfolgt in
Kürze im Zusammenhang mit dem, im Aufträge
der Direktion von mir bearbeiteten Kataloge der
orientalischen Waffen dieses Museums.
In Anmerkung 1 des oben erwähnten Artikels
bezweifelt der Verfasser auf Grund seiner Kennt-
nis der Inventare I bis III die Plünderung durch
die Franzosen und glaubt, dafs die Stücke, die
in diesen Inventaren als verloren bezeichnet sind
sich noch finden werden. Demgegenüber kann

nur folgendes festgestellt werden: Im Jahre 1805
war Napoleon I. in München und liefs den Münchner
Sammlungen, sowohl der Gemäldegalerie, als
auch dem Zeughause zahlreiche Gegenstände für
das grofse Zentralmuseum in Paris entnehmen.
Die Gemälde wurden 1815 gröfstenteils reklamiert,
die Waffen jedoch waren verschleppt wor-
den1), auch hätte Blücher, der den zurück-
gelassenen Rest gründlich ausräumte, sie sicher
nicht dort gelassen. Anläfslich eines zweieinhalb-
monatlichen Studienaufenthalts in Paris im Oktober
bis Dezember 1912, zu welcher mir die Kgl. Aka-
demie der Wissenschaft in München dankenswerter
Weise die Mittel gab, habe ich nun an der Hand
meiner Inventarabschriften die Bestände des
Musee d’Artillerie durchgesehen und eine grofse
Anzahl von Waffen der Zeughäuser von München
sowie der altpfälzischen Rüstkammer von Neu-
burg a. D., welche unglücklicherweise gerade 1805
nach München transferiert wurde und hier
Napoleon in die Hände fiel, feststellen können.
Aufser einer Anzahl von Rüstungen Kurfürst
Otto Heinrichs, Pfalzgraf Wolfgangs und anderer
liefsen sich auch zahlreiche Gewehre genau be-
stimmen. So sind dort bisher 20 Radschlofs-
büchsen aus Neuburg und 60 Gewehre aus der
Münchner Residenzbüchsenkammer zu identi-
fizieren. Letztere tragen sogar alle noch die
Inventarnummern mit den Buchstaben Aa, C usw.,
viele am Schubdeckel noch die Inschrift, dafs
sie auf Schlofs Carlsberg (dem 1793 zerstörten
Zweibrückener Pfälzischen Schlosse) durch den
Büchsenmacher Wollondier gereinigt wurden.
Alan kann zwar einige Gewehre stehlen, aber
nicht auf einmal Manns- und Rofsharnische, Stan-
genwaffen, Schwerter, Zweihänder und fast 100
Gewehre.
Bei der Durcharbeitung des Alusee d’Artillerie
in Paris, wobei mir die Direktion, besonders
Oberstleutnant Hardy und Mr. Dumonet in liebens-
würdigster Weise entgegenkamen und mich völlig
ungehindert alle Stücke untersuchen liefsen, fand
ich auch eine Fülle neuer interessanter Marken
und Namen von Waffenschmieden, die mein

9 Siehe darüber bei Buttin, Une pretendue armure
de Jeanne d’Arc. Memoires de la societe nationale des
Antiquaires de France 4. LXXII Paris 1913 p. 29.
 
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