Die Bewaffnung der Germanen zur Römerzeit
Von Martin Jahn
I berblickt man die historischen Quellen für die
älteste germanische Geschichte und geht die
Berichte der antiken Schriftsteller über die Kämpfe
unserer Vorfahren mit den Römern durch, so erhält
man nur geringe, unklare und unsichere, ja oft falsche
Kunde über die Beschaffenheit der Bewaffnung
der alten Germanen, über ihre Kampfesausrüstung,
die sie in den Stand setzte, den gefürchteten
römischen Legionen zu widerstehen. Wie ver-
wirrend hat z. B. die verächtliche Schilderung
telorum colligitur. Zu was für Fehlschlüssen ge-
langte man bei der Erklärung der taciteischen
framea, um nur diese Beispiele zu nennen. Diese
Lücke in den historischen Quellen füllt in voll-
kommener Weise das Quellenmaterial der Vor-
geschichte aus. Die Wissenschaft des Spatens
hat uns die Waffen, welche die Germanen führten
und die sie den Verstorbenen und Gefallenen
mit ins Grab legten, zu Tausenden wieder ans
Tageslicht gehoben und der Forschung zu-
der germanischen Waffen gewirkt, die Tacitus
dem Germanicus (Annalen II, 14) in den Mund
legt. Mit „zugespitzten Stöcken“ können selbst
die tapfersten Helden nichts gegen eine römische
Schlachtreihe ausrichten. Welche irrigen An-
schauungen erregt noch immer der falsche Satz,
mit dem Tacitus das der germanischen Bewaff-
nung gewidmete Kapitel 6 in der Germania ein-
leitet: ne ferrum quidem superest, sicut ex genere
gänglich gemacht. Eine zusammenfassende Be-
arbeitung dieser Funde ist der einzige Weg, der
zu einer sicheren und eingehenden Kenntnis der
altgermanischen Bewaffnung führt.
Die ersten Anfänge der germanischen Waffen-
schmiedekunst sind nur unsicher zu erkennen. In
der ältesten Eisenzeit wurden nämlich bisher nur
selten Waffen auf germanischem Gebiete gefunden.
Erst mit dem Beginne des letzten Jahrhunderts
33
Von Martin Jahn
I berblickt man die historischen Quellen für die
älteste germanische Geschichte und geht die
Berichte der antiken Schriftsteller über die Kämpfe
unserer Vorfahren mit den Römern durch, so erhält
man nur geringe, unklare und unsichere, ja oft falsche
Kunde über die Beschaffenheit der Bewaffnung
der alten Germanen, über ihre Kampfesausrüstung,
die sie in den Stand setzte, den gefürchteten
römischen Legionen zu widerstehen. Wie ver-
wirrend hat z. B. die verächtliche Schilderung
telorum colligitur. Zu was für Fehlschlüssen ge-
langte man bei der Erklärung der taciteischen
framea, um nur diese Beispiele zu nennen. Diese
Lücke in den historischen Quellen füllt in voll-
kommener Weise das Quellenmaterial der Vor-
geschichte aus. Die Wissenschaft des Spatens
hat uns die Waffen, welche die Germanen führten
und die sie den Verstorbenen und Gefallenen
mit ins Grab legten, zu Tausenden wieder ans
Tageslicht gehoben und der Forschung zu-
der germanischen Waffen gewirkt, die Tacitus
dem Germanicus (Annalen II, 14) in den Mund
legt. Mit „zugespitzten Stöcken“ können selbst
die tapfersten Helden nichts gegen eine römische
Schlachtreihe ausrichten. Welche irrigen An-
schauungen erregt noch immer der falsche Satz,
mit dem Tacitus das der germanischen Bewaff-
nung gewidmete Kapitel 6 in der Germania ein-
leitet: ne ferrum quidem superest, sicut ex genere
gänglich gemacht. Eine zusammenfassende Be-
arbeitung dieser Funde ist der einzige Weg, der
zu einer sicheren und eingehenden Kenntnis der
altgermanischen Bewaffnung führt.
Die ersten Anfänge der germanischen Waffen-
schmiedekunst sind nur unsicher zu erkennen. In
der ältesten Eisenzeit wurden nämlich bisher nur
selten Waffen auf germanischem Gebiete gefunden.
Erst mit dem Beginne des letzten Jahrhunderts
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