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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]; Verein für Historische Waffenkunde [Mitarb.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 6.1912-1914

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2. Heft
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Gessler, Eduard Achilles: Beiträge zum altschweizerischen Geschützwesen, [2]: die großen Geschütze aus dem Zeughausbestand der Stadt Basel
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Gohlke, Wilhelm: Das Geschützwesen des Altertums und des Mittelalters, [6]
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https://doi.org/10.11588/diglit.39948#0081

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E. A. GESSLER, BEITRÄGE ZUM ALTSCHWEIZERISCHEN GESCHÜTZWESEN 61

2. HEFT

gegnen. Das wellen wir umb uch bed unnd yeden in
sonnders ze beschulden unvergessen haben. Datum
sonntag vor nativitatis christi anno etc. XIIII.“
St. A. Basel Missiven A25 fol. in.
Meister Bernhardt führte nachmals zur völ-
ligen Befriedigung des Rates die Lafettierung
durch, und die neue schwere Artillerie Basels
war hiemit kriegsbereit. Jedenfalls fanden nach
der Lafettierung die im Vertrag mit Meister Jörg
stimulierten Schufsproben „die Beschiefsung“ statt.
Erhalten sind uns keine Nachrichten, die Sache
mufs daher zur Zufriedenheit ausgefallen sein,
und der Name des Meisters der auf dem Ge-
schützrohr verewigt war, hatte seinen Platz ver-
dient: „meister jerg zu Strasburg gos mich“.
Wir haben jedoch aus den Akten ersehen,
dafs unser Geschütz in Basel gegossen wurde,
und zwar von einem Meister Jörg (Jerg) der sich
selbst „zu Strafsburg“ bezeichnet, dieses „zu“ dürfte
mit dem heutigen „von“ im Sprachgebrauch über-
einstimmen, so dafs also dieser Meister Georg von
Strafsburg gebürtig war oder doch dort wohnte.
Wer war nun dieser Meister Jerg? Unsere
Archivalien nennen ihn von Guntheyn, Gunthein.
Dies ist Gundheim in der Nähe von Herrenheim
bei Worms am Rheine gelegen und von da mufs
er nach Strafsburg gekommen sein und dort
das Bürgerrecht erworben haben. Leider ist
es dem Verfasser nicht möglich gewesen, in
Strafsburg archivalische Studien anzustellen, und
das Basler Archiv weist kein weiteres Material
über unsern Meister auf. Wir wissen daher nichts
bestimmtes über Meister Jerg von Guntheims
frühere oder spätere Tätigkeit. Das dagegen
dürfen wir annehmen, dafs der Rat von Basel,
bevor er einen solch grofsen Auftrag vergab,
unter den damaligen Geschützgiefsern jedenfalls
tüchtig ausgesucht hat, und dafs ein erprobter
und erfahrener Giefser ausgesucht wurde, um die

neue Artillerie zu schaffen. Wo konnte nun dieser
seine Kenntnisse herbezogen haben? Er verstand
das maximilianische Geschützwesen von Grund
aus und mufste einen famosen Lehrmeister ge-
funden haben. Sehen wir uns unter den berühmten
Giefsern vom Anfänge des 16. Jahrhunderts um,
so fällt unser Blick auf die beiden Brüder
Hans und Jörg Seelos. Sie gehörten unter die
besten Stückgiefser jener Zeit und hatten sehr
grofsen Anteil an der Neuanschaffung der kaiser-
lichen Artillerie durch Maximilian I. Hans Seelos
nun arbeitete urkundlich von 1506 — 1508 in
Strafsburg in der Gufsstätte für den Kaiser; ob
er schon früher in Strafsburg weilte, wissen wir
nicht. Dieser Hans Seelos war einer der be-
deutendsten Meister der Geschützgiefskunst im
Anfänge des XVI. Jahrhunderts und von ihm dürfte
Jerg von Gunthein seine Kenntnisse erworben
haben; bei ihm wird er zu Strafsburg seinen
Lehrgang vollendet haben; er hat seinem Meister
Ehre gemacht mit der Schaffung der schweren
Artillerie Basels. Meister Jerg wird beim Weg-
zug des Hans Seelos von Straf bürg 1511 das
Haupt der dortigen Werkstatt geworden sein,
daher er sich auf seinen Rohren „zu Strafsburg“
nennt und seinen Namen Gunthein zugunsten von
Strafsburg änderte; er durfte das, denn die Gufs-
stätte von Strafsburg war weit berühmt und der
Name hatte einen guten Klang.
Wir sind mit diesen Ausführungen über die
schwere Artillerie, die sich im Zeughaus der Stadt
Basel erhalten hat, zu Ende, und haben gesehen,
dafs die drei jetzt im historischen Museum be-
findlichen Geschütze in ihrer Art einzig und von
grofser Wichtigkeit für die historische Waffen-
kunde sind.
Das noch erhaltene leichte Feldgeschütz,
darunter zwei Falkonen von 1549 und 1550, soll das
Ziel einer späteren Arbeit werden.

Das Geschützwesen des Altertums und des Mittelalters
Von W. Gohlke
(Fortsetzung und Schlufs aus Band VI, Heft 1, S. 21)

Sind im Mittelalter neben den Hebelgeschützen
auch die Torsionsgeschütze im Gebrauch
geblieben?
Die Schriftsteller, die sich mit dieser Frage
beschäftigt haben, sind geteilter Meinung.
Diejenigen, die diese Frage nur aus dem
Grunde bejahen, weil die alten Benennungen
antiker Wurfmaschinen auch im Mittelalter Vor-
kommen, können aufser Acht gelassen werden,

da, wie bereit erwähnt, alte Namen sehr häufig
auf die neu auftretenden .Waffen übertragen
werden, die denselben Zweck, wenn auch mit
andern Mitteln, zu erreichen suchten. Andere
Schriftsteller1) treten für das Vorhandensein der
Torsionsgeschütze aus dem Grunde ein, weil
Chronisten des Mittelalters häufig von der Bresch-
') Dufour, M6m. sur l’artillerie des anciens; F. Hoyer,
Gesch. der Kunst u. Wissenschaften, 1797/99.
 
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