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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 6.1912-1914

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8. Heft
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Jahn, Martin: Die Bewaffnung der Germanen zur Römerzeit
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Gessler, Eduard Achilles: Die Entwicklung des "Schweizersäbels" im 16. bis ins 17. Jahrhundert, 1
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https://doi.org/10.11588/diglit.39948#0284

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264 GESSLER, DIE ENTWICKLUNG DES „SCHWEIZERSÄ BLS“ IM 16. BIS INS 17. JAHRH. VI. BAND

licher Gräberfunde. Auffallend ist die geringe
Stärke der Schilde. Im Durchschnitt sind die
Schildbretter in der Mitte 1 cm, am Rande nur
5 mm dick. Für Kriegsspiele von Kindern scheinen
Schilde wie der von Feudenheim (Abb. 30), dessen
gröfste Länge nur 55 cm beträgt, geeignet zu sein»
aber nicht für den Ernstkampf. Jeder gut geführte
Schwerthieb, jeder kräftige Lanzenstofs mufste
solche Schilde durchbohren oder zersplittern. Wes-
halb begnügten sich die Germanen mit so schwachen
Schilden? Natürlich kann der Grund nicht ein
Mangel im technischen Können der Waffenmeister
sein. Ein Leichtes wäre es gewesen, festere, schwere
Schilde zu verfertigen. Aber die Handhabung
des germanischen Schildes war eine andere als
etwa die des schweren römischen scutum. Nicht
die passive Rolle fiel ihm zu, fest am linken Arm
anliegend eine starre Schutzwand vor dem Körper
zu bilden, die alle Hiebe und Stöfse geduldig auf-
fing. Nein, frei in der linkenHandgetragen, wurde er
ähnlich gehandhabt wie die Angriffswaffen in der
rechten. Die feindliche Waffe konnte und wurde
von ihm nicht in ihrem Laufe aufgehalten, sondern
nur pariert und von ihrer Bahn abgelenkt, leb-
haft wurde der Schild hin- und herbewegt. Was
ihm an Festigkeit abging, mufste seine Leichtig-
keit und Beweglichkeit wieder wettmachen. So

erklärt sich auch die Vorliebe der Germanen für
Schildbuckel mit hohen Spitzen. Mit den Buckel-
stangen wurden die Schläge des Gegners unschäd-
lich gemacht, ja selbst Stöfse ausgeführt. Die
einzige Schutzwaffe — von den wenigen, seit dem
Ende des 2. Jahrhundertt nach Christus nach Ger-
manien importierten römischen Panzern und Hel-
men kann hier ganz abgesehen werden — wird so
in den Händen der Germanen halb zur Trutzwaffe.
Damit haben wir die Haupteigentümlichkeit
der germanischen Bewaffnung berührt. Der Ger-
mane verachtet es, sich mit schwerer, hemmender
Schutzrüstung zu beladen. Berichten doch die
Schriftsteller, dafs er vor dem Kampf selbst die
Oberkleidung ablegte und mit unbedecktem Kopfe
in die Schlacht zog. Den Hauptwert legte er auf
völlige Freiheit und Unbehindertheit des Körpers.
Nur auf seine Behendigkeit und Geschicklichkeit
vertraute er, als bester Schutz galt ihm der Hieb.
So verteidigten die Germanen am Beginne unserer
Zeitrechnung ihre Freiheit gegen die Römer, die
in direktem Gegensatz sich nicht vorsichtig genug
mit festen Schutzmitteln schirmen konnten und
dafür die schwere Belastung und Behinderung in
Kauf nahmen, ein Gegensatz, zu dem der ver-
schiedene Volkscharakter nicht zum wenigsten bei-
getragen hat.

Die Entwicklung des „Schweizersäbels“
im 16. bis ins 17. Jahrhundert
Von Dr. E. A. Gefsler, Zürich

Das Ziel der vorliegenden Arbeit ist eine Ein-
führung in ein bisher ziemlich unbekanntes
Gebiet der Entwicklungsgeschichte einer
eigenartigen Waffe, des Säbels, wie er sich, un-
abhängig von orientalischem Einflufs, eine haupt-
sächlich in der Schweiz vorkommende Form ge-
schaffen hat. Es gilt vor allem mit Hilfe des in
den schweizerischen Museen vorhandenen Ma-
terials, wie wir es im deutschen Reiche nirgends
so gut typologisch vertreten finden, die Ent-
stehungs- und Entwicklungsgeschichte der ge-
nannten Waffenart festzulegen. Das soll an der
Hand der hauptsächlichsten Stücke geschehen,
indem sie abgebildet und genau beschrieben
werden. Mit den so gewonnenen Resultaten sollen
dann die bildlichen Quellen, die schweizerischen
Glasgemälde und Scheibenrisse, welche auf diese
Waffe Bezug haben, verglichen werden. Dadurch
werden wir ein beinahe lückenloses Bild erhalten,

obwohl die schriftlichen Quellen hier völlig ver-
siegen.
Der frühe Typus
Der frühe Säbel des 16. Jahrhunderts ist
aufserhalb der Schweiz ziemlich selten anzutreffen.
Sein häufiges Vorkommen in der Schweiz selbst,
und der Umstand, dafs die meisten Waffen dieser
Art, welche sich in ausländischen Museen und
Sammlungen befinden, aus dem Gebiet der Eid-
genossenschaft stammen, zwingt uns beinahe,
diesen Säbel für eine speziell schweizerische
Waffe anzusehen. Das Charakteristische bildet die
Klinge, welche schwach gebogen, einschneidig ge-
schliffen ist und erst im letzten Viertel einen
scharfen Rückenschliff zeigt; der Griff lehnt sich
vorerst noch an die Form des gebräuchlichen
Schwertgriffs an, um später eine ganz eigene, nur
diesem Säbel typische zu erhalten. Die so ent-
standene wuchtige Hiebwaffe finden wir dann bis
 
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