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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 6.1912-1914

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4. Heft
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Feldhaus, Franz Maria: Geschützkonstruktionen von Leonado da Vinci: aus den "Quellenforschungen zur Geschichte der Technik und der Naturwissenschaften, Berlin-Friedenau"
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Liebe, Georg: Die Ausgänge des deutschen Fechterwesens
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https://doi.org/10.11588/diglit.39948#0154

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134 F. M. FELDHAUS, GESCHÜTZKONSTRUKTIONEN VON LEONARDO DA VINCI VI. BAND

hängt der Kasten, worauf wir das Wort „Wasser“
lesen. Unter der ganzen Zeichnung steht ge-
schrieben: „Wie man die Architroniti ins Feld
transportiert.“ Gezielt wird mit diesem Geschütz
durch ein Rehr, das oberhalb des Geschützrohrs
nach hinten hin durch den Dampfapparat durch-
geht. Leonardo schreibt neben dieses Rohr das
Wort „Visir“.
Wie wir aus der ersten Zeichnung des Ge-
schützes sehen, sind die Einzelheiten desselben,
z. B. die Ansicht von oben mit dem geöffneten
Kasten und das Kohlenbecken (links) noch ein-
mal deutlich skizziert. Man sieht, wie sehr
Leonardo sich mit der Konstruktion dieses über-
aus eigenartigen Geschützes befafst hat.

Das älteste bisher bekanntgewordene Dampf-
geschütz wird von Rivaul in seinen Elements
d’artillerie, Paris 1608, S. 74 erwähnt. Es wurde
von Marin Bourgeois aus Lisieux in der Nor-
mandie Ludwig XIII. angeboten.
Es sei erläuternd bemerkt, dafs Leonardo
sich ernstlich mit der Eigenschaft des gespannten
Wasserdampfes befafste. Im Mailänder Codice
Atlantico, Blatt 400 v, finden wir einen Dampf-
bläser abgebildet, um ein Feuer anzufachen, und
auf Blatt 10 und 15 des Leicester Codex
macht Leonardo gar Untersuchungen, um wieviel
mehr Raum der Dampf einnimmt, als das Wasser,
aus dem er erzeugt wird.

Die Ausgänge des deutschen Fechterwesens
Von G. Liebe

iederholt machen wir die Beobachtung,
dafs die sportmäfsige Pflege einer
Waffenübung in keinem Verhältnis zu
ihrer praktischen Brauchbarkeit steht. Wie
das Turnier seine sorgfältigste Ausbildung er-
fuhr, als der Schlachtenruhm der „verdeckten
Orsen“ im Verbleichen war, so hatten die
Fechtübungen der Stadtbürger keinen kriegs-
mäfsigen Wert, denn die gebräuchlichen Waffen,
Langschwert und Dussak (Säbel) waren keine
im Ernstfall von ihnen geführten. Wie bei dem
in den gleichen Kreisen geübten Meistergesang
war die Freude an der schulmäfsigen Übung
fest bestimmter Formen die Hauptsache, die bei
beiden eine reich ausgebildete Terminologie her-
vorbrachte. Aus der des Fechtens sind nicht
wenige Ausdrücke in die des Meistergesangs
übergegangen, wie es bereits früher bei den
Spielleuten zu verfolgen ist.1) Jedenfalls haben
diese Fechtübungen zur Ausbildung des Mutes
und der körperlichen Gewandtheit viel beigetragen
und geben eins der erfreulichsten Bilder aus dem
deutschen Bürgerleben, dessen gewissenhafte
Ausmalung sich Hans Sachs nicht hat entgehen
lassen.
Dem bürgerlichen Zunftprinzip entsprach die
Organisation in zwei grofse, das ganze Reich
umspannende Brüderschaften, die eine mit S. Marcus
als Schutzheiligen und Frankfurt a. M. als Vor-
ort, die andere mit S. Veit und Prag. Bis an

fi Schaer, Altdeutsche Fechter und Spielleute. Diss.
Strafsburg, 1901.

das Ende des Fechtwesens haben sie seine Jünger
in zwei sich erbittert befehdende Lager geteilt.
Über den Namen der zweiten sind verschiedene
Erklärungen aufgetaucht; die natürlichste scheint
die, ihn von der gelehrten Bildung zahlreicher
Teilnehmer abzuleiten. Die Aussicht auf Gewinn
hat wohl manchen fahrenden Schüler und Studenten
veranlafst, sich durch diese Kunst seinen Unter-
halt zu erwerben. Gewifs ein früherer Student
war der Pole Mathias Patek, der sich 1409 als
Schreib- und Fechtlehrer empfahl.2) Auf dem
1608 der Gilde verliehenen kaiserlichen Wappen
halten zwei geschlossene Hände eine Schreib-
feder, und die Gegenüberstellung von kriegerischer
und gelehrter Bildung, von Schwert und Feder,
ist ein durch das ganze 16. und 17. Jahrhundert
beliebtes literarisches Motiv. Überwiegend sind
es freilich Handwerksgesellen, welche den alten
Brauch pflegen, dessen Beliebtheit sogar die
Stürme des grofsen Krieges zu überdauern ver-
mocht hat.
Im Laufe der Zeit machte sich bei diesen
Fechterspielen eine Änderung bemerkbar, die
für das Sinken des bürgerlichen Geistes be-
zeichnend ist. Während früher die Kämpen nur
ihre Kunst zeigen wollten gleich den Meister-
sängern, trat späterhin mehr und mehr die Rück-
sicht auf den materiellen Gewinn hervor, die das
„Fechten“ schliefslich als Euphemismus für Betteln
in die Handwerksburschensprache übergehen liefs.
Damit nahm auch die Achtung für die Kunst

2) Nürnberger Anzeiger 1882.
 
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