Handbrandgeschosse aus Ton
Von W. Gohlke
Im Band I S.258, III S.303 und VII S.229 dieser
Zeitschrift sind Tongefäfse behandelt, deren
Zweck noch nicht aufgeklärt ist. Solche Gefäfse
befinden sich in nicht unbedeutender Anzahl in
staatlichen und privaten Sammlungen1); ihre Fund-
orte sind besonders Syrien, Ägypten, doch auch
Tripolis, der Kaukasus, Turkestan u. a. O. Be-
sonders reich war der Fund in Damaskus, wo
sie in einem verlassenen, halbverschütteten Raum
der dortigen Zitadelle, wahrscheinlich einem Muni-
tionsgelafs, ausgegraben wurden2). Aus diesem
Funde und aus sonstigen Erwerbungen des Herrn
Professors Dr. Moritz in Kairo, die aus Baalbeck
stammen und anderenteils im Handel von Bagdad
bis Assuan erworben sind, rühren die meisten
Stücke der Berliner Sammlungen und die auf der
Ausstellung im Jahre 1910 in München aufgestellten
Gefäfse her. 1
Im Bande III S. 302 dieser Zeitschrift hat
E. v. Lenz in St. Petersburg aus der Literatur
über diese Tongefäfse verschiedene Ansichten
über deren Zweck zusammengestellt. Darnach
sollten sie 1. zur Aufbewahrung und Versendung
von Quecksilber gedient haben, oder 2. als Hand-
granaten, oder 3. als einfacher Zierat für Pfeiler,
Torwege, Türen usw., oder 4. als Lampen.
Zweck dieser Studie ist, zu prüfen, welche
dieser Ansichten die zutreffende oder wahrschein-
lichste ist.
Bevor die verschiedenen Ansichten über den
Zweck dieser Gefäfse geprüft werden, ist es nötig,
die einzelnen Gefäfse zu beschreiben, die dieser
Prüfung zugrunde gelegen haben. Die Mehrzahl
besteht aus braunem, einige aus hellem, scharf
gebranntem Ton, zum Teil sind sie glasiert, ihre
Form ist meistens die eines Granatapfels, einige
sind vasen- und zitronenförmig gestaltet. Auf
der Mitte des oberen, flach gewölbten Teils be-
findet sich ein eingeschnürter konischer Ansatz,
9 So im Musee d’Artillerie Paris, Katalog 1899 unter
409, 410, 414, 416, ferner im Museo d’Artilleria Madrid,
Katalog I 2931 u. a.; im übrigen siehe Tabelle.
2) Nach Mitteilung des Herrn Professors Dr. Moritz,
damals in Kairo.
ein Hals, durch dessen Achse eine enge Öffnung in
die innere Höhlung führt. Die Mantelfläche ist
durch Verzierungen gerauht. Oft sind sie mit
buckelförmigen Ansätzen, Noppen, bedeckt, die
aus der noch weichen Masse herausgestofsen sind;
bei einigen scheinen diese Noppen auch vor dem
Brennen aufgesetzt zu sein (Kunstgewerbemuseum
in Düsseldorf, siehe Tabelle), wie man an einigen
abgestofsenen zu erkennen vermag. Die Zieraten
bestehen meistens aus Spitzflächen, die sich wie
ausgebreitete Blätter über den Apfel legen. Sie
sind von Strichen oder Doppelstrichen umrahmt
und mit Kreisen, Halbmonden oder Figuren be-
sät. Den Hals umschliefst häufig eine Perlschnur-
verzierung. Das Mundloch erweitert sich meistens
nach der Höhlung hin.
Zur Prüfung stand mir ein reiches Material
zur Verfügung, von kundiger Seite sind mir wert-
volle Notizen und Anregungen gegeben worden,
namhafte Chemiker haben den Inhalt, der sich
noch in einigen Gefäfsen befand, untersucht, und
da die Originalgefäfse zu Spreng-, Haltbarkeits-
und Zündungsversuchen nicht zur Verfügung stan-
den, so ist eine Anzahl Gefäfse hierfür nach dem
Muster der ursprünglichen Gefäfse von einem
werkverständigen Töpfer in denselben Abmes-
sungen, Formen und Verzierungen durch freund-
liches Entgegenkommen der Firma Polte, Arma-
turen- und Patronenfabrik in Magdeburg-Suden-
burg, geformt und gebrannt worden.
Von den zur Ansicht gestellten Tongefäfsen
geben die Figuren 1 bis 5 ein Bild und die nach-
stehende Tabelle die Abmessungen, Gröfse der
Flöhlungen, das Gewicht und die Herkunft, so-
weit sie sich feststellen liefsen.
Zu der Tabelle sind noch einige Bemerkungen
hinzuzufügen: ’oo—290 der Zeughaussammlung
trägt drei kreisrunde Stempeleindrücke mit Na-
menszug, der als M’hammud3) gelesen wird und
aufserdem oberhalb einer Zierspitze eine sehlingen-
artig gestaltete flache spätere Einkratzung, deren
Bedeutung noch nicht erkannt ist. Siehe Fig. 2.
An '99 — 14 und ’oo—286 fehlt der Hals,
ebenso an Nr. II der Rathgenschen Sammlung.
Von W. Gohlke
Im Band I S.258, III S.303 und VII S.229 dieser
Zeitschrift sind Tongefäfse behandelt, deren
Zweck noch nicht aufgeklärt ist. Solche Gefäfse
befinden sich in nicht unbedeutender Anzahl in
staatlichen und privaten Sammlungen1); ihre Fund-
orte sind besonders Syrien, Ägypten, doch auch
Tripolis, der Kaukasus, Turkestan u. a. O. Be-
sonders reich war der Fund in Damaskus, wo
sie in einem verlassenen, halbverschütteten Raum
der dortigen Zitadelle, wahrscheinlich einem Muni-
tionsgelafs, ausgegraben wurden2). Aus diesem
Funde und aus sonstigen Erwerbungen des Herrn
Professors Dr. Moritz in Kairo, die aus Baalbeck
stammen und anderenteils im Handel von Bagdad
bis Assuan erworben sind, rühren die meisten
Stücke der Berliner Sammlungen und die auf der
Ausstellung im Jahre 1910 in München aufgestellten
Gefäfse her. 1
Im Bande III S. 302 dieser Zeitschrift hat
E. v. Lenz in St. Petersburg aus der Literatur
über diese Tongefäfse verschiedene Ansichten
über deren Zweck zusammengestellt. Darnach
sollten sie 1. zur Aufbewahrung und Versendung
von Quecksilber gedient haben, oder 2. als Hand-
granaten, oder 3. als einfacher Zierat für Pfeiler,
Torwege, Türen usw., oder 4. als Lampen.
Zweck dieser Studie ist, zu prüfen, welche
dieser Ansichten die zutreffende oder wahrschein-
lichste ist.
Bevor die verschiedenen Ansichten über den
Zweck dieser Gefäfse geprüft werden, ist es nötig,
die einzelnen Gefäfse zu beschreiben, die dieser
Prüfung zugrunde gelegen haben. Die Mehrzahl
besteht aus braunem, einige aus hellem, scharf
gebranntem Ton, zum Teil sind sie glasiert, ihre
Form ist meistens die eines Granatapfels, einige
sind vasen- und zitronenförmig gestaltet. Auf
der Mitte des oberen, flach gewölbten Teils be-
findet sich ein eingeschnürter konischer Ansatz,
9 So im Musee d’Artillerie Paris, Katalog 1899 unter
409, 410, 414, 416, ferner im Museo d’Artilleria Madrid,
Katalog I 2931 u. a.; im übrigen siehe Tabelle.
2) Nach Mitteilung des Herrn Professors Dr. Moritz,
damals in Kairo.
ein Hals, durch dessen Achse eine enge Öffnung in
die innere Höhlung führt. Die Mantelfläche ist
durch Verzierungen gerauht. Oft sind sie mit
buckelförmigen Ansätzen, Noppen, bedeckt, die
aus der noch weichen Masse herausgestofsen sind;
bei einigen scheinen diese Noppen auch vor dem
Brennen aufgesetzt zu sein (Kunstgewerbemuseum
in Düsseldorf, siehe Tabelle), wie man an einigen
abgestofsenen zu erkennen vermag. Die Zieraten
bestehen meistens aus Spitzflächen, die sich wie
ausgebreitete Blätter über den Apfel legen. Sie
sind von Strichen oder Doppelstrichen umrahmt
und mit Kreisen, Halbmonden oder Figuren be-
sät. Den Hals umschliefst häufig eine Perlschnur-
verzierung. Das Mundloch erweitert sich meistens
nach der Höhlung hin.
Zur Prüfung stand mir ein reiches Material
zur Verfügung, von kundiger Seite sind mir wert-
volle Notizen und Anregungen gegeben worden,
namhafte Chemiker haben den Inhalt, der sich
noch in einigen Gefäfsen befand, untersucht, und
da die Originalgefäfse zu Spreng-, Haltbarkeits-
und Zündungsversuchen nicht zur Verfügung stan-
den, so ist eine Anzahl Gefäfse hierfür nach dem
Muster der ursprünglichen Gefäfse von einem
werkverständigen Töpfer in denselben Abmes-
sungen, Formen und Verzierungen durch freund-
liches Entgegenkommen der Firma Polte, Arma-
turen- und Patronenfabrik in Magdeburg-Suden-
burg, geformt und gebrannt worden.
Von den zur Ansicht gestellten Tongefäfsen
geben die Figuren 1 bis 5 ein Bild und die nach-
stehende Tabelle die Abmessungen, Gröfse der
Flöhlungen, das Gewicht und die Herkunft, so-
weit sie sich feststellen liefsen.
Zu der Tabelle sind noch einige Bemerkungen
hinzuzufügen: ’oo—290 der Zeughaussammlung
trägt drei kreisrunde Stempeleindrücke mit Na-
menszug, der als M’hammud3) gelesen wird und
aufserdem oberhalb einer Zierspitze eine sehlingen-
artig gestaltete flache spätere Einkratzung, deren
Bedeutung noch nicht erkannt ist. Siehe Fig. 2.
An '99 — 14 und ’oo—286 fehlt der Hals,
ebenso an Nr. II der Rathgenschen Sammlung.