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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 6.1912-1914

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7. Heft
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Forrer, Robert: Mittelalterliche Dolche und Reitergraffiti an elsässischen Kirchen
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Bohlmann, Robert: Die Hochzeitsschüssel mit dem Sturm auf Peine 1522
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https://doi.org/10.11588/diglit.39948#0261

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7. HEFT R. BOHLMANN, DIE HOCHZEITSSCHÜSSEL MIT DEM STURM AUF PEINE 1522 241

nommenen Abklatschen hergestellt). Diese Zeich-
nungen sind wesentlich sorgfältiger und tiefer in
den Stein eingraviert, als die oben besprochenen
Reiterbilder — sie machen weit mehr schon den
Eindruck von Graveurarbeit, die durch richtige
Steinhauer ausgeführ ist. Sie sind aufserdem in
einer die menschliche Blicklinie übersteigenden
Höhe angebracht, ca. 2x/2 m über dem ursprüng-
lichen, ca. 3 m über dem heutigen (tiefergelegten)
Boden, benötigten also zu ihrer Herstellung eines
künstlichen Untersatzes, während bei den Reiter-
graffiti der Zeichner meistenteils zu ebener Erde
stehend arbeiten konnte.
Das eine Bild stellt einen jener gotischen
Langdolche mit Holzgriff dar, wie man sie
so häufig, besonders in der Schweiz getragen
und wohl danach „Schweizerdegen“ genannt hat.
Sie kommen aber im 15., ja noch im 16. Jahr-
hundert auch in Süddeutschland vor, wie das alte
Abbildungen beweisen und eben auch diese Stein-
zeichnung dartut. Es ist eine aufsen gemessen
40, innen gemessen 38 cm lange Eisenklinge,
der oben eine schmucklose hölzerne Handhabe
von 18 resp. 16x/2 cm Länge angefügt ist; dieser
Handgriff zeigt nach oben und unten breite Aus-
ladungen zum Schutze der Hand und um der
Faust einen verstärkten Sitz zu gewähren; die
Schweizerdolche des 16. Jahrhunderts haben
diese Griffform fast unverändert beibehalten. Die
Gesamtlänge der ganzenWaffebeträgtanunserem
Graffito 58 bez. 55x/2 cm.
Einige Meter davon befindet sich an einem
anderen Pfeiler der Dolchgraffito Abb. 6, und
rechts des gleichen Kirchentores der ähnliche
Dolchgraffito Abb. 7. Der letztere ist vollständig
und gut erhalten, zeigt Blutrinnen und mifst für
die Klinge 31 cm, für den Griff 13 cm, im ganzen
44 cm. Das andere Dolchbild ist am Griff-

oberteil beschädigt; die Klinge hat 28 cm, der
Griff dürfte dem von Abb. 6 analog gewesen sein,
dafs Gesamtmafs also ca. 40 cm betragen haben;
Blutrinnen sind nicht angedeutet.
Alle die Dolchbilder dürften im 15. Jahr-
hundert entstanden sein, dasjenige von Abb. 7 ist
vielleicht ein etwas späterer Ersatz für das gleich-
artige Bild Abb. 6.
Was mögen diese 40 bis 58 langen, wie ich
betone, durchaus nicht den Eindruck flüchtiger,
sondern wohlüberlegter, ich möchte sagen offi-
zieller Arbeit machenden Dolchgraffiti besagen?
— Niemand weifs sicheren Bescheid. Aber eine
Vermutung sei hierausgesprochen: ich halte sie
für maximale Längenmafse. Im Elsafs sind mehr-
fach an alten Kirchen Mafse verschiedener Art
angebracht. Ich erinnere an das Holzmafs an
der Zaberner Hauptkirche, wo in gotischen Mi-
nuskeln des 14. Jahrhunderts ein 48 cm und
136 resp. total 184—185 cm langes, in den Stein
eingraviertes Längenmafs die Beischrift trägt:
DIS • IST ■ DI • HOLTZ • DAN. Ich erinnere
an ein ähnliches mittelalterliches Mafs am Süd-
portal des Münsters zu Strafsburg, wo das
Maximalmafs der Hausüberhänge eingraviert und
dazu in Majuskelschrift beigefügt ist: DIS • IST
DIE • MAZE • DES • ÜBERHANGES.
Ähnlich möchte ich in diesen Dolchgraffiti
Maximalmafse sehen, welche bestimmten
unteren Ständen der Bewohner die höchst-
zulässigen Längen ihrer Kurz- und Lang-
wehre öffentlich vorschrieben. Vielleicht
weifs eines unserer Mitglieder dazu einen urkund-
lichen Kommentar zu geben. Jedenfalls wäre es
von waffengeschichtlichem Interesse, wenn unsere
Freunde ihre alten Kirchen einmal auf verwandte
Waffengraffiti untersuchen und weitere Funde
dieser Art hier melden wollten.

Die Hochzeitsschüssel mit dem Sturm auf Peine 1522
Von Robert Bohlmann
Mit einer Farbentafel und einer Abbildung

Von den sechs prächtigen Hochzeitsschüsseln
im Herzoglichen Museum zu Braunschweig
war es besonders eine, die bei den Teil-
nehmern an unserer ersten Vereins-Studienfahrt
lebhaftes Interesse und den Wunsch erweckte,
eine Abbildung dieser Schüssel in unserer Zeit-
schrift als dauernde Erinnerung zu besitzen. Wir
sind heute in der angenehmen Lage, eine, wenn
auch verkleinerte Abbildung in Farben bringen
zu können, die den Eindruck des Originals, soviel

wie möglich, wiedergibt; einige erklärende Worte
mögen dazu willkommen sein.
Hochzeitsschüsseln aus der Zeit von 1500—1550
etwa sind nicht eben zahlreich erhalten, sie sind
stets aus einem Stück weichen Holzes gedreht, mit
Kreidegrund überzogen und mit Ölfarben bemalt.
Die vertiefte Mitte nimmt meist eine Darstellung
aus der alten oder biblischen Geschichte ein,
während auf dem breiten Rande in vier Kreisen
die Wappen der beteiligten Familien oder auch
 
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